Lokales

Rotes Tuch Gemeinschaftsschule

Karl-Wilhelm Röhm brach vor der Kirchheimer CDU eine Lanze für das dreigliedrige Schulsystem

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Karl-Wilhelm Röhm, trommelt gegen die Gemeinschaftsschule. Auf Einladung des Stadtverbands Kirchheim-Dettingen und der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft, Kreisverband Esslingen, setzte er sich im Hotel Schwarzer Adler kritisch mit der neuen Schulform auseinander.

Kirchheim. „Wir müssen die Werthaltigkeit der Abschlüsse erhalten“, so formulierte Karl-Wilhelm Röhm das oberste Ziel, das die Schulpolitik zu verfolgen habe. Der Gemeinschaftsschule traut er genau das jedoch nicht zu. Was Kultusministerin Warminski-Leitheußer als bildungspolitisches Flaggschiff der Landesregierung feiert, ist für den CDU-Politiker ein rotes Tuch.

Röhm befasst sich als Bildungspolitiker nicht nur in der Theorie mit der Schullandschaft. Als „Teilzeit-Schulleiter“ mit einer halben Stelle ist er seit 1999 Rektor des Münsinger Gymnasiums, eine Schule mit einer besonderen G-8-Ausgestaltung, die unter anderem auf Projektunterricht setzt: „Unsere Kinder haben in den Klassen fünf bis acht jeweils nur einmal pro Woche Nachmittagsunterricht“, sagte Röhm. Als langjähriger Vorsitzender eines Sportvereins sieht er die Gymnasien in der Pflicht, den Pennälern den nötigen Freiraum für die Ausübung ihrer Hobbys zu geben.

Von den politischen Gegnern einst Basisschule beziehungsweise Regionalschule genannt, entstehe nun mit dem Etikett Gemeinschaftsschule eine Verheißungsschule neuer Prägung, so Röhm. Rot-grün unterstellte er, bis Klasse zehn eine Schule für alle anzustreben. Darin solle es unter anderem kein Sitzenbleiben mehr geben, Lehrer fungierten als Lernbegleiter. Dass Schwächere von den Stärkeren lernen und jeder individuell gefördert werden solle, geißelte der Rektor als Banalitäten: „Das sollte doch an allen Schulen stattfinden.“ Jedoch käme es einer Wettbewerbsverzerrung gleich, wenn Gemeinschaftsschulen zusätzliche Förderstunden erhielten, andere aber nicht. Der Verfechter des dreigliedrigen Schulsystems problematisierte in diesem Zusammenhang den Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung zum laufenden Schuljahr. Nun besuchten sein Gymnasium beispielsweise unter anderem Kinder, die eigentlich auf die Hauptschule gehörten. „Wir wollen sie nicht demütigen und nicht selektieren, sondern ihnen helfen, bekommen aber keine zusätzlichen Stunden, um sie zu fördern.“

Hinsichtlich des mittelfristig angestrebten Zwei-Säulen-Modells von Gymnasium und Gemeinschaftsschule prognostizierte der stellvertretende CDU-Fraktionschef: „Die großen Verlierer werden die Realschulen sein.“ Ihnen könne er nur raten, bei der Gemeinschaftsschule nicht mitzumachen.

Röhm ist überzeugt davon, dass die Gemeinschaftsschule einerseits Leistungswillige ausbremse und andererseits falsche Hoffnungen bei den Eltern wecke. „Gerechtigkeit in der Schule bedeutet für mich nicht, alle gleich zu behandeln, sondern dem einzelnen Kind gerecht zu werden“, unterstrich der CDU-Politiker. Er stieß sich auch daran, dass es nach wie vor kein ausgearbeitetes Konzept, geschweige denn einen Bildungsplan für die Gemeinschaftsschule gebe. Zu befürchten sei im Übrigen ein Absenken der Bildungsstandards.

Die Augen geöffnet habe ihm der Besuch einer Gemeinschaftsschule in Schleswig-Holstein. Dort säßen in einer sogenannten Flex-Klasse Schüler einer siebten Klasse, bei denen man davon ausging, dass sie für den Hauptschulabschluss weitere drei bis vier Jahr bräuchten. Röhm sah darin den Beweis, dass sich nicht alle Kinder im Gleichschritt durch die Gemeinschaftsschule peitschen ließen.

Zuvor hatte Peter Schuster, Vorsitzender der CDA, in seiner Begrüßung die Vorzüge des dreigliedrigen Schulsystems herausgestellt: Dass es sich bewährt habe, lasse sich insbesondere an der mit 2,8 Prozent niedrigsten Jugendarbeitslosigkeit in Europa ablesen. Das System zeichne sich durch eine hohe Durchlässigkeit aus. Beispielhaft berichtete er von einem ehemaligen Hauptschüler, der später promoviert habe.

Bevor die Zuhörer in eine facettenreiche Diskussion einstiegen, skizzierte der Vorsitzende des Stadtverbands, Dr. Thilo Rose, kurz die Kirchheimer Situation. Sorge bereite ihm die von 2020 an greifende Schuldenbremse. „Sie gilt fürs Land, aber nicht für die Kommunen.“ Das ziehe die Verlagerung bildungspolitischer Kompetenzen nach sich. Beispielhaft nannte er die Schulsozialarbeit, die seiner Ansicht nach vom Land bezahlt werden müsse.