Lokales

Brückenbauer zwischen den Ethnien

Pfingsttreffen der Bulkeser Ortsgemeinschaft in Kirchheim – Nachwuchsprobleme wachsen

Alle zwei Jahre wird Kirchheim zum Treffpunkt für die Heimatortgemeinschaft Bulkes. Aus ganz Deutschland, Österreich und sogar aus Kanada reisten in diesem Jahr wieder viele Donauschwaben in die Teckstadt, um die Erinnerungen an ihre ehemalige Heimat im heutigen Serbien lebendig zu halten.

Kranzniederlegung Alter Friedhof Bulkesertreffen
Kranzniederlegung Alter Friedhof Bulkesertreffen

Kirchheim. Zum 32. Mal versammelten sich Bulkeser am Wochenende in ihrer „liebgewordenen Patenstadt“ Kirchheim. Doch die Schar der Gäste, die sich am Sonntag in der Stadthalle einfand, ist wieder kleiner geworden. Viele von jenen, die noch zur Erlebnisgeneration gehören, sind gesundheitlich nicht mehr in der Lage, an den Treffen teilzunehmen, berichtete Vorstand Karl Weber. Und einige sind für immer gegangen. Allein drei Ausschussmitglieder seien seit der letzten Zusammenkunft 2010 verstorben.

Die Heimatortgemeinschaft steht damit vor Problemen: „Wir sind in Personalnot“, bringt es Wilhelm Bauderer auf den Punkt. Er hat das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden kommissarisch seit dem Rücktritt von Otto Harfmann übernommen. Mit dem Kirchheimer hat das einzige Mitglied der nachkommenden Genration den Heimatausschuss verlassen. Nun brauche die Vereinsspitze Unterstützung oder müsse sich verjüngen, so Bauderers dringender Appell an die Mitglieder der Bulkeser Heimatortgemeinschaft. „Sonst gibt es vielleicht niemanden mehr, der in zwei Jahren zu dem Treffen einlädt“, warnte er.

In Gesprächsrunden versuchten die Ausschussmitglieder, neue Mitarbeiter zu gewinnen. Dabei gehe es nicht darum, gleich ein Amt zu übernehmen, so Bauderer. Jeder könne sich im Rahmen seiner Möglichkeiten beteiligen, richtete der zweite Vorsitzende seinen Aufruf an alle, die sich mit Bulkes verbunden fühlen.

Unterstützung ist der Heimatortgemeinschaft von Seiten Kirchheims gewiss. „Wir unterstützen Sie, die nachfolgende Generation anzusprechen, damit die Wurzeln erhalten bleiben“, bekräftigte Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker die Zusage, die die Teckstadt bereits mit der Patenschaft vor fast 50 Jahren an die Bulkeser gegeben hatte.

Dass dem Stadtoberhaupt die Bulkeser nicht nur ans, sondern ins Herz gewachsen sind, brachte die Oberbürgermeisterin in ihrem Grußwort deutlich zum Ausdruck. „Es gibt Menschen, die halten solche Treffen für rückwärtsgewandt. Ich denke das nicht“, strich sie die Bedeutung des Bandes der Dorfgemeinschaft für die Vertriebenen heraus. „Bulkes lebt, solange Bulkeser leben“, erklärte sie.

Trotz tiefster Verletzungen, dem Verlust von Heimat und oftmals auch dem Verlust von Angehörigen, gehe es den Heimatortgemeinden wie Bulkes nicht um Vergeltung, so Angelika Matt-Heidecker. Vielmehr seien die Donauschwaben wie die Bulkeser Brückenbauer zwischen dem deutschen und dem serbischen Volk. „Eine vornehme innereuropäische Mission“, nannte es das Kirchheimer Stadtoberhaupt. Zudem ein echter „Aktivposten“, der das Bild der Teckstadt zum dem gemacht habe, was es heute sei.

Umso mehr bedauerte Angelika Matt-Heidecker, dass die serbische Delegation aus Maglic, wie Bulkes heute heißt, absagen musste. Denn inzwischen gibt es deutliche Zeichen der Annäherungen zwischen den ehemaligen Einwohnern und den Serben, wie in den Berichten deutlich wurde. So ging im vergangenen September der langgehegte Wunsch nach einer Gedenktafel in Maglic in Erfüllung. Die Einsicht, dass die Geschichte ihres Ortes nicht erst nach 1945 begonnen habe, wachse, stellte Angelika Matt-Heidecker fest.

Nicht überall freilich ist das spürbar. Wie Josef Jerger vom Weltdachverband der Donauschwaben berichtet, gebe es in der Diskussion um Vertreibung, Tötung und Umerziehung von tausenden von Kindern immer noch viele Meinungen, die die Taten des Tito-Regimes verleugneten. Auch die Gedenkstätte am Lager in Jarek lasse nach wie vor auf sich warten: „Die Verwaltung in Temerin und in Backi Jarak treiben Schindluder mit den Gefühlen und der Trauer der Hinterbliebenen der dort in den Massengräbern verscharrten Angehörigen“, so Jerger.

Immerhin hat das serbische Parlament vor kurzem ein Gesetz zur Entschädigung von Enteignungen verabschiedet. Und auch das Entgegenkommen der Gemeindeverwaltung von Maglic, die sich wie selbstverständlich der Pflege der neuen Gedenkstätte angenommen hat, macht dem Donauschwaben Hoffnung.