Lokales

„Das ist richtig trostlos“

Obstbauern klagen über ganz schlechtes Kirschenjahr – Frühjahr war zu nass und kalt

Es ist tragisch für viele Obstbauern in der Region: Die Kirschenernte fällt in diesem Jahr so schlecht aus wie lange nicht mehr. Das kalte und vor allem nasse Frühjahr hat den Bäumen arg zugesetzt.

Den Kirschbäumen in der Region hat der lange Regen der vergangenen Wochen sichtlich nicht gutgetan. Bei diesem Anblick blutet Ka
Den Kirschbäumen in der Region hat der lange Regen der vergangenen Wochen sichtlich nicht gutgetan. Bei diesem Anblick blutet Karl Class aus Hepsisau das Herz.Fotos: Jean-Luc Jacques

Kreis Esslingen. „Normalerweise müsste um diese Zeit alles rot leuchten“, sagt Karl Class aus Hepsisau, während er ratlos an seinen Kirschbäumen entlanggeht. Die wenigen, zum Teil aufgeplatzten oder gar verschrumpelten Kirschen, die an den Bäumen hängen, sind für den Edelbrandbrenner ein Trauerspiel. „Es ist einfach trostlos“, sagt er.

Kirschwasser brennen kann Karl Class in diesem Jahr wohl nicht. Und am Straßenrand Hepsisaus kann er vermutlich nur wenige Kirschen zum Kauf anbieten. „Wir haben einen Ausfall bei der Kirschenernte von 95 Prozent“, bedauert er.

So wie Karl Class geht es in diesen Tagen vielen Menschen in der Region rund um die Teck. Das kalte und nasse Frühjahr hat den Kirschbäumen erheblich zugesetzt. „Es sind nur wenige Bienen geflogen. Die Befruchtung fehlte“, erklärt Michael Veith, Obstbaumpfleger und Mitglied des Obst- und Gartenbauvereins (OGV) Owen. Außerdem habe der viele Regen im Frühjahr dafür gesorgt, dass „die Bäume dauernd nass waren“. Pilzkrankheiten konnten sich deshalb verstärkt ausbreiten.

„Eine so schlechte Kirschenernte habe ich in den vergangenen 20 Jahren nicht erlebt“, sagt Michael Veith. Das bestätigt Walter Schumann vom OGV Hepsisau: Er erinnert sich an das Jahr 1981, als ebenfalls so gut wie keine Kirschen geerntet werden konnten. Besonders tragisch sei in diesem Jahr der Hagel gewesen, den die Hepsisauer am 12. Mai erleben mussten. „Da war es schon absehbar, dass die Kirschenernte extrem schlecht wird“, ergänzt Karl Class.

Nicht besser sieht es in Neidlingen aus: „Unser Ertrag liegt vermutlich zwischen zehn und 15 Prozent eines normalen Kirschenjahres“, sagt der Neidlinger OGV-Vorsitzende Kurt Hepperle, der seine süßen Früchte in der Regel an der Durchgangsstraße der Reußensteingemeinde feilbietet. Wer seine Bäume nicht gespritzt habe, blicke komplett in die Röhre. „Diese Bäume sehen ganz schlecht aus“, winkt Hepperle ab.

Das können Karl Class, Walter Schumann und Michael Veith bestätigen. „Die Blätter dieser Bäume sind braun – wie im Herbst“, sagt Karl Class. Die vier Experten legen deshalb allen Obstbauern und Streu­obstwiesenbesitzern ans Herz, ihre Bäume zu pflegen. „Dazu gehören Pflanzenschutzmaßnahmen und das regelmäßige Schneiden“, sagt Karl Class und betont, dass man auch mit Kupfer oder Schwefel spritzen könne. „100 Prozent Bio ist nicht möglich.“ Das liege daran, dass die Kirschfruchtfliege, also der Wurmbefall, immer mehr um sich greife. „Und das hängt wiederum damit zusammen, dass an vielen Bäumen keine Pflanzenschutzmaßnahmen durchgeführt werden“, erklärt Michael Veith.

Er ergänzt, dass Kirschbäume schlichtweg empfindlicher auf Wetterextreme reagierten als zum Beispiel Apfelbäume. Und diese Extreme würden leider immer häufiger vorkommen. Der Obstbaumpfleger sieht für viele alte Kirschbäume, die nicht gepflegt und gespritzt wurden, praktisch keine Überlebenschance. „Man muss damit rechnen, dass diese in den nächsten Jahren eingehen.“

Den vier Obstbauern jedenfalls blutet das Herz, wenn sie derzeit über ihre Wiesen und Plantagen gehen. „Man hat die Bäume geschnitten und gedüngt und die Grundstücke gemäht“, erzählt Karl Class von der aufwendigen Arbeit. „Und jetzt hat man keinen Gewinn.“

Den Kirschbäumen in der Region hat der lange Regen der vergangenen Wochen sichtlich nicht gutgetan. Bei diesem Anblick blutet Ka
Den Kirschbäumen in der Region hat der lange Regen der vergangenen Wochen sichtlich nicht gutgetan. Bei diesem Anblick blutet Karl Class aus Hepsisau das Herz.Fotos: Jean-Luc Jacques