Lokales

Baustelle mit Aussicht im Zeitplan

Bereits zum dritten Mal innerhalb von sechs Jahre wird die Plochinger Steige saniert

Die gute Nachricht für alle umleitungsgeplagten Anwohner der gesperrten Plochinger Steige in Kirchheim: Die Bauarbeiten sind im Zeitplan und sollen, so das Wetter hält, Mitte Juli abgeschlossen sein. Die Planer sind zuversichtlich, dass die Maßnahme nun langfristig hält.

Plochingersteige - Belagschadenerneute Sanierung nötigFahrbahnschadenStraßenschädenPlochinger Steige
Plochingersteige - Belagschadenerneute Sanierung nötigFahrbahnschadenStraßenschädenPlochinger Steige

Kirchheim. Das rund 80 Tonnen schwere Bohrgerät ist von der Plochinger Steige in Kirchheim bereits abgezogen, nur zwei Männer verrichten an diesem Morgen in prallem Sonnenschein eine schmierige (Dreck-)Arbeit. Zum Korrosionsschutz sind die Stahlstäbe, die aus den zahlreichen Bohrlöchern ragen, dick mit einer Schmiere geschützt, die nun mühselig, Stück für Stück, entfernt werden muss. Mehr Arbeiter sind in dieser Phase nicht nötig, da der Beton in den Röhren aushärten muss, ehe die Stahlseile angezogen und schließlich abgedeckt werden können. Dies ist dann der letzte bergmännische Akt der aufwendigen Sanierung. Was dann folgt, ist reiner Straßenbau, denn auch der Kanal ist bereits fertig. Außerdem wird die Böschung wieder modelliert, dieses Mal allerdings flacher, damit die talseitigen Anwohner nicht erneut von den Erdmassen bedroht werden.

Auffällig ragt die rund einen Meter hohe und knapp 100 Meter lange Stahlbetonmauer aus der Baustelle heraus. Dabei handelt es sich um die Bohrpfahlwand. Sie besteht aus 69 vertikalen Bohrkernen, die je nach Gesteinsverlauf des Hangs bis zu 16 Meter tief sind. Damit sie standfest bleiben, müssen sie ein bis zwei Meter fest in einer stabilen Gesteinsschicht verankert sein. Doch das allein reicht nicht aus. Damit das Bauwerk nicht der Schwerkraft nachgibt und sich wieder mit dem Hang nach unten bewegt, wurde jeder Bohrkern mit Ankern gesichert. Dazu wurden in einem Neigungswinkel von 22,5 und 27,7 Grad horizontal Röhren gebohrt, wiederum 69, bis sie ebenfalls sicher im Gestein steckten. Die Länge variiert hier zwischen 22 und 30 Metern. „Damit wir den Hang genau definieren konnten, waren viele Probebohrungen nötig“, erklärt Klaus Ullrich, Baudirektor im Baureferat Süd des Regierungspräsidiums Stuttgart, den langen Planungsvorlauf. Wenn die Straßenbauer Pech haben, kann sich alle paar Meter eine unterschiedliche Bodenkonstellation ergeben. „Deshalb brauchten wir vor Beginn der Sanierungsarbeiten ein klar definiertes Schadensbild, das dann auch als Grundlage für die Planer und als Vorgabe für die Ausschreibung diente“, so Klaus Ullrich.

Diese genaue Vorplanung war aus mehreren Gründen nötig. „Wir haben aus Sicherheitsgründen die Steige für Lkws gesperrt. Deshalb musste klar sein, dass die Erdscholle das schwere Bohrpfahlgerät trägt und sich nicht löst. Das war der Knackpunkt an der Sache“, erläutert Klaus Ullrich. Ein Meter Erde wurde deshalb abgetragen, die am Fuße der Steige zwischengelagert ist, wie der weithin sichtbare Damm zeigt. Um sichergehen zu können, dass das schwere Gerät nicht abstürzt, wurde die Straße zudem um 1,5 Meter nach hinten, Richtung Berg, verschoben. „Damit verändert sich der Trassenverlauf etwas und der Grünstreifen zwischen alter und neuer Straße wird dementsprechend schmäler“, so der Planer.

Um die Rutschung des Hangs langfristig zu verhindern, kommt nach Aussage der Fachleute ausschließlich eine sogenannte rückverhängte Bohrpfahlwand infrage. „Nur das hält, und deshalb ist es egal, ob ein Lkw-Fahrverbot auf dieser Strecke kommt oder nicht. Mülllaster, Feuerwehr, Schneepflug oder Baufahrzeuge, die das größte Gewicht auf die Waage bringen, werden hier weiterhin regelmäßig unterwegs sein“, begründet Klaus Ullrich die rund eine Million teure Sanierung der Steige – die dritte innerhalb von sechs Jahren. Zunächst versuchten es die Straßenbauer mit der kostengünstigeren Variante ohne Bohrungen, was, wie bekannt, fehlschlug.

An der Vollsperrung führte aus Sicht der Planer kein Weg vorbei. „Die eingetakteten Arbeiten können so zügig ohne Rücksicht auf den Verkehr durchgeführt werden. Mit dem schweren Gerät lässt es sich dabei wesentlich problemloser operieren“, so der Planer. Dazu kommt die Vibration als Störfaktor. Wie sich der ständig fließende Verkehr bei den Bohrungen auswirken würde, konnten die Ingenieure nicht berechnen. Deshalb gingen sie auch in diesem Punkt auf Nummer sicher und verbannten die Autos von den Baustelle.

Die Ruhe, insbesondere in der Nacht, nutzen weniger angenehme Zeitgenossen auf ihre Art und Weise. „Wir haben täglich die Polizei auf der Baustelle. Es ist mittlerweile Standard, dass auf solch einsam gelegenen Baustellen vieles gestohlen wird – seien es Stahl, Kabel oder Diesel aus dem Tank der Baufahrzeuge“, sagt Klaus Ullrich. Autobahnbaustellen, wo Tag und Nacht Verkehr herrscht, erfreuen sich bei den Bauunternehmen wesentlich größerer Beliebtheit; hier wird dank der permanenten Überwachung kaum etwas gestohlen. Den Verlust kalkulieren die Firmen in den mit Preis mit ein – oder die Personalkosten für einen Nachtwächter.

Baustelle mit Aussicht im Zeitplan
Baustelle mit Aussicht im Zeitplan
Klaus Ullrich, Baudirektor beim Regierungspräsidium Stuttgart, vor der knapp 100 Meter langen Bohrpfahlwand, aus der noch die An
Klaus Ullrich, Baudirektor beim Regierungspräsidium Stuttgart, vor der knapp 100 Meter langen Bohrpfahlwand, aus der noch die Anker-Stahlrohre herausragen.Foto: Deniz Calagan