Lokales

Alle Jahre wieder – notfalls mit dem Rollator

Fünfte Pacemakers Regio-Rad-Tour wirbt für Abschaffung aller Atomwaffen – 20 Sprengköpfe in Büchel

Rund 50 friedensbewegte Radler trafen sich am Samstag vor dem Kirchheimer Rathaus. Dort startete die fünfte Pacemakers Regio-Rad-Tour in einer 70-Kilometer-Runde durch die Region. Die Radler warben für die Abschaffung aller Atomwaffen.

Radeln gegen Atomwaffen: Rund 50 Teilnehmer fuhren mit bunten Fahnen durch die Innenstadt. Foto: Deniz Calagan
Radeln gegen Atomwaffen: Rund 50 Teilnehmer fuhren mit bunten Fahnen durch die Innenstadt. Foto: Deniz Calagan

Kirchheim. Unterwegs kamen immer wieder neue Radler hinzu, unter ihnen die Bürgermeister Armin Elbl aus Wernau und Steffen Weigel aus Wendlingen. Insgesamt nahmen rund 80 Radler teil. Ab Kirchheim fuhr Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker eine Etappe mit. Wie zwölf weitere Oberbürgermeister und Bürgermeister in der Region gehört sie dem internationalen Bündnis „Mayors for Peace“ an, das weltweit 5 400 Mitglieder zählt.

Sie erinnere sich noch an die Unterweisungen für den Ernstfall in ihrer Schulzeit, sagte Matt-Heidecker zum Auftakt der Tour. „Legt euch in einen Graben, stülpt eure Schultaschen über den Kopf.“ Heute würden junge Menschen nur die Bilder aus den Nachrichten kennen. „Der Iran und Nordkorea sind weit weg, trotzdem ist die Bedrohung bei uns sehr nahe.“ In Briefen an die Kanzlerin und den Außenminister habe sie sich für den Abzug der Atomwaffen, die in Büchel in der Eifel lagern, eingesetzt. „Was zurückkam, war ein Kanzleitrost, nicht mehr.“ Sie wolle am Ziel festhalten, dass 2020 alle Atomwaffen abgeschafft sind. „Das kann nur durch vertrauensbildende Maßnahmen und durch Transparenz erreicht werden.“

„Alle Jahre wieder“ könne man mitten im Sommer bei Start der Radtour sagen, meinte Karl-Heinz Wiest von Pax Christi Kirchheim. „Wir werden uns wahrscheinlich noch öfter treffen müssen.“ Obwohl der Deutsche Bundestag vor gut drei Jahren mit Zustimmung aller Parteien den Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland verlangt habe, sei bisher nichts geschehen. Im Gegenteil: Nun sehe es so aus, als ob die rund 20 Sprengköpfe in Büchel für teures Geld modernisiert würden und dann noch Jahrzehnte erhalten blieben. „Wir wollen, dass diese Geldverschwendung, die unsere Welt nicht sicherer macht, sondern gefährlicher, endlich aufhört.“ Dieses Jahr sei Wahljahr, das biete die Möglichkeit, auf die Politik Druck auszuüben. Gemeinsam, mit Fürbitte und Segen, entsandten der evangelische Pfarrer Roland Conzelmann und der katholische Pastoralreferent Reinhold Jochim die Radler auf die Strecke. Sie würden für den Frieden eintreten, sagte Jochim, bei 70 Kilometern Strecke rund 8 100 Mal.

Von der Polizei mit je zwei Motorrädern und Fahrrädern umsichtig begleitet, ging die Fahrt zuerst nach Ebersbach. Dort begrüßte Bürgermeister Sepp Vogler die Radler. „Die Tage, in denen Atomwaffen zu mehr Sicherheit beigetragen haben, sind definitiv vorbei“, sagte er. „Genau das Gegenteil ist der Fall.“ Für den Sozialen Friedensdienst (SFD) sprach der Stadtrat und Göppinger Kreisrat Tobias Bollinger. Von weltweit 17 000 Atomwaffen seien 4 000 jederzeit einsatzbereit, warnte er, und 2 000 in höchster Alarmbereitschaft.

Als die Tour vor dem Alten Rathaus in Esslingen Station machte, traf sich nebenan gerade eine Hochzeitsgesellschaft. „Wenn ich Ihnen eine gute Zukunft wünsche, wünsche ich Ihnen auch eine atomwaffenfreie Zukunft“, rief OB Jürgen Zieger hinüber und sagte: „Gerade als OB stehe ich in der besonderen Verantwortung, dass ein solches Höllenfeuer nie entfacht werden kann.“ Thomas Bittner, früherer Kreisvorsitzender des DGB, fragte, ob Präsident Obama seine Meinung auf Druck der Republikaner geändert habe. Modernisierung der Atomwaffen bedeute nicht mehr Sicherheit, sondern größere Lenkfähigkeit. Damit würden die Waffen für Gegner gefährlicher und erst recht zum Angriffsziel. Sigrid Altherr-König, Mitglied des Esslinger Friedensbündnisses, versicherte: „Wir fahren solange, bis sich das mit den Atomwaffen erledigt hat – zur Not auch noch mit 80, dann halt mit Rollator.“

Von Esslingen brach die bunte Truppe nach Wernau auf. Dort empfing Bürgermeister Armin Elbl die Friedensradler. 90 Prozent der Atomwaffen lagerten in den USA und in Russland, sagte er, deshalb sollten diese beiden Länder ein deutliches Zeichen setzen. Er erinnerte auch an den labilen Zustand der Atommacht Pakistan. In Nürtingen sprachen OB Otmar Heirich und der Organisator der Tour, Klaus Pfisterer, von der Deutschen Friedensgesellschaft DFG-VK Neckar-Fils. Nach siebeneinhalb Stunden endete die Rundfahrt wieder in Kirchheim.