Lokales

Wunsch: Familien statt Alleinstehende

Geplante Asylbewerberunterkunft in Schlierbach schürt Sorgen unter den Anwohnern

Auch in der Gemeinde Schlierbach entsteht eine Unterkunft für Asylbewerber. Während der Landkreis froh ist, ein entsprechendes Objekt gefunden zu haben, sind die Anwohner nicht begeistert. Die Gemeindeverwaltung hat indessen einen Arbeitskreis Asyl initiiert.

Wolfstraße 48 in Schlierbach. Asylbewerberunterkunft
Wolfstraße 48 in Schlierbach. Asylbewerberunterkunft

Schlierbach. Die Wogen gehen hoch in der Schlierbacher Wolfstraße, seit bekannt ist, dass der Landkreis das seit einiger Zeit leer stehende Mehrfamilienhaus in der Wolfstraße 48 angemietet hat und dort möglichst bald eine Asylbewerberunterkunft einrichten will. Von rund 50 Asylbewerbern ist die Rede, die schon in den kommenden Wochen dort einziehen sollen.

„Wir haben nichts gegen die Asylbewerber, aber das ist uns Anliegern einfach zu viel“, sagt August Leins, Gemeinderat in Schlierbach und selbst direkter Anwohner in der Wolfstraße. Er und seine Nachbarn befürchten, dass sich das soziale Gefüge in dem Wohngebiet verschlechtern könnte, sollte der Landkreis tatsächlich rund 50 Personen dort unterbringen. „Das wäre einfach eine zu massive Belegung“, so Leins. Deshalb fordern die Anwohner eine deutliche Reduzierung der maximal unterzubringenden Personenzahl.

Aus Sicht der Anwohner wäre es sinnvoller, wenn der Landkreis in dem Sechsfamilienhaus eine entsprechende Anzahl Flüchtlingsfamilien mit Kindern unterbringen würde. „Dann wäre das eine gute Nachbarschaft, und das ist auch für die Integration der Asylbewerber viel besser“, ist sich Leins sicher. Denn auch früher hätten in dem Haus Familien mit Kindern gewohnt und das habe gut zur Wolfstraße gepasst. Das hätten die Anwohner auch in einem Brief an den Landkreis so dargelegt. „Mit 50 alleinstehenden Männern aus Nordafrika wäre eine Integration sicherlich nicht so einfach“, meint Leins.

„Wir wollen natürlich diese Nutzung möglichst sozialverträglich vornehmen“, sagt Hans-Peter Gramlich, Dezernent für Jugend und Soziales im Landratsamt Göppingen und somit zuständig für die Unterbringung der Asylbewerber. Gramlich kann die Bedenken der Anwohner schon nachvollziehen, ist allerdings auch in einer undankbaren Situation, die er so beschreibt: „Der Landkreis steht wie alle Kreise mit dem Rücken zur Wand.“ Alleine im September rechnet er mit über 80 Asylbewerbern, die der Landkreis unterbringen müsse. Aber: „Die bestehenden Unterkünfte sind bereits jetzt überbelegt.“

Händeringend suche der Kreis also nach geeigneten Objekten, die er kurzfristig anmieten könne, so Gramlich, denn der Landkreis selbst habe keine Möglichkeit, dem Ansturm in eigenen Gebäuden Herr zu werden. Insofern muss auch Gramlich hinter die Aussage, die Belegung möglichst sozialverträglich vornehmen zu wollen, ein kleines Fragezeichen setzen. „Wir streben schon an, das Kontingent nicht vollständig auszuschöpfen“, sagt er, schränkt aber gleichzeitig ein: „Das kommt natürlich auf die Zusammensetzung der Asylbewerber an.“ Wenn es also notwendig werde, könnten auch durchaus 50 Personen in Schlierbach untergebracht werden.

Als „ungute Situation“ bezeichnet Gramlich die Lage, in der sich Landkreis, Kommune und Anwohnerschaft nun befinden würden. „Letzt­endlich ist das ein massiver Strickfehler im Unterbringungsgesetz“, so Gramlichs Kritik an der derzeitigen Gesetzgebung, die die Landkreise quasi im Regen stehen lasse. Froh ist Gramlich hingegen über die Unterstützung, die der Landkreis von der Schlierbacher Gemeindeverwaltung erfahre.

Tatsächlich bleibt der Gemeinde wohl nichts anderes übrig, als das Beste aus der Situation zu machen. Bei einer ersten, sehr kurzfristig anberaumten Informationsveranstaltung vor einigen Tagen seien die Wogen sehr hoch gegangen; von teilweise recht peinlichen Wortmeldungen berichten Teilnehmer hinter vorgehaltener Hand. Bürgermeister Paul Schmid spricht diplomatisch von vielen Wortmeldungen, in denen die Sorgen der Bevölkerung deutlich geworden seien, wobei ihm klar ist: „Die Ängste in der Bevölkerung muss man schon ernst nehmen.“

Für den Bürgermeister stehen die Menschen im Vordergrund, die als Asylsuchende in die Gemeinde kommen. „Diese Menschen müssen aus der Anonymität raus“, so Schmid, denn dann könne man sich gezielt um diese Menschen kümmern. Und sobald zu einem Gesicht ein Name und vielleicht auch etwas zu der Geschichte des Betreffenden bekannt sei, erleichtere dies sicherlich auch das Zusammenleben mit den Schlierbachern und baue etwa vorhandene Ängste und Vorurteile ab.

Froh ist Schmid darüber, dass es in Schlierbach viele Menschen gibt, denen die Situation der Asylbewerber am Herzen liegt. „Es haben sich so zwölf, dreizehn Mitbürger direkt bei der Informationsveranstaltung dazu bereit erklärt, bei der Aufnahme und Betreuung der Asylbewerber ehrenamtlich mitzuarbeiten“, erzählt der Bürgermeister. Auch Anwohner aus der Wolfstraße seien darunter, weiß Paul Schmid zu berichten.

Deshalb sollen nun in der Gemeinde die entsprechenden Strukturen geschaffen werden, um die Hilfe zu koordinieren. Als ersten Schritt initiiert die Gemeindeverwaltung deshalb einen Arbeitskreis Asyl, in dem sich neben Gemeinde und Landkreis auch alle an einer Mitarbeit interessierten Mitbürgerinnen und Mitbürger austauschen und ihr Engagement abstimmen sollen. Da die Zeit drängt, lädt die Gemeinde bereits am morgigen Mittwoch um 19 Uhr in den Sitzungssaal im Rathaus zu einem ersten Treffen ein, um das weitere Vorgehen zu besprechen.