Lokale Wirtschaft

Perspektivenwechsel für Frauen

Esslinger Beschäftigungsinitiative (EBI) vermittelt Alleinerziehende in (Teilzeit-)Ausbildung – Kinderbetreuung muss gut organisiert sein

Ob in Vollzeit oder Teilzeit – die Esslinger Beschäftigungsinitiative (EBI) hilft mit ihrem Projekt artemis Alleinerziehenden, eine Ausbildungsstelle zu finden.

Kreis Esslingen. „Die Frauen wollen Zeit für ihre Kinder haben, gute Mütter sein, sie möchten aber auch arbeiten“, so beschreibt Sozialarbeiterin Katharina Braach von EBI die Bredouille, in der die Frauen stecken, die bei ihr um Rat fragen. Oft sei der Lebenslauf nicht geradlinig. „Das sehen sie als Makel. Unsere Aufgabe ist deshalb auch, die Frauen stark zu machen.“

Die meisten Mütter, die sich im Rahmen des Projekts artemis an die Esslinger Beschäftigungsinitiative (EBI) wenden, haben keinen Beruf erlernt oder eine Ausbildung abgebrochen. Ihr Altersspektrum bewegt sich zwischen 18 und Mitte 40. Vor allem Ältere in eine Ausbildungsstelle zu vermitteln, gestaltet sich als schwierig. Eine Herausforderung ist immer auch, Ausbildung und Kinder unter einen Hut zu bringen. Auf die Väter können die Frauen meist nicht zählen. „In jedem Fall muss die Betreuung der Kinder gut organisiert sein“, betont Katharina Braach. Doch in einzelnen Fällen scheitert eine Ausbildung genau daran. So musste eine angehende Altenpflegehelferin sich einen anderen Arbeitgeber suchen, weil die Zeiten der Kindertagesstätte mit der ursprünglich ausgesuchten Ausbildungsstätte nicht vereinbar waren.

In einer neunmonatigen Vorbereitungsphase finden zweimal monatlich in den Räumen der EBI an der Esslinger Blumenstraße Treffen statt. Je nachdem, wo die Teilnehmerinnen gerade der Schuh drückt, werden Vorstellungsgespräche geübt, sie bekommen Bewerbungstrainings sowie Tipps zum individuellen Lernen und Grundlagen für den Alltag. „Ich kenne die Frauen am Ende der Vorbereitungszeit und weiß, ob sie zuverlässig sind. Und für sie ist es beruhigend zu wissen, wir sind da, wenn es klemmt“, sagt Katharina Braach. In jedem Fall sei der vertrauensvolle persönliche Kontakt wichtig. Häufig sind die Ablösung von den Kindern und die Lebensplanung Themen, die den Frauen auf den Nägeln brennen. „Wichtig ist, dass sie sich neben dem Muttersein etwas Eigenes aufbauen“, hebt die Sozialarbeiterin hervor.

Eine Ausbildung beginnen zu können, bedeute für die Frauen meist einen Perspektivenwechsel, denn oft hielten sie sich mit Putzjobs oder Angeboten von Zeitarbeitsfirmen mit wenig Lohn über Wasser. Andere lebten von Arbeitslosengeld II oder bekämen finanzielle Unterstützung von ihren Eltern. Das wollen viele nicht. Sie haben den Ehrgeiz, auf eigenen Beinen zu stehen. „Wir schließen uns auch mit Arbeitsvermittlern der Job-Center kurz“, erklärt Katharina Braach. Dort gibt es inzwischen Kräfte für Alleinerziehende. Bereits seit 2005 ist die Teilzeit-Ausbildung im Berufsbildungsgesetz verankert. Dennoch ist diese Spielart für viele Betriebe Neuland. „Wir müssen bei den Firmen viel Überzeugungsarbeit leisten“, sagt die Frau von EBI. Manch ein Chef lässt sich darauf ein, eine Bewerberin durch ein Praktikum kennenzulernen. „Die Betriebe sehen dann auch, ob die Frauen motiviert sind. Für sie selbst ist das Praktikum eine Bewährungsprobe“, so Katharina Braach.

Wurde ein Ausbildungsplatz gefunden, begleitet die artemis-Fachstelle die Frauen weitere sechs Monate und unterstützt sie bei der Organisation der Kinderbetreuung, der Alltagsgestaltung und dabei, den Lebensunterhalt zu sichern.

Das Projekt artemis „Teilzeit-Ausbildung für Alleinerziehende“

Das Projekt artemis läuft seit Juli 2012 und wird von der Werkstatt Parität sowie dem Diakonischen Werk Württemberg getragen. Bis Ende 2014 fördert das Ministerium für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg das Projekt. Finanziert wird es mit Mitteln des Europä­ischen Sozialfonds und des Landes. In Baden-Württemberg gibt es neun artemis-Standorte, an denen sich Fachleute dafür einsetzen, die Teilzeit-Ausbildung zu etablieren. Die Fachstelle unter dem Dach der Esslinger Beschäftigungsinitiative (EBI) hat seit 2012 insgesamt 30 Frauen aufgenommen, zwei davon zum zweiten Mal. Insgesamt gab es 14  Vermittlungen, acht davon in Teilzeit-, sechs in Vollzeitausbildungen. Zudem gibt es vier Ausbildungsplatzzusagen für September in Teilzeit, eine in einem schulischen Ausbildungsberuf. Das Spektrum der vermittelten Teilzeitausbildungen reicht von Bürokauffrau über zahnmedizinische Fachangestellte, Alltagsbetreuerin und Raumausstatterin bis zur Friseurin.ank