Lokales

72 Stunden auf himmlischer Mission

Christliche und muslimische Kinder und Jugendliche setzten sich 72 Stunden lang gemeinsam für den guten Zweck ein

Buddeln, jäten, pflanzen: Mehr als 70 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene haben am Wochenende den Garten der Sultan Ahmet Moschee in Kirchheim verschönert. Veranstalter der „72-Stunden“-Aktion, die unter dem Motto „Uns schickt der Himmel“ stand, war der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ).

Gemeinsam anpacken für den guten Zweck: Junge Christen und Muslime verschönern den Garten der Kirchheimer Moschee.Fotos: Markus
Gemeinsam anpacken für den guten Zweck: Junge Christen und Muslime verschönern den Garten der Kirchheimer Moschee.Fotos: Markus Brändli

Kirchheim. Hinter der Sultan Ahmet Moschee an der Lauter herrscht geschäftiges Treiben. Alle Helfer sind gut gelaunt mit Fleiß und Eifer bei der Sache und packen gemeinsam mit an, wenn es darum geht, Unkraut zu entfernen, Blumenbeete anzulegen oder die für die geplante Feuerstelle ausgehobene Erde mit dem Schubkarren weg- und stattdessen Kies und Schotter herzutransportieren. Von dem Auftrag, den Garten der Moschee in ein blühendes Paradies mit Platz zum Grillen und Chillen zu verwandeln, haben die fleißigen Helfer erst zum Auftakt in Esslingen erfahren – vorher waren die genaue Aufgabe und das Ziel, dem sich die Kinder und Jugendlichen innerhalb der „72 Stunden-Aktion“ widmen sollten, nämlich noch streng geheim gewesen.

Eine der Besonderheiten wird schnell deutlich: Neben der Katholischen Gesamtkirchengemeinde und dem Kommunikationszentrum für interkulturelle Zusammenarbeit (KiZ) zählt die Gemeinde der Sultan Ahmet Moschee mit zu den gleichberechtigten lokalen Kooperationspartnern der Aktion. In der Kirchheimer Aktionsgruppe arbeiten also junge Christen und Muslime Hand in Hand und tragen gemeinsam zum Gelingen der Mission bei. Die Gebete, die vor Beginn der Arbeiten gesprochen werden, sind deshalb selbstverständlich christlich und muslimisch, auf Deutsch und auf Türkisch. Auch auf die Gebete, die fünf Mal täglich in der Moschee stattfinden, wird besondere Rücksicht genommen: Dann widmet man sich nämlich den leiseren Bauabschnitten.

„Wir können mit Stolz von uns sagen, die erste interreligiöse Aktionsgruppe innerhalb der „72 Stunden“-Aktion zu sein“, sagt Susanne Appl, Gemeindereferentin der Kirchengemeinde Sankt Ulrich. „Das gab es vorher noch nicht.“ Yakub Kambir, Vorsitzender der Sultan Ahmet Moschee, fügt hinzu: „Wir stehen schon seit über zehn Jahren im christlich-islamischen Dialog mit den Kirchen. Aber dass man über das Reden hinaus gemeinsam etwas anpackt, um hier Hand in Hand etwas entstehen zu lassen, das Bestand hat – auch das gab es bei uns in dieser Form noch nicht und ist wirklich etwas Besonderes.“ Alle Beteiligten wollen ein interkulturelles Zeichen setzen und sich abgrenzen von dem leider überwiegend negativen Bild des Islam, das häufig noch in den Köpfen der Menschen kursiert. „Die Wahrheit sieht ganz anders aus, und das wollen wir nicht nur den Kindern und Jugendlichen, sondern auch allen anderen gerne zeigen und einen Beitrag dazu leisten, Vorbehalte abzubauen.“

Eine weitere Besonderheit der Sozialaktion: Für Planung und Durchführung ist zwar allein die Aktionsgruppe verantwortlich. Das Gelingen hängt jedoch nicht nur vom Eifer der Helfer ab, sondern wird zu einem nicht unbeträchtlichen Teil vom guten Willen der Kirchheimer Bevölkerung und seiner Geschäfte und Betriebe beeinflusst. Fast alles muss von Unterstützern gespendet, geliehen oder von den Spenden gekauft werden, vom Werkzeug über das verwendete Bau- und Gartenmaterial bis hin zur Verpflegung. „Die bisherige Unterstützung, die wir von den Kirchheimern erfahren haben, ist großartig“, freut sich Wolfgang Schinko, Leiter des KiZ. „Alles, was wir bekommen haben, stammt von Märkten und Firmen aus Kirchheim und Umgebung.“

Auch kulinarisch war die Aktion eine Bereicherung. Zur Stärkung gab es Lahmacun für alle Helfer, gebacken von den Frauen der Sultan Ahmet Moschee. „Das war toll!“, lacht Noah, Ministrant der Kirchheimer Gemeinde „Maria Königin“. Am Anfang der Aktion seien alle noch etwas zurückhaltend gewesen, erinnert er sich. „Mittlerweile packen aber alle begeistert mit an und wollen, dass das Projekt gelingt. Die Gruppe wächst zusammen.“ Wer sich nicht im Garten abrackern kann oder möchte, bringt sich eben bei den geplanten Spendenaktionen wie dem Kuchenverkauf und der Tombola vor dem Kornhaus mit ein. „Zu tun gibt es für jeden genug.“

 

„72 Stunden – Uns schickt der Himmel“ ist die bundesweite Sozialaktion des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Vom 13. bis 16. Juni machten Tausende Jugendgruppen in 72 Stunden die Welt in ihrer Umgebung ein Stück besser. Hauptunterstützer sind das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, die Deutsche Bischofskonferenz, das Bischöfliche Hilfswerk MISEREOR und das Kindermissionswerk „Die Sternsinger“.

Gemeinsam anpacken für den guten Zweck: Junge Christen und Muslime verschönern den Garten der Kirchheimer Moschee.Fotos: Markus
Gemeinsam anpacken für den guten Zweck: Junge Christen und Muslime verschönern den Garten der Kirchheimer Moschee.Fotos: Markus Brändli