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Täter planten Vergewaltigung genauestens

Zwei 19- und 20-jährige Männer müssen sich wegen ihrer Tat in Kirchheim am 17. August 2014 verantworten

Seit gestern verhandelt das Stuttgarter Landgericht über die beiden Sexualstraftaten in Kirchheim in der Nacht zum 17. August 2014, bei der eine 21-Jährige mehrfach vergewaltigt und erheblich verletzt und eine andere Frau ebenfalls sexuell genötigt worden war.

Stuttgart/Kirchheim. Zwei 19- und 20-jährige Männer sitzen auf der Anklagebank der 20. Großen Strafkammer. Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Stuttgart sollen die beiden Angeklagten die Sexualstraftaten in der Nacht zum 17. August 2014 genau geplant haben. Gegen 1.15 Uhr hatten sie bei einem Rundgang durch Kirchheim in der Alleenstraße eine junge Frau neben einer Abfalltonne sitzen sehen, sie nach einer Zigarette gefragt und diese dann auch von dem späteren Opfer angeboten bekommen. Doch anstatt zu rauchen, soll der 19-Jährige plötzlich ein bereits zuvor eingestecktes Messer gezogen und an den Hals der Frau gedrückt haben, während sein 20-jähriger Mitangeklagter das Umfeld beobachtete. Nur weil dieses auserkorene Sexualopfer offensichtlich muskulös war und sich gegen den Angriff wehrte, sei es nicht zur geplanten Vergewaltigung gekommen.

Dafür wurde aber knapp eine Stunde später unweit des Kirchheimer Friedhofs eine 21-Jährige Opfer mehrerer Vergewaltigungen mit gefährlicher Körperverletzung. Laut der Anklage haben die Männer die 21-Jährige zufällig entdeckt und auch ihr die „Zigarettenfrage“ gestellt. Der Jüngere der beiden Beschuldigten umklammerte die junge Frau dann plötzlich von hinten – und zwar so kräftig, dass sie keine Luft mehr bekam. Sie drohten der Frau, sie mittels Faustschlägen zu misshandeln, wenn sie sich gegen die Sexualtat wehrt.

Aus Angst vor derartigen Schlägen ließ die Frau zu, dass die beiden Männer sie auf der Straße zwischen geparkten Fahrzeugen teilweise entkleideten und sich dann abwechselnd sexuell an ihr mit erniedrigenden Praktiken vergingen. Vor allem der 19-jährige Angeklagte soll das Opfer nach der ersten Vergewaltigung erneut missbraucht und dabei auch im Intimbereich erheblich verletzt haben. Erst als die 21-Jährige laut um Hilfe rief und Passanten sich näherten, soll das Duo über den Friedhof die Flucht ergriffen haben. Unmittelbar danach fanden drei Passantinnen das verletzte und verängstigte Opfer und veranlassten eine ärztliche Versorgung.

Vier Tage lang fahndete die Polizei nach den möglichen Tätern. Diese sollen laut Anklage in einer erneuten nächtlichen Aktion am 23. August gegen 2 Uhr wieder in der Alleenstraße zwei junge Autofahrerinnen dazu gebracht haben, dass diese die Fahrzeugtür öffneten. Dann präsentierten sie sich den Frauen in exhibitionistischer Weise. Zwei Stunden später geschah Ähnliches: Die Männer zeigten sich einer Passantin.

Zur Verfolgung aller angeklagten Straftaten hat der Staatsanwalt gestern am ersten Prozesstag ein besonderes öffentliches Interesse ausdrücklich bejaht. Er klagte die beiden jungen Männer wegen besonders schwerer versuchter und vollendeter Vergewaltigung mit einer Waffe sowie wegen Körperverletzung und exhibitionistischer Handlungen an.

Über eine Verteidiger-Erklärung ließ der 20-jährige Angeklagte die Richter wissen, dass er die Taten nicht begehen wollte, sondern dass sein Mitbeschuldigter der eigentliche Anstifter gewesen sei und dass dieser die Vergewaltigungen begangen habe. Ein Messer will der 20-Jährige nicht gesehen haben. Der zweite Angeklagte will Einzelheiten der Vorwürfe nicht kommentieren, gibt aber zu, dass die Anklage bezüglich der Sexualtaten stimmt.

Die beiden jungen Männer sind laut eigenen Angaben vor einem beziehungsweise zwei Jahren aus ihrer afghanischen Heimat geflüchtet und in monatelanger, teils sogar jahrelanger Reise zu Fuß, mit Auto, Lkw und Schiff über die Türkei und Griechenland nach Deutschland gelangt. Zuerst habe man sie im Asyl-Sammellager in Karlsruhe untergebracht, dann weiter nach Kirchheim vermittelt. Dort lebten sie bis zu ihrer Festnahme am 27. August.

Die Tatnachweise konnte die Polizei erst nach Auswertung einer DNA-Analyse feststellen. Deshalb war einer der beiden Männer nach erster Festnahme wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Nach der erneuten Festnahme hatte dieser schließlich den Mittäter benannt.

Die Richter der 20. Jugendstrafkammer haben zehn Verhandlungstage angesetzt. Mithilfe eines Jugendpsychiaters soll auch festgestellt werden, ob die Männer in der Tatnacht zu viel getrunken und dadurch keine Hemmungen mehr hatten. Ein Urteil ist für den 18. März vorgesehen.