Zwischen Neckar und Alb

Die Buchidee kam unter der Dusche

Stefanie Höfler hat einen viel beachteten Debütroman für Jugendliche geschrieben

Eine junge Lehrerin und Mutter schreibt einen Jugendroman – und die Fachwelt steht Kopf. Stefanie Höfler aus Esslingen ist das kleine Kunststück gelungen.

Die Esslingerin Stefanie Höfler hat mit ihrem Erstlingswerk „Ein Sommer mit Mucks“ die Fachwelt beeindruckt. Foto: Petra Bail
Die Esslingerin Stefanie Höfler hat mit ihrem Erstlingswerk „Ein Sommer mit Mucks“ die Fachwelt beeindruckt. Foto: Petra Bail

Esslingen. Stefanie Höflers Erstlingswerk „Mein Sommer mit Mucks“ erschien im vergangenen Jahr beim renommierten Kinder- und Jugendbuchverlag Beltz & Gelberg, und die Kritiker von Börsenblatt über FAZ bis Süddeutsche überschlugen sich vor Begeisterung über die feine Balance zwischen Witz, Komik und genauer Beobachtung. „Das war schön“, sagt die 38-Jährige lapidar in ihrer erfrischenden, völlig uneitlen Art über die positive Resonanz.

Das ganze Drumherum samt Verkaufszahlen, Vermarktung und Rezensionen interessiert Stefanie Höfler gar nicht besonders. Sie bezeichnet sich selbst als Idealistin und ist ein bisschen enttäuscht, wenn ihr junges Publikum bei Lesungen fragt, ob sie mit dem Schreiben reich werde. „Ich will nicht reich und berühmt werden, sondern gute Geschichten erzählen.“ Da wird die fröhlich-lässige Pädagogin streng. Sie schreibt seit der eigenen Gymnasialzeit: Kurzprosa, die sie zu Literaturwettbewerben eingereicht hat, und Lyrik. Doch erst „Mucks“ fand sie so gut, dass sie sich zur Veröffentlichung entschloss. Die alten Texte bleiben verschlossen.

Mit dem Debütroman bewarb sie sich 2012 beim Peter-Härtling-Preis von Beltz & Gelberg, bekam ihn aber nicht. Dafür erhielt sie einen Anruf von der Cheflektorin und Leiterin des Kinder- und Jugendbuchverlags Barbara Gelberg, die das Buch zu ihrer Herzensangelegenheit machte. „Ich war skeptisch, ob es zur Veröffentlichung kommt“, gesteht Höfler. 2015 erschien die leicht erzählte Geschichte um eine zauberhafte Freundschaft. Noch im selben Jahr gab es den Nachwuchspreis für Kinder- und Jugendbuchautoren. Und auf der Taschenbuchausgabe, die soeben erschienen ist, prangt der Hinweis „Nominiert für den Deutschen Jugendbuchpreis 2016“.

Im Frühjahr 2017 wird der zweite Jugendroman erscheinen, ein dritter ist in der Pipeline. Wie schafft man es, das Schreiben mit Job, Familie und Haushalt unter einen Hut zu bringen? Alles eine Frage der Organisation. Sie und der Mann an ihrer Seite, den sie „mein Freund“ nennt, haben jeweils eine 70-Prozent-Stelle am Gymnasium Plochingen, an dem sie sich 2007 kennenlernten. Sie unterrichtet Ethik, Deutsch, Englisch und Theater, er Kunst und Erdkunde. Familien- und Hausarbeit werden geteilt. Die gemeinsamen Kinder, zwei und fünf Jahre alt, gehen in die Kita. Den ersten und zweiten Roman hat sie während der Elternzeit geschrieben. „Ich brauche Muße“, sagt die energiesprühende Autorin und verrät, dass ihr die Figur des Mucks unter der Dusche eingefallen ist.

Sie genießt es, nicht unter Druck zu stehen. „Ich muss nicht davon leben.“ Das gestattet Freiheiten. Beispielsweise, dass sie nicht jedes Jahr ein Buch „raushauen“ muss und nur die Einladungen zu Lesungen annimmt, die sie gut findet. Zwei pro Monat reichen. Sie liest sehr gerne vor Kindern, mit denen sie überhaupt liebend gerne arbeitet. „Ich mach es, weil ich ein Bühnenmensch bin.“ Sie fährt mit dem Zug zum Einsatzort. „Das finde ich toll. Dann habe ich Zeit zum Nachdenken, Lesen, Notizenmachen und zum Fensterrausschauen.“ Da ist sie wieder beim Beobachten, für das sie eine so große Gabe hat. Wenn alle in der S-Bahn auf ihre Smartphones stieren, sieht sie mit ihren Kindern aus dem Fenster und betrachtet die Welt, die später in ihre Texte einfließt. Überhaupt sei sie ein wenig „old school“. Sie schreibe Briefe und Postkarten. Auch, weil sie einfach leidenschaftlich gerne schreibt. Am liebsten für den Nachwuchs, weil man reduzieren, kürzen, noch einmal lesen und weiter kürzen muss, für diese besondere Höfler-Sprache, die so dicht und kompakt ist.

Ihre Schüler wissen zum Großteil gar nichts von ihrer Schriftstellertätigkeit. Schmunzelnd erzählt sie, wie eine Schülerin auf sie zugekommen sei: „Sie sind in meiner Zeitung.“ Es stellte sich heraus, dass im Geolino eine Rezension dieser Ganz-und-gar-nicht-heile-Welt-Geschichte war, in der es um zwei Außenseiter, einen gewalttätigen Vater, erste Liebe und Familienzusammenhalt geht.

„Mein Sommer mit Mucks“

„Mein Sommer mit Mucks“ ist eine außergewöhnliche Freundschaftsgeschichte für Leser ab elf Jahren. In diesem verrückten Sommer lernt die eigenbrötlerische Zonja im Schwimmbad Mucks kennen. Er sieht aus wie ein Außerirdischer, und sie rettet ihm ein bisschen das Leben. Zonja besitzt eine unbezwingbare Neugier, weshalb die meisten in ihrer Klasse sie für eine Spinnerin halten. Zonja mit Z liebt es, im Schwimmbad Leute zu beobachten und Statistiken aufzustellen, und so fischt sie an diesem Tag einen Jungen – grüne Badehose, dünn wie eine junge Birke, abstehende Ohren – aus dem Wasser, weil der nicht schwimmen kann. Sie spielen Scrabble, beobachten den Sternenhimmel und essen viele Pfannkuchen – eigentlich ist Mucks der erste Mensch seit Jahren, der ihr Freund werden könnte. Doch irgendwas stimmt nicht mit ihm, und es dauert diesen einen Sommer, bis sie weiß, warum er im Regen tanzt und was es mit den blauen Flecken und dem Pfefferspray auf sich hat.pb