Lokale Wirtschaft

Landkreis ist eine Migräne-Hochburg

Laut AOK liegt Zahl der Patienten an der Spitze in der Region – Ursachen nicht eindeutig

Migräne, das ist mehr als nur ein Kopfschmerz. Blitze im Kopf, Sehstörungen und Übelkeit gehören zu den häufigen Begleiterscheinungen dieser Erkrankung, an der immer mehr Menschen leiden, wie die aktuellen Daten der AOK Baden-Württemberg zeigen. Dabei fällt auf, dass der Kreis Esslingen die höchste Anzahl von Migränepatienten hat.

Kreis Esslingen. Seit 2007 steigt die Zahl der an Migräne erkrankten Versicherten kontinuierlich an. Im Bereich der AOK Neckar-Fils, also in den Landkreisen Esslingen und Göppingen, wurden etwa 12 500 Migränepatienten erfasst, 2007 waren es 10 500. Die AOK zählt die meisten Versicherten mit Migräne im Landkreis Esslingen: 8 500. Es folgen der Kreis Ludwigsburg mit 7 800 und die Stadt Stuttgart mit 7 570 Migräne-Patienten.

Laut Wikipedia leiden etwa zehn Prozent der Bevölkerung an Migräne, eine Größenordnung, die volkswirtschaftlich nicht zu unterschätzen sei. Von den Kopfschmerzattacken am häufigsten betroffen sind die Altersgruppen 20 bis 24 Jahre und bei Frauen noch mal die 35- bis 54-Jährigen.

Die Zahlen der AOK zeigen weiterhin, dass Frauen viermal so häufig unter Migräne leiden wie Männer. Der Verlauf ist bei Männern gleich, bei ihnen kommt es jedoch noch häufiger zur Wochenend-Migräne als bei Frauen. In einem Betroffenenforum im Internet erklärt ein Arzt dazu: „Unter der Woche stehen sie unter Strom, samstags und sonntags ist der Stress weg und die Migräne da.“ Das bestätigt Birgit Mangold, die in Esslingen eine Selbsthilfegruppe Migräne ins Leben gerufen hat. Im Beruf bereite diese Krankheit große Probleme. Die Betroffenen kämen am Freitagnachmittag nach Hause und müssten sich erst mal hinlegen.

Zwar seien die genauen Ursachen von Migräne nicht bekannt, sagt die Fachärztin für Psychotherapie Sabine Knapstein, die bei der Landes-AOK für medizinische Qualitätsförderung zuständig ist. Vermutlich handle es sich um entzündliche Prozesse, die hormonell gesteuert seien. „Es gibt jedoch bestimmte Auslöser: Besonders Stress und Schlafmangel können Migräne auslösen“, sagt die Privatdozentin. Durch Stress verengten sich die Gefäße, was zu Kopfschmerz führe. „Auch können Migräneattacken durch Reizüberflutung einsetzen, wenn zu wenig getrunken wurde oder durch bestimmte Wetterlagen.“ Neben den Schmerzen zählen Licht- und Lärmempfindlichkeit zu den klassischen Störungen. Das Bedürfnis, sich zurückzuziehen und die Rollläden he­runterzulassen, wäre genau die richtige Reaktion, sagt Knapstein – eben eine Auszeit für sich zu nehmen.

Neben Ruhe und Schlaf helfe manchen Menschen auch Koffein, also eine Tasse Kaffee oder ein Espresso, sagt Knapstein. Dazu solle man viel Wasser trinken, jedoch ohne Kohlensäure. Auch Schmerzmittel wie Paracetamol, Benuron oder Aspirin seien in leichter Dosierung hilfreich. Gleich zu Triptane zu greifen, wie es manche Migränepatienten machen, davon rät die Ärztin eher ab. Da Migräne sehr individuelle Ausprägungen habe, sollten Patienten sich stets von ihrem Hausarzt oder einem Neurologen beraten lassen, um die passende Therapie zu finden. Zur Vorbeugung hat die Ärztin einige Tipps. Studien hätten gezeigt, dass eine geregelte Lebensweise helfe, Attacken einzudämmen. Indirekt helfe auch Ausdauersport, weil er sich positiv auf die Gefäße auswirke. „Zudem helfen Entspannungsübungen wie autogenes Training“, ergänzt die AOK-Fachfrau. Birgit Mangold, die seit 29 Jahren mit der Migräne kämpft, sagt, ihr helfe Nordic Walking und Yoga. „Aber ganz los kriegt man die Migräne nicht.“ Sind die Schmerzattacken kaum auszuhalten, empfehlen manche Fachleute eine mehrmonatige Prophylaxebehandlung mit Medikamenten.