Lokales

Blauröcke marschbereit, wenn der Notruf kommt

Bissinger Floriansjünger wollen Partnerwehr in Pillnitz bei den Aufräumarbeiten nach der großen Flut unterstützen

Gespannt verfolgen die Bissinger Floriansjünger, was sich in diesen Tagen an der Elbe abspielt. Würde die Feuerwehr des Dresdner Stadtteils Pillnitz um Hilfe rufen, so wären die Bissinger, wie beim Jahrhunderthochwasser 2002, sofort bereit, ihre sächsischen Kameraden zu unterstützen.

Bissingen. Die Lage in Dresden ist dramatisch. Stadtteilfeuerwehren, THW und viele weitere Helfer sind im Dauereinsatz. Das sächsische Innenministerium warnt vor großflächigen Überschwemmungen. Zusätzliche Wassermassen ergießen sich aus der tschechischen Moldau in die Elbe. Gestern schilderte der stellvertretende Wehrleiter der Pillnitzer Floriansjünger, Thiemo Matzkat, dem Kommandaten der Bis­sin­ger Partnerwehr, Bernhard Greiner, aktuell die Situation vor Ort. Die Wassermassen steigen weiter. Die Elbe erreichte inzwischen einen Pegel von neun Metern, 40 Zentimeter unter dem Pegelhöchststand von 2002. Normal sind etwa zwei Meter. Mit dem Scheitelpunkt rechnet Thiemo Matzkat heute.

Seit Tagen kämpfen die 29 Männer und Frauen der Freiwilligen Feuerwehr Pillnitz, seit 1950 Stadtteil von Dresden, gegen das zweite Jahrhunderthochwasser an der Elbe innerhalb von elf Jahren. Sandsäcke verbauen, Hochwasserschutzwände installieren, Keller auspumpen, umgestürzte Bäume entfernen, verstopfte Abflüsse freilegen, das Mobiliar aus dem Untergeschoss des am Elbufer liegenden Schlosses von Pillnitz in Sicherheit bringen und sowohl das Schloss selbst als auch das Schloss-Café gegen die steigenden Fluten sichern, ebenso den Friedhof im Nachbarstadtteil Hosterwitz und die dortige Kirche „Maria am Wasser“ – wobei sich der stellvertretende Wehrleiter, das entspricht in Baden-Württemberg dem stellvertretenden Kommandanten, gestern nicht sicher

war, ob die Sandsackdämme um die Kirche das Wasser zurückhalten können.

Thiemo Matzkat geht davon aus, dass sich die Lage an der Elbe nach Erreichen des Scheitelpunktes in Dresden im Laufe von drei bis vier Tagen wieder entspannt. Dann kann mit dem Auspumpen der Keller und den Aufräumungsarbeiten begonnen werden. Maßgebend dafür ist aber nach seiner Aussage die Höhe des Grundwasserspiegels. Ist der zu hoch, dürfen die Gebäude nicht ausgepumpt werden. Diese würden sonst aufgeschwemmt, die Wände könnten einstürzen.

Währenddessen bleibt den Bis­sin­ger Feuerwehrleuten nichts anderes übrig, als zu warten bis der Anruf aus Pillnitz kommt. Grünes Licht, um in Sachsen helfen zu dürfen, gaben der Landkreis und das Bürgermeisteramt bereits, berichtet Kommandant Bernhard Greiner. Jetzt geht es darum, festzustellen, wer von den Bissinger Floriansjüngern kurzfristig Urlaub nehmen könnte, sollten die Pillnitzer die Partnerwehr im Schwabenland um Hilfe bitten. Wie damals, Mitte August 2002, als neun Mann in der Seegemeinde Pumpen, Schubkarren, Schaufeln, Arbeitsklamotten und Rohrstiefel in zwei Feuerwehrautos packten und gen Sachsen fuhren. Fünf Tage lang waren sie in der sächsischen Metropole im Einsatz und halfen, wo sie die Einsatzleitstelle Dresden-Nord gemeinsam mit der Pill­nitzer Stadtteilwehr hinbeorderte.

Wieder zurück unter der Teck sammelten die Bissinger Floriansjünger Spenden für die Flutopfer. Im November 2002 überreichte der damalige Feuerwehrkommandant Karl Weil Pfarrerin Ulrike Birkner-Kettenacker in der Pillnitzer Weinbergkirche einen Scheck über 6 449 Euro. Weitere Spenden kamen hinzu, sodass die von der Flutkatastrophe Betroffenen mit insgesamt rund 10 113 Euro unterstützt werden konnten. Im Februar 2003 wurden die Bissinger Einsatzkräfte für ihre freiwillige Hilfe vom Land Sachsen mit dem „Sächsischen Fluthelfer-Orden 2002“ ausgezeichnet.

Der Kontakt zu den sächsischen Blauröcken kam über zwei ehemalige Pillnitzer zustande, die heute die Uniform der Bissinger Feuerwehr tragen.