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Viele „Türen“ für Mauerbiene & Co.info

Neues Wildbienenhaus des OGV Bissingen findet nicht nur beim Naturschutz Anerkennung

Die Streuobstlandschaft am Bissinger Albtrauf hat ein attraktives Ziel mehr. Der Obst- und Gartenbauverein der Seegemeinde hat am Rand seines Altsorten-Muttergartens ein großes Wildbienenhaus mit Informationstafel präsentiert.

Wildbienenexperte Dr. Paul Westrich erläutert interessierten Zuhörern die Besonderheiten der winzigen Nützlinge.Foto: Goebel
Wildbienenexperte Dr. Paul Westrich erläutert interessierten Zuhörern die Besonderheiten der winzigen Nützlinge.Foto: Goebel

Bissingen. In einem zwei Meter fünfzig hohen und rund zwei Meter breiten Rahmen aus alten Eichenbalken und unter einem Douglasiendächlein gibt auf der Nordseite des Wildbienenhauses eine farbige Informationstafel Auskunft über die nützlichen Insekten der Gattung Wespe, aber auch über ihre Feinde. Auf der Südseite untergebracht sind die Nisthilfen aus Totholz, Schilfröhren, Eschen- und Ulmenklötzen sowie Strangfalzziegel, die allesamt aussehen wie Schweizer Käse. Viele Löcher mit unterschiedlicher Stärke bieten den kleinen gehörnten Mauerbienen, rostroten Mauerbienen und Hahnenfuß-Scherenbienen ebenso Domizil wie deren Feinden, den gelbgefleckten Keulenwespen, Goldwespen oder dem Bienenwolf. Diese Parasiten leben von den Eiern der Nützlinge in den Legeröhren und den Pollen dort.

Entworfen wurde die Informationstafel aus umweltfreundlichem High Pressure Laminat, HPL, von Ute Straub, selbst OGV-Mitglied, in Zusammenarbeit mit dem Diplom-Biologen und Wildbienenexperten Dr. Paul Westrich, der für Text und Fotos verantwortlich zeichnete. Den gesamten Stand erstellten Uli Walz und Thomas Hurst, beide ebenfalls im Bissinger Obst- und Gartenbau aktiv. Treibende Kraft hinter dem Ziel Nummer 23 der Aktion „Reiseziel Streuobstwiese“ war einmal mehr der umtriebige Vereinsvorsitzende Rudolf Thaler. Sowohl amtlicher wie privater Naturschutz gestanden den Bissingern neidlos zu, dass sich die Nisthilfen für Wildbienen wunderbar in die Streuobstlandschaft unterhalb des Breitensteins integieren. „Darauf sind wir stolz“, freut sich Rudolf Thaler nicht nur über anerkennende Worte, sondern auch über das große Interesse bei der offiziellen Präsentation vergangenen Sonntag, an der sich unter anderem auch Dr. Westrich aktiv beteiligte.

Das Wildbienenhaus sichert und verbessert die biologische Vielfalt und trägt zur Erhaltung der landschaftlichen Eigenart im Projektgebiet bei. Ein Kriterium, weshalb PLENUM, Projekt des Landes zur Erhaltung und Entwicklung von Natur und Umwelt, sich zu 70 Prozent an den Kosten – es handelt sich um 3 500 Euro für die Infotafel – beteiligte. Zehn Prozent steuerte die Gemeinde bei und 20 Prozent übernahm der Obst- und Gartenbauverein. Das Holz für Rahmen und Dach des Wildbienenhauses wurde gestiftet. Ein weiterer wichtiger Grund, das Projekt zu fördern, war für PLENUM der Altsorten-Muttergarten in unmittelbarer Nähe. In diesem Garten stehen 35 Apfelbäume aus 20 verschiedenen alten Sorten und zehn Birnbäume.

Das Wildbienenhaus auf der Nordseite der Informationstafel ist noch nicht vollständig. Rudolf Thaler will gemeinsam mit Bissinger Grundschülern und dem Pädagogen Martin Wetzel die Nisthilfen ergänzen. Doch was bereits jetzt sehr schön zu sehen ist, sind die Puppen in den Beobachtungsröhren. Es sind vier Stück, „doch es gibt auch Zellen mit acht Puppen“, berichtet Rudolf Thaler.

Die Unterkunft für die nützlichen kleinen Insekten stellte der Obst- und Gartenbauverein Anfang März auf. „Das erste Bienchen, das da war, war die gehörnte Mauerbiene,“ erinnert sich der Bissinger OGV-Vorsitzende. Mitte Juni konnten er und seine Mitstreiter bereits 380 verschlossene Zellen zählen. „Wildbienen sind Solitärbienen. Das Brutgeschäft macht das Weibchen“, erklärt Thaler. Zuerst putzt es die Röhre, trägt dann Pollen ein und legt zum Schluss ein Ei hinein, bevor es sein Nest mit Lehm verschließt.

Die kleinen Bienen, die schon fliegen, wenn‘s den großen noch zu kalt ist, richten sich nach dem Nahrungs­angebot der Umgebung. Deshalb sind nicht alle der winzigen Nützlinge im Wildbienenhaus am Altsorten-Muttergarten zu finden. Rudolf Thaler denkt jedoch bereits darüber nach, auch den kleinen Glockenblumen-Scherenbienen und den Luzerne-Blattschneiderbienen entsprechende Nahrung zu bieten. Er will deshalb eine nahe Streuobstwiese in einen Magertrockenrasen verwandeln. Das braucht seine Zeit und muss längerfristig gesehen werden.

Und noch eine andere Vision hat der Bissinger OGV-Vorsitzende Rudolf Thaler vor Augen: Führungen für interessierte Gruppen mit den Stationen Wildbienenhaus und Muttergarten.

Wer auf der Seite www.biosphaerengebiet-alb.de den Link „Reiseziel Biosphärengebiet“ anklickt und dann auf den Flyer Reiseziel Streuobstwiese geht, findet den Altsorten-Muttergarten als Nummer 23 unter den Reisezielen.