Lokales

Backstube mit Gebäude „drumrum“

Die Bäckerei Scholderbeck nimmt ihren neuen Produktionsstandort offiziell in Betrieb

Nicht ganz ein Jahr nach dem Spatenstich hat die Bäckerei Scholderbeck am Wochenende ihren Neubau im Weilheimer Gewerbegebiet Tobelwasen offiziell in Betrieb genommen. Gebacken wird dort freilich schon seit Ende Oktober. Und seit Mitte Januar sind bereits alle technischen Anlagen im neuen Gebäude untergebracht.

Empfang u.a. mit BM und Landrat im neuen Scholderbeck Gebäude im Weilheimer Industriegebiet Tobelwasen, Neubau, Einweihung, Besi
Empfang u.a. mit BM und Landrat im neuen Scholderbeck Gebäude im Weilheimer Industriegebiet Tobelwasen, Neubau, Einweihung, Besichtigung der Backstrasse

Andreas Volz

Weilheim. Die Bauherren, Bernd Sigel und seine Frau Eve Neubold-Sigel, blickten beim Einweihungsfest nicht nur auf die einjährige Bauzeit zurück, sondern auch auf die Zeit davor: Zum einen war da die Suche nach einem geeigneten Bauplatz, bei der die Stadt Weilheim ebenso mitgeholfen hat wie bei der Antragstellung für Fördermittel aus dem Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum. Zum anderen ging es darum, die eigenen Vorstellungen einer optimalen Backstube samt Verwaltungs- und Sozialräumen zu definieren. Der Kirchheimer Architekt Frank Göbel habe schließlich noch die Aufgabe gehabt, „um das, was wir haben wollten, ein Gebäude drumrum zu bauen“, wie Eve Neubold-Sigel scherzhaft bemerkte.

Bernd Sigel sprach von einem „sportlichen Zeitplan“ bei der Umsetzung des Baus. Auf das Richtfest Anfang August sei Ende Oktober bereits der Umzug der ersten von insgesamt drei Backstuben an den neuen Standort gefolgt. Innerhalb eines einzigen Wochenendes sei diese Backstube vom namengebenden Weilheimer Scholderplatz in den Tobelwasen verlegt worden. Am Samstagmorgen waren die letzten Brötchen am Traditionsstandort Scholderplatz gebacken worden. Am Sonntagabend begann mit denselben Geräten bereits die Produktion in der Carl-Benz-Straße. Zwei Wochen später sei die Backstube aus Kirchheim nachgekommen.

Seit auch die Holzbacköfen Mitte Januar umgezogen sind, ist die gesamte Produktion unter einem Dach vereint. Das einzige, was noch fehlt, ist der „Brotpfad“, der vermitteln soll, wie aus Korn Brot entsteht. Dieser Brotpfad gehört mit zum Konzept der gläsernen Produktion. Jederzeit lässt sich nämlich von außen durch große Fenster beobachten, wie drinnen Backwaren produziert werden – vorausgesetzt, man ist in der Nacht oder am Vormittag unterwegs.

Landrat Heinz Eininger sagte in seinem Grußwort, dass der Begriff „Backstube“ für das neue Gebäude eigentlich viel zu verniedlichend sei. Die angrenzenden Streuobstwiesen direkt im Blick, kam er auf die Regionalität als „Markenzeichen“ der Bäckerei Scholderbeck zu sprechen. Das Motto heiße „Schützen durch Nützen“. Rohstoffe aus der Region zu verwenden, sei ebenso im Sinne des Biosphärengebiets Schwäbische Alb wie der touristische Aspekt durch Betriebsführungen oder das neue Café direkt am Radweg. Mittel und Zuschüsse habe es deshalb auch durch das Biosphärengebiet im Rahmen der Plenum-Projekte gegeben.

Weilheims Bürgermeister Johannes Züfle lobte die Bäckerei Scholderbeck als „ein Unternehmen mit ökologischem und sozialem Gewissen“. Mehr solcher Unternehmen „würden unserer Gesellschaft gut tun“, meinte er. Zum sozialen Gewissen gehöre es, auch Menschen mit einem Handicap zu beschäftigen. Und zum ökologischen Gewissen passt es einerseits, dass das Backen auch am neuen Standort traditionelles Handwerk bleibe. Andererseits gehört dazu das Bekenntnis zur Region und die damit verbundene aktive Zusammenarbeit mit verschiedensten Vereinen und Organisationen: Biosphärengebiet, Streuobstparadies, „Schmeck die Teck“, Stadtmarketing sowie die Bildungspartnerschaft mit der Weilheimer Werkrealschule.

Petra Bernert, die Leiterin der Geschäftsstelle des Biosphärengebiets Schwäbische Alb, sprach von „ausgezeichneten Partnerbetrieben“, zu denen auch die Bäckerei Scholderbeck gehört. Das seien „umweltschonend wirtschaftende Betriebe, die den Nachhaltigkeitsgedanken des Biosphärengebiets leben“. Dazu gehöre „eine stabile Wertschöpfungskette, vom Erzeuger bis zum Kunden“.

Über diese Nachhaltigkeit informierte „Scholderbeck“ Bernd Sigel seine Gäste bei einem Betriebsrundgang: Die Prämisse sei, dass das verwendete Getreide in Sichtweite der Teck wachsen soll. Außerdem gebe es „keine Vormischungen, keine Zaubermittel und keine Tiefkühlteiglinge, die wir beziehen“. Die Bäckerei sei zu hundert Prozent biologisch. Lediglich bei der Konditorei lasse sich diese Prozentzahl aus Wettbewerbsgründen nicht ganz erreichen.

Auch beim Liefergebiet gelte der regionale Gedanke. Geliefert wird in Richtung Ulm, Geislingen, Göppingen, Esslingen, Stuttgart und Tübingen, also in Gegenden, die nachts innerhalb einer halben Stunde zu erreichen sind. Alles, was darüber hinausginge, „würde den Regionalgedanken karikieren“. Zur Nachhaltigkeit gehört auch, dass der Neubau komplett über die Abwärme der Kühlanlagen geheizt wird und dass das Warmwasser über Wärmetauscher in den Öfen aufgewärmt wird. Der neue Standort sorge außerdem für eine wesentlich bessere Situation für die Warenlieferung. Bisher sei das bei drei verschiedenen Backstuben sehr schwierig gewesen, zumal die Lagerräume teils auch im Keller oder im ersten Stock waren.

Ob für Verwaltungs- oder Produktionsmitarbeiter – das neue Gebäude biete attraktive Arbeitsplätze, sagte Bernd Sigel und machte gleich noch generell Werbung für sein Handwerk. So begegnete er dem häufig zu hörenden Vorwurf, Bäcker müssten mitten in der Nacht aufstehen, mit einem kurzen Reim, der die positiven Seiten dieses Nachteils herausstellt: „Morgens dabei, mittags frei“.

„Dabei“ ist auf jeden Fall die Bäckerei Scholderbeck an ihrem neuen Standort. Das zeigte sich auch am Tag der offenen Tür beim gestrigen Tobelwasenfest: Zahlreiche Besucher strömten durch die Backstube – ausnahmsweise in Straßenschuhen.