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CDU geht zuversichtlich in den Wahlkampf

Unionsabgeordnete aus den Wahlkreisen Nürtingen und Esslingen stellten sich Fragen der Basis

Nicht mehr ganz 100 Tage sind es bis zur Bundestagswahl. Nun haben CDU-Bundestags- und -Landtagsabgeordnete die Mitglieder auf den Wahlkampf eingestimmt. Strittige Themen wie Mindestlohn oder Homo-Ehe schienen aber bei der Nürtinger Basis keine Aufreger zu sein.

Nürtingen. Das Wetter lud eher zum Grillen als zum politischen Diskurs. Umso erstaunlicher war es, dass etwa 100 CDU-Mitglieder zur Mitgliederversammlung des Kreisverbands kamen, um sich von den Bundestagsabgeordneten Michael Hennrich und Markus Grübel auf den Wahlkampf einschwören zu lassen.

Markus Grübel gab sich kämpferisch: „Auch wenn es knapp wird, müssen wir eine Koalition mit der FDP erreichen. Was dabei herauskommt, wenn ein Land von Sozialisten regiert wird, sieht man in Frankreich.“ Als große Herausforderungen sieht Grübel, dem demografischen Wandel zu begegnen und die Staatsschuldenkrise zu lösen. Auch müsse man die Energiewende schaffen. Bei Bildung und Forschung setzt Grübel auf die deutschen Kompetenzen zur Entwicklung der E-Mobilität. Eine Lösung müsse auch für die immer älter werdende Gesellschaft und die damit verbundene steigende Zahl der Demenzkranken gefunden werden. Die Steuern wolle man allerdings nicht erhöhen. „Das Steueraufkommen ist so gut, dass die öffentlichen Haushalte mehr eingenommen als ausgegeben haben“, sagte der Esslinger Bundestagsabgeordnete, der 2015 mit einer CDU/FDP-Koalition einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen will.

Der Nürtinger Abgeordnete Michael Hennrich zeigte sich mehr als zuversichtlich, dass „wir die Wahl mit einem tollen Ergebnis gewinnen“. Auch er sieht die Staatsschuldenkrise als eines der wichtigen Themen im Wahlkampf. „Und wir brauchen eine unionsgeführte Regierung, um auch überwachen zu können, ob alles so gemacht wird, wie wir es auf den Weg gebracht haben“, sagte Hennrich. Ihn hat überrascht, wie stark die Immobilienkrise diskutiert wird – ein Thema, bei dem sich der Abgeordnete als Vorsitzender von „Haus und Grund Baden-Württemberg“ gut auskennt. „Doch was macht Wohnen teuer?“, fragte Hennrich. Als Verursacher macht er die Nebenkosten aus, die in den letzten zehn Jahren um 55 Prozent gestiegen seien. Keine Lösung für dieses Problem sieht Hennrich allerdings in der Mietpreisbremse. Um Mieterhöhungen angemessen zu begegnen, sei die Kappungsgrenze von 20 Prozent, in schwierigen Gegenden auch von 15 Prozent, die geeignetere Lösung.

Ein klares Bekenntnis zum Ehegattensplitting kam von den beiden Abgeordneten, als dieses Thema aus dem Publikum angesprochen wurde. Und auch zum Steuersplitting für gleichgeschlechtliche Paare sagte Markus Grübel: „Das müssen wir machen und das machen wir auch.“ Das Verfassungsgericht habe die Koalition viermal dazu aufgefordert, und „dann müssen wir das auch mal kapieren“. Nicht einverstanden ist Grübel mit dem Adoptionsrecht für homosexuelle Paare. „Möglicherweise verpasst uns das Verfassungsgericht hier die fünfte Ohrfeige, und als verfassungstreue Partei müssen wir das akzeptieren“, sagte er.

Zur ungleichen Rentenerhöhung in Ost und West nahm Michael Hennrich Stellung: Rente nach Kassenlage gebe es in Deutschland nicht. Rente werde nach der Rentenformel berechnet, ein System, das hochkomplex sei, sich aus Lebenshaltungskosten, der Arbeitsmarktsituation und der Lohnentwicklung zusammensetze. „Es gibt einen Automatismus, in den wir besser nicht eingreifen“, sagte Hennrich.

Eine Besucherin sorgte sich, dass immer mehr Zuwanderer nach Deutschland kommen. Doch dies konnte Markus Grübel nicht bestätigen. „Zurzeit reisen mehr aus als ein und die, die einreisen, haben im Schnitt ein höheres Bildungsniveau als mancher Deutsche.“ Ein Problem räumte Grübel bei Sinti und Roma ein, da diese meist nicht gut qualifiziert und meist auch nicht gut integrierbar seien. „Das Innenministerium prüft derzeit, die Zuwanderung zu begrenzen. Aber man muss auch sehen: In ihrer Heimat werden sie schlechter behandelt als Haustiere. Ich warne davor, eine Stimmung zu erzeugen, dass wir von Zuwanderern überflutet werden“, sagte der Esslinger Abgeordnete. Er sprach sich auch gegen den gesetzlichen Mindestlohn aus, will eher eine von den Tarifparteien ausgehandelte Lohnuntergrenze, da die Lebensbedingungen in Deutschland und auch das Lohnniveau in verschiedenen Berufssparten unterschiedlich seien.

Auch die CDU-Landtagsabgeordneten bekamen Gelegenheit, ihre Arbeit und ihre Überzeugungen darzulegen. So sieht der Nürtinger Abgeordnete Thaddäus Kunzmann die zentrale Herausforderung in der Schulpolitik. „Die Rektoren und Lehrer machen sich Sorgen, wie es mit der Schulpolitik im Land weitergeht.“ Den Wegfall der Grundschulempfehlung hält Kunzmann für einen Fehler. Realschullehrer berichteten, dass es inzwischen Schüler in fünften Klassen gebe, die dem Unterricht nicht mehr folgen könnten. Die Gemeinschaftsschule werde von Lehrerseite nicht akzeptiert. Die Realschulen hätten Angst um ihre Existenz. „Die Qualität der Schulabschlüsse muss erhalten bleiben, damit junge Menschen ausbildungsfähig sind.“

Karl Zimmermann brach eine Lanze für den Ex-Ministerpräsidenten Stefan Mappus, der am vergangenen Freitag im Untersuchungsausschuss aussagte. „Er hat für mich Sachbeweise geliefert, die das Verfahren gegen ihn strafrechtlich widerlegen. An ihm wird nichts hängen bleiben.“

Der Meinung war der Esslinger Abgeordnete Andreas Deuschle nicht. Rechtlich werde die Staatsanwaltschaft entscheiden. „Fakt ist aber: der EnBW-Deal war verfassungswidrig. Ob er wirtschaftlich clever war, sei mal dahingestellt“, sagte Deuschle. Aber wer die Verfassung bricht, sollte nicht vorrangig über wirtschaftliche Aspekte sprechen. „Uns ist die Aufklärung genauso wichtig.“ Auch die Indiskretionen aus dem Untersuchungsausschuss hält Deuschle für nicht sehr clever, wenn sie auch nicht illegal waren. Es habe keine Kontaktsperre zu ehemaligen Koalitionsmitgliedern gegeben. Der Esslinger Abgeordnete plädierte für einen sachlichen Umgang mit dem Thema, „damit der Bürger daran glaubt, dass das Aufklärungsinteresse auch bei der CDU liegt“.