Lokales

Wie der „Fliegende Holländer“

Frauen und ihre Traktoren (5): Else Ederle und ihr Porsche Diesel

Es ist ein unzertrennliches Gespann: die Bissinger „Lamm“-Wirtin Else Ederle und ihr knallroter Porsche Diesel. Der „Bulldog“ ist schon so manches Mal Objekt der Begierde gewesen. Doch nichts da: „Den geb‘ i ett her.“

Ein unzertrennliches Gespann: die Bissinger ¿Lamm¿-Wirtin Else Ederle und ihr knallroter Porsche Diesel.Foto: Jean-Luc Jacques
Ein unzertrennliches Gespann: die Bissinger ¿Lamm¿-Wirtin Else Ederle und ihr knallroter Porsche Diesel.Foto: Jean-Luc Jacques

Bissingen. Die Else, wie das über 90-jährige Bissinger Urgestein von ihren Freunden und Stammgästen respektvoll genannt wird, hat zwar rechts eine etwas ältere künstliche Hüfte und links eine etwas neuere, aber deshalb die Hände in den Schoss legen, das gibt‘s bei der „Lamm“-Wirtin nicht. Gestützt auf den Stock, geht zwar alles a bissle langsamer, doch g‘schafft wird. Das ist sie ihr bewegtes Leben lang so gewohnt. Warum sollte das mit 90 anders sein?

Als sie nach dem Tod ihres Vaters 1960 die Gastwirtschaft übernahm, hatte sie bereits seit sieben Jahren den Bulldog-Führerschein in der Tasche. 1953 hatte sie die Lizenz zum Tuckern gemeinsam mit ihrer Schwester erworben. Anschließend kaufte der Schwager einen Cormick, den auch Else Ederle mitbenutzte. Doch es war immer irgendwie ein „Hin und Her“. Einmal hätte die Lammwirtin das Gefährt gebraucht und der Schwager fuhr damit, und dann wiederum saß Else Ederle drauf und ihre Schwester wäre gerne mit dem Bulldog gefahren. Jedenfalls wurde es der Lammwirtin, die nebenher auch eine kleine Landwirtschaft zu versorgen hatte, irgendwann zu dumm, und sie sah sich nach einem eigenen Traktor um.

Gut, dass es damals in der Seegemeinde den Schlosser Maier gab. Der hatte eine Tankstelle und eine Werkstatt in der Vorderen Straße und verkaufte auch Fahrräder und Nähmaschinen. Von ihm hatte Else Ederle auch ihr „Quickly“. Selbiger Schlosser Maier wusste ihr einen Bulldog – einen Porsche Diesel Junior, den ein gewisser Hammelehle, Meister bei Kolb & Schüle und Gütlesbesitzer, verkaufte. Das war 1976.

Seither fährt die Lammwirtin das gute Stück. Und der knallrote Einzylinder, Baujahr 1960, „läuft und läuft“, freut sich die 90-Jährige. Ein paar Mal neue Reifen hat sie in der Zwischenzeit gebraucht, „aber sonscht nix“. Eben der typische Nachfolger des schwäbischen Volkstraktors, den Ferdinand Porsche 1937 entwickelte und der ab 1950 in Friedrichshafen gebaut wurde.

Früher, wenn sie für ihre Viecher Futter holte, koppelte sie einen Zweiachsanhänger an den 14-PS-Schlepper an. Heute, nachdem es im Stall des „Lamms“ keine Viecher mehr gibt, genügt Else Ederle ein kleiner Zweiradanhänger für ihre Besorgungen. Rechts lugt über die Motorhaube manchmal das Mähwerk hervor. Außerdem ließ sie sich von Helmut Bazle, seines Zeichens Landmaschinenmechaniker, einen bequemeren Treckersitz montieren. Der stammte von einem nagelneuen Traktor, der in Hepsisau an der Mauer einer Dunglege gescheitert war. Sitz und Fahrer überlebten, Gott sei Dank, den unfreiwilligen Materialtest. Da der Sitz zu breit ist, um den Bulldog von hinten zu besteigen, montierte ihr Helmut Bazle auch gleich seitlich zwei Tritte an den Porsche. Damit kommt Else Ederle prob­lemlos hinters Lenkrad.

Mit ihrem knallroten Porsche Diesel „Cabrio“ mit Überrollbügel fährt die rüstige 90-Jährige zum Gärtner, zum Bäcker oder aber beim Arzt vor. Den „Dokterbuckel“ freilich, den saust sie nicht mehr wie früher im Leerlauf runter. Auf solche leichtsinnigen Eskapaden lässt sich die Lammwirtin in ihrem Alter nicht mehr ein. Der leichte Bulldog hat bei solchen Ritten doch gar „arge Hoppsätz g‘macht“. Und wenn sie den Hepsisauer Braunfirst hinunterpreschte, schimpfte ihre Schwester immer „Du kommsch drher wie dr fliegende Holländer“. Die Zeiten der Wagneroper sind vorüber.

Else und ihr Porsche Diesel Cabrio haben‘s überlebt. Sie konnte sich immer auf ihren Schlepper verlassen. So auch heuer. Seit letzten Herbst stand er in der Garage. Vor ein paar Wochen holte sie den Trecker aus dem Winterschlaf. „Der isch sofort a‘glaufa.“ Kein Wunder wollen ihr Oldtimerfans das gute Stück abschwatzen. Doch Else Ederle gibt es nicht her. „Den brauch i noh neidich.“ Das Motto lautet: Bis ins hohe Alter mobil. Und ein Werbefachmann könnte ergänzen: Dank Porsche Diesel Cabrio.