Lokales

Angebot und Nachfragerandnotiz

Mieten – kaufen – wohnen. So lautet der Titel einer erfolgreichen Doku-Soap, bei der man mehrmals täglich die Abenteuer anderer miterleben kann bei der Suche nach eigenen vier Wänden.

Doch „Mieten – kaufen – wohnen“ ist nicht nur eine Fiktion des Privatfernsehens. Abenteuer kann längst auch erleben, wer in Kirchheim auf Wohnungssuche geht. Zum Beispiel auf dem beschaulichen Milcherberg. Ein Internet-Inserat für eine dortige Immobilie hatte kürzlich solch einen Hype ausgelöst, dass die Seite nach zwei Stunden wieder aus dem Netz verschwand. Anberaumt wurde ein „Open house-Termin“, wie die offene Besichtigung im Maklerdeutsch heißt. Über hundert Kaufwillige drängten sich bei diesem Anlass binnen eines Nachmittags durch die weder spektakuläre noch besonders günstige Doppelhaushälfte. Das Geheimnis des Objekts: die Lage! Zwar im Grünen, aber doch noch in Fußnähe zur S-Bahn – allein das garantiert in Kirchheim Masseninteresse und Höchstpreise.

So gaben sich also die Eigenheimbesitzer in spe die Klinke in die Hand. Die Hausführungen waren durchgetaktet, nichts wurde dem Zufall überlassen. Im Bad verbreitete ein Tannennadel-Schaumbad wohlige Gefühle, aus der Küche drang Waffelduft . . .  ein „Homedecorator“ hatte ganze Arbeit geleistet, Amerika lässt grüßen. Dafür fielen die Antworten auf knallharte Fragen wie zum Beispiel nach dem Energieverbrauch der ungedämmten Haushälfte umso schwammiger aus.

Die Stimmung war trotz aller Bemühungen eher angespannt, da konnte das Makler-Team noch so viel gute Laune versprühen. Wer schon monate- oder jahrelang ein Nest sucht, nimmt derlei Massen-Events eben nicht mehr mit Humor. Die wenigen interessanten Objekte, die auf dem freien Markt feilgeboten werden, sind zumindest für die viel gepriesene Zielgruppe der jungen Familien schlicht unbezahlbar. Und wer will schon, wenn sich das erste oder zweite Baby bereits ankündigt, darauf warten, dass vermutlich bald mehr in die Jahre gekommene Einfamilienhäuser auf den Markt kommen, dem Generationenwechsel sei Dank?

Der obige Fall war jedenfalls schnell erledigt: Alle Interessenten wurden freundlich aufgefordert, ihrerseits umgehend ein schriftliches Gebot einzureichen. Kurz darauf war das Objekt weg. Für welche Summe es letztlich den Besitzer wechselte, ist natürlich ein Geheimnis. Sicher ist nur, dass ein Gebot in Höhe von zehn Prozent über dem Angebotspreis die Konkurrenz nicht ausgestochen hat.IRENE STRIFLER