Kreis Esslingen. Die finanzielle Lage des Kreisjugendrings hat sich etwas entspannt, nachdem ihm der Landkreis eine halbe Million Euro zugeschossen hat und 28 Kommunen nachträglich eine Verwaltungspauschale für die Schulsozialarbeit überwiesen haben, für 2014 und 2015 insgesamt 335 000 Euro. Doch mit der finanziellen Konsolidierung wollen sich die Bürgermeister nicht begnügen. „Die Struktur muss stimmen“, sagt Bernhard Richter aus Reichenbach, Vorsitzender der Freien Wähler im Kreistag. „So eine Hilfsaktion kriegen wir nicht noch einmal hin.“ Eine reine Vereinsstruktur kann sich Richter für das Sozialunternehmen KJR mit zehn Millionen Umsatz und mehr als 300 Mitarbeitern nicht vorstellen.
Verein oder GmbH? Da waren sich der Chef der Freien Wähler und Landrat Heinz Eininger bislang nicht einig. Bei beiden Lösungen, so erklärt Richter, könne es einen „Mantelverein“ Kreisjugendring geben. Darunter sieht er zwei Säulen. Eine davon bilden die 29 Jugendverbände – von den Aleviten über die Jungsozialisten bis zur Trachtenjugend – als Sprachrohr der Jugendlichen. Die zweite Säule wäre der professionelle Betrieb der 31 Jugendhäuser nach dem „Esslinger Modell“ und der Schulsozialarbeit. Eine gemeinnützige GmbH wäre Richter am liebsten, es könne aber auch ein Verein sein, jedoch mit entsprechender Gewichtsverteilung im Vorstand.
Der Mitgliederversammlung des KJR wurde eine Satzung vorgestellt. Nach ihr säßen in einem siebenköpfigen Vorstand zwei Vertreter des Kreises und zwei der Kommunen. Die KJR-Verbände dürften nur drei Mitglieder entsenden. Darauf haben die Jugendverbände einen harschen Brief an die Kreistagsfraktionen geschickt. Dieser Strukturvorschlag sei „untragbar“. Er komme einer „Entmündigung“ gleich. Man wolle auch in Zukunft unabhängig entscheiden, damit die kommunalen Partner mit einem „fachlich exzellenten Partner auf Augenhöhe kooperieren“ könnten. Solche Ansprüche lässt Bürgermeister Richter unter den jetzigen Voraussetzungen nicht gelten: „Der KJR verhandelt mit seinem Insolvenzverwalter.“ Deshalb könne er begrenzt Forderungen stellen. In der neuen Struktur müssten auf jeden Fall „die Geldgeber dominieren“. Der Chef der größten Fraktion im Kreistag sieht sich dabei nicht als Zerschlager pädagogischer Strukturen, sondern als Retter. Richter: „Wenn wir den KJR nicht zukunftsfähig aufstellen, ist der KJR erledigt.“
Dem pädagogischen Geschäftsführer werde ein kaufmännischer Geschäftsführer zur Seite gestellt, der diesen Namen verdiene. Die Stelle ist bereits ausgeschrieben. Während der Konsolidierungsphase hatte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Dornbach die Bücher geführt.
Man wolle den KJR „nicht entmündigen – im Gegenteil“, betont Katharina Kiewel, Sozialdezernentin des Landkreises. Die Vorsitzende im Konsolidierungs-Ausschuss geht aber davon aus, dass die Geldgeber „maßgeblichen Einfluss“ auf die wirtschaftliche Steuerung erhalten. Und das Landratsamt soll mit einem neuen Jugendreferat die Jugendhilfe stärker steuern. Als Modell für den KJR spreche viel für die Vereinsstruktur, sagt Kiewel. Im Vorstand gehe es aber nicht um Mehrheit oder Minderheit, sondern um „vertrauensvolle Zusammenarbeit“.
Das Vertrauen der KJR-Mitglieder hat Kiewel auf der jüngsten Versammlung nicht gewonnen. Schon nach 90 Sekunden, so hört man, sei die Stimmung gekippt. Die Mitglieder sind deshalb noch nicht so weit wie der ehrenamtliche Vorsitzende Dieter Pahlke und sein Geschäftsführer Ralph Rieck. Die beiden haben sich mit der schwachen Verhandlungsposition abgefunden und sind bereit, neue Strukturen zu akzeptieren.
Vom Strukturvorschlag der Kreisverwaltung ist auch die SPD-Kreistagsfraktion noch nicht überzeugt. „Wir wollen die Eigenständigkeit des KJR bewahren“, sagt Vorsitzende Sonja Spohn. Und Steffen Weigel, Bürgermeister in Wendlingen und Mitglied im Konsolidierungs-Ausschuss, bremst auch. Die neue Struktur sei noch nicht ausdiskutiert. Die schwierige Aufgabe sei, „beide berechtigte Interessen unter einen Hut zu bringen: die Unabhängigkeit des KJR und die Einflussmöglichkeiten der Geldgeber.“ Dazu brauche man Zeit. Sozialdezernentin Kiewel will die Sache „zeitnah im neuen Jahr“ in die neue Form gießen.