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Lochstreifen in Kunst und Industrie

Ausstellung im Kirchheimer Kornhaus: „Neues von Monika Nuber – Zeichnung und Experiment“

Kornhaus, Ausstellung, Neues von Monika Nuber (links), Zeichnung und Experiment
Kornhaus, Ausstellung, Neues von Monika Nuber (links), Zeichnung und Experiment

Kirchheim. Fünfundachtzig Zeichnungen auf kreisrundem Papier, die nach der Partitur einer mechanischen Musikmaschine auf der großen Wand der Kornhausgalerie installiert sind, bilden die Basis für ein

Kai Bauer

weit verzweigtes System aus künstlerischen Kodizes, Techniken und Methoden, mit denen Monika Nuber seit 1999 arbeitet. Gezeichnete Krähen und andere Tiere, schablonierte Buchstaben, Strukturen und kompakte Baukörper bilden ein kleines Universum an Motiven, die mal einzeln, mal in ähnlichen Variationen auftreten.

Fast täglich fertigt Monika Nuber, die an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart studierte, diese Art von Zeichnungen mit schwarzen Stiften an. Ein großer Teil der gezeigten Auswahl an Zeichnungen sind auf Reisen oder bei Stipendienaufenthalten in Frankreich, Pakistan, der Mongolei und China entstanden. Der großen Wand mit den kreisformatigen Kartonscheiben ist eine fotografische Reproduktion ihrer Atelierwand in Originalgröße gegenübergestellt. Auch hier finden sich Zeichnungen und Bildideen, die – wie beispielsweise die kapuzenbewehrten Figuren, die performative Handlungen vorführen – in ihren Animationsfilmen wieder auftreten.

Motive aus diesem zeichnerischen Archiv dienen ihr neben unterschiedlichen visuellen und akustischen Fundstücken als Vorlage für ihre Animationsfilme, die sie seit vielen Jahren selbst zeichnet und produziert. Kampfflugzeuge, Mädchenfiguren, ein dreiköpfiger Hund oder Linienzeichnungen von Familien in traditionellen asiatischen Gewändern treten in diesen Kurzfilmen mitei­nander in Beziehung. Die Protagonisten bilden Figurengruppen, überlagern sich, wechseln Platz und Größe oder kommunizieren durch die unterlegte Musik.

Tatsächlich bildet Musik einen weiteren wichtigen Aspekt in Nubers Werk: Die Künstlerin ist seit Jahren die Bassistin der Band „Rock und Bluse“, die in Kunstkreisen überregional bekannt ist. Der Bezug zur Musik lässt sich in der Ausstellung nicht nur an den kreisrunden Formen der Zeichnungen festmachen, die sich wie eine Sammlung goldener Schallplatten über die Wand ziehen. Die Anordnung der Scheiben entspricht den Mustern, die von den Löchern auf den Pappstreifen einer kleinen Spielorgel gebildet werden, auf der die Künstlerin auch eigene Kompositionen mittels einer Kurbel abspielt.

Sie bilden die visuellen Analogien zu Klangfolgen, Intervallen und Melodien, die als formale und abstrakte Strukturen den Ablauf von Musik bestimmen. Auch die Erzählungen und Handlungen der Animationsfilme wirken manchmal fast mechanisch und scheinen vom Zusammenspiel aus Frage und Antwort und anderen musikalischen Prinzipien wie das der Wiederholung von Strophe und Re­frain beeinflusst zu sein.

Musik gab es auch zur Eröffnung: Der „Aka-Chor“ der Kunstakademie Stuttgart gab der Vernissage mit traditionellen Sinti- und Romaliedern eine fast melancholische Atmosphäre, die gut zu den dichten Schneeflocken des späten Sonntagnachmittags im Kornhaus passte.

Über das Motiv der Lochstreifen stellt Monika Nuber auch einen besonderen Bezug zum Ausstellungsort Kirchheim her: In der Vitrine kann eine Lochkartenrolle für den Jacquardaufsatz eines Webstuhls besichtigt werden. Der Webstuhl selbst befindet sich im Obergeschoss des Städtischen Museums im Kornhaus. Die Lochkartenrolle bildet das Speichermedium für den komplexen Ablauf des Webvorgangs und kann deshalb, ebenso wie die Spielorgel, als Vorläufer digitaler Computertechnik gesehen werden.

Zur Finissage am 20. Januar 2013, 15 Uhr, findet ein Ausstellungsgespräch mit der Künstlerin statt. Auch das Künstlerbuch „Monika Nuber, Zeichnungen 1999 – 2013“, das an­lässlich der Kirchheimer Ausstellung erscheint, wird bei diesem Termin öffentlich vorgestellt. Die Ausstellung „Neues von Monika Nuber, Zeichnung und Experiment“, ist bis 20. Januar in der Städtischen Galerie im Kornhaus, Max-Eyth-Straße 18, in Kirchheim zu folgenden Öffnungszeiten zu sehen: Dienstag 14 bis 17  Uhr; Mittwoch bis Freitag 10 bis 12  und 14 bis 17 Uhr; Samstag, Sonn- und Feiertag 11 bis 17 Uhr.