Bundestagswahl

„Ich möchte gefragt werden“

Bundestagswahl Die Bundestagskandidatin der AfD für den Wahlkreis, Dr. Vera Kosova, ist noch nicht lange politisch aktiv. Ein ganz wichtiges Anliegen ist für sie der Einsatz für direkte Demokratie und mehr Mitbestimmung. Von Irene Strifler und Frank Hoffmann

Vera Kosova
Vera Kosova Foto: Carsten Riedl
Der Salzmannstein am Randecker Maar bietet einen weiten Blick über Weilheim und das gesamte Albvorland bis auf die drei Kaiserbe
Der Salzmannstein am Randecker Maar bietet einen weiten Blick über Weilheim und das gesamte Albvorland bis auf die drei Kaiserberge im Hintergrund. Der Albtrauf zeigt sich beim Treffen mit der AfD-Kandidatin bereits ganz leicht in herbstlicher Laubfärbung.Foto: Carsten Riedl

Dr. Vera Kosova ist mit 34 Jahren eine sehr junge Bundestagskandidatin. Dass sie sich für die AfD engagiert, begründet sie mit ihrer politischen Überzeugung: „Zwischen dem Wahlprogramm der AfD und meinen Ansichten besteht eine mindestens 80-prozentige Übereinstimmung“, erklärt sie. Es war nicht etwa eine Person, sondern das Programm, das sie überzeugte.

Quelle: Carsten Riedl

Diese Überzeugung weiterzutragen, fällt ihr allerdings schwer: Auf Podiumsdiskussionen wird sie kaum eingeladen. „Ich verstehe das System, dass manche Veranstalter nur Kandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien einladen, aber wenn nur wir nicht eingeladen werden, frage ich mich, warum?“, klagt sie. Immer wieder kommt sie auf Beispiele zu sprechen, wonach Bürger das Gespräch mit der AfD scheuten. So manche negative Erfahrung hat sie demnach auch schon bei Ständen in Fußgängerzonen gesammelt: „Natürlich haben wir Sympathisanten“, räumt sie ein. Nichts dagegen habe sie auch, auf kritische Menschen zu treffen, denn „Kritik und Skepsis sind bei einer solch jungen Partei, wie wir es sind, durchaus angebracht.“ Was die Ärztin aber angeblich überrascht, ist das massive negative Feedback: „Gelegentlich gab es Übergriffe, des Öfteren wurden unsere Flyer auf den Boden geschmissen, in Nürtingen hat jemand alle Luftballons an unserem Stand platzen lassen“, zählt sie auf. Ganz zu schweigen von Beschimpfungen als Nazis und Rassisten. Vor diesem Hintergrund sei sie auch gar nicht böse, dass die AfD aufgrund einer drucktechnischen Verzögerung erst spät mit dem Plakatieren anfangen konnte: „Unsere Plakate werden oft schnell abgerissen“, ärgert sie sich über die demotivierende Wirkung für ihr Team.

 

Vera Kosova
Vera Kosova Foto: Carsten Riedl

Kosova fordert mehr Toleranz gegenüber ihrer Partei, denn für sie ist die Partei so bunt wie die Gesellschaft: „Höcke ist nicht die AfD, und die AfD ist nicht Höcke“, ist sie es leid, immer mit den Aussagen des AfD-Landeschefs aus Thüringen konfrontiert zu werden, wonach das Berliner Holocaust-Denkmal ein „Denkmal der Schande“ sei. Anlass, sich explizit von derlei Aussagen zu distanzieren, sieht die junge Frau, die selbst jüdische Wurzeln hat, nicht. In ihrem Umfeld habe der Holocaust keine Spuren hinterlassen, erklärt sie dazu - fast so, als handle es sich um eine Familienangelegenheit. Als Teenager kam sie als Kontingent-Flüchtling nach Deutschland - ohne ein einziges Wort Deutsch. Das kann man sich heute kaum vorstellen, denn Kosova beherrscht die Sprache perfekt bis zu umgangssprachlichen Redewendungen. Allein ihr Akzent lässt die Herkunft ahnen. „Ich habe mich erst nach mehreren Jahren wohlgefühlt hier“, weiß sie um die Bedeutung von Sprache für gelingende Integration. Abgelehnt habe sie sich dennoch nie gefühlt. Deutschland als Einwanderungsland ist eine Vision, die für sie durchaus vorstellbar ist - allerdings gesteuert und geregelt nach Vorbild von Australien etwa: „Deutschland ist momentan nun mal kein Einwanderungsland.“ Für Menschen, die von Verfolgung bedroht sind, müsse nach wie vor ein Asylrecht gelten.

Vera Kosova
Vera Kosova Foto: Carsten Riedl

Ganz wichtig ist der 34-Jährigen direkte Demokratie: „Ich möchte gefragt werden zu wichtigen Themen“, betont sie, weswegen der Ruf der AfD für mehr Volksabstimmungen ein wesentlicher Punkt für sie ist. Damit ist für sie klar auch eine Pflicht zur Information verbunden: „Die Demokratie lebt von mündigen, aufgeklärten Bürgern“, betont sie. Das fange keineswegs erst auf landes- oder gar bundespolitischer Ebene an. Jeder Verein sei schließlich demokratisch aufgebaut und lebe von der Beteiligung seiner Mitglieder.

Vera Kosova selbst hat sich schon immer für Politik interessiert. Erst langsam, nach dem Erlernen der Sprache, dem Studium und dem ersten Kind, mündete dieses Interesse in aktive politische Arbeit: Während des Landtagswahlkampfes der AfD im Jahr 2016 habe ich diese Partei für mich entdeckt“, sagt sie. Entscheidend sei damals die Geburt ihres Sohnes gewesen. „Ich habe plötzlich angefangen, über die nächsten fünf Jahre hinauszudenken und mir zu überlegen: In was für einem Land wollen wir überhaupt leben?“

Keine Frage: Das Land, in dem sie leben will, soll familien- und kinderfreundlich sein. Darin stimmt die AfD-Kandidatin mit allen etablierten Parteien überein. So will sie Menschen in der Familienphase unterstützen, sei es durch Steuererleichterungen oder Kredite für Immobilien. Das Profil ihrer Partei sei jedoch deutlich konservativer als das vieler anderer: „Ich lehne die Ehe für alle ab“, macht die Ärztin klar und setzt auf Vater, Mutter, Kind(er). Von Gender-Ideologie will sie nichts wissen. Das heißt aber nicht, dass sie Frauen an den Herd schicken will: „Ich bestehe darauf, dass auch mein Partner Verantwortung für unser Kind übernimmt.“ - Studiert und promoviert zu haben, soll sich auch ökonomisch lohnen.