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Das neue Gotteslob klingt gut

Walter Hirt gewährt Einblicke ins neue Gesangbuch für Rottenburg-Stuttgart

, kathol. Gemeindehaus Sankt Ulrich, Festvortrag zu 25 J. kath. Kinder-u.Jugendchor Kirchheim und 125 J. Kathol. Kirchenchor Kir
, kathol. Gemeindehaus Sankt Ulrich, Festvortrag zu 25 J. kath. Kinder-u.Jugendchor Kirchheim und 125 J. Kathol. Kirchenchor Kirchheim, mit Diözesanmusikdirektor Walter Hirt, Amt für Kirchemusik Rottenburg (am Rednerpult)

Kirchheim. Wenn der Katholische Kirchenchor der Kirchheimer Gesamtkirchengemeinde auf ein 125- jähriges Bestehen zurückblicken kann, ist das zweifellos ein Grund

„zum dankbaren Rückblick, zum fröhlichen Feiern und Anlass zum nachdenklichen Rückblick“, wie der Erste Vorsitzende Markus Geisinger einleitend feststellte.

Wenn es seit 25 Jahren dazu auch einen Katholischen Kinder- und Jugendchor gibt, ist die Freude noch größer, denn die Zukunft eines Chores steht und fällt schließlich mit einer frühzeitig begonnenen und über die Jahre erfolgreich praktizierten Nachwuchsarbeit.

Mit einer großen „Stunde der Kirchenmusik“ wurden die Besucher der konzertanten Jubiläumsfeier am gestrigen Abend in der Kirche Maria Königin reich beschenkt. Zu hören waren dabei auch Lieder aus dem neuen Gesangbuchs„Gotteslob“, das am Vorabend des ersten Advents mit einer Nacht der offenen Kirchen feierlich eingeführt werden soll. Ein ganz besonderes „Geschenk“ hatte Laudator Walter Hirt den Jubilaren schon am Freitagabend mit seinem erwartet fundierten Festvortrag gemacht und versprochen „Das neue Gotteslob . . . klingt gut“.

Der viel beschäftigte Diözesanmusikdirektor vom Amt für Kirchenmusik in Rottenburg war in die Teckstadt gekommen, um seinen Gastgebern zu gratulieren und sie auf die Ausnahmesituation ihres zu feiernden Doppeljubiläums aufmerksam zu machen. Das Festjahr der beiden Chöre wird schließlich untrennbar mit dem Erscheinen des die nächsten Jahre und Jahrzehnte maßgeblich bestimmenden neuen Gebets- und Gesangbuch der katholischen Diözesen Deutschlands und Österreichs sowie der Diözesen Bozen-Brixen und Lüttich verbunden bleiben.

Dass schon zu Beginn der 2001 begonnenen und inzwischen abgeschlossenen Arbeiten am neuen Standardwerk manche Kritiker ketzerisch fragten: „Warum ein neues Buch, wenn wir das alte doch noch gar nicht kennen?“, ließ er aber nicht gelten. Mit großer Ernsthaftigkeit, um Vollständigkeit bis in kleinste Details genauso bemüht wie um immer wieder gut gewählte und a capella gesungene Beispiele zur besseren Veranschaulichung, gewährte der versierte Insider interessante Einblicke in die Tücken der hinter ihm liegenden und viele Jahre währenden „hymnologischer Schwerstarbeit“. Dass er trotz aller „Strapazen“ und anstrengenden Debatten seinen ironisch-süffisanten und zuweilen auch provozierenden Humor stets bewahrt hat, konnte Walter Hirt ebenfalls nachhaltig belegen.

Unmissverständlich deutlich wurde, wie stark sich der Diözesanmusikdirektor mit diesem epochemachenden kirchenmusikalischen Meilenstein identifiziert, der ja beileibe nicht nur das Repertoire der Diözese Rottenburg – Stuttgart repräsentiert und eine sorgsamst ausgewählte Sammlung von Liedern darstellt, sondern auch wichtige geistige Impulse geben soll für das dadurch göttlich inspirierte alltägliche Leben.

Wichtig war Walter Hirt daher der Hinweis, dass das 1975 erschienene Gesangbuch „Gotteslob“ den Glauben voraussetzte, während die mühevoll und gewissenhaft „für Hände und Herzen“ gleichermaßen konzipierte Neuausgabe die großartige Chance eines neuen Gotteslobes in sich berge. Hier werde ganz gezielt versucht zu erklären, Handreichungen anzubieten und auch verstärkt generationsübergreifend zu wirken.

Liturgische Feiern könnten dadurch verlebendigt, persönliche Gottesbeziehungen intensiviert und Grundlagen des geistlichen Lebens vermittelt werden. Ziel müsse dabei immer sein, das Bewusstsein für die spirituelle Relevanz der vielen vertrauten, aber auch der neu hinzugekommenen Lieder zu schärfen, und das Singen „als Grundvollzug des Glaubens“ ins Bewusstsein zu bringen“. Gesungen werde nicht nur über das, „was wir glauben“, sondern kirchlicher Gesang sei zunächst vor allem auch ein untrügliches Zeichen dafür, „dass wir überhaupt glauben“.

Auf der Basis seines tiefen Wissens um die über viele Jahre sich hinziehende Entstehungsgeschichte und um das damit verbundene oft schwere Ringen machte Walter Hirt seinem Publikum bewusst, warum das Sammeln von Lieder sich sehr gut mit dem Ausbalancieren eines Mobiles vergleichen lässt. Auch hier hätten einige wenige Veränderungen immer sofort auch schwerwiegende Auswirkungen auf das Gesamtgefüge.

Der Anspruch einer insgesamt ausgewogenen Mischung war den für die schwierige Auswahl Verantwortlichen dabei grundsätzlich wichtiger als das einzelne Lied. Bei unterschiedlichen Fassungen wurde vorwiegend auf überlieferte Varianten zurückgegriffen und auf „aktualisierende“ Eingriffe eher verzichtet.

Wie demokratisch es bei diesem Projekt für 40 Diözesen um knapp vier Millionen Bücher in insgesamt 24 verschiedenen Diözesanausgaben dennoch zuging, zeigte Walter Hirt an einem Lied auf, das in gleich zwei Fassungen aufgenommen wurde, um dem hymnologischen Sachverstand genauso gerecht zu werden wie der gerade bei diesem Punkt extrem stark aufbrandenden Emotionalität.

Während die für die Gesamtauswahl verantwortlich zeichnende Kommission sich bei „Von guten Mächten treu und still umgeben“ klar und „mit guten Argumenten“ für die Melodiefassung des Leipziger Kirchenmusikers Kurt Grahl ausgesprochen hatte, votierte „eine erdrückende Mehrheit“ der für die Vorab-Erprobung der neu erarbeiteten Lieder und Gesänge ausgewählten 188 Kirchengemeinden genauso dezidiert dafür, „den süßlich-wiegenden Tonfall“ der am häufigsten rezipierten Fietz-Melodie beizubehalten.

Es gibt also zweifellos viel zu entdecken und noch mehr zu singen, um damit Walter Hirts Forderung umzusetzen, wenn es darum geht, als Chormitglied einer der vielen „Transmissionsriemen“ zu sein, die die Schöpfungsgeschichte zum Klingen bringen. Dekanatskirchenmusiker Thomas Specker, der seit 1987 die Leitung des Chores innehat, dankte abschließend dem sich mit Leib und Seele mit seiner Arbeit identifizierenden Festredner und bei Ada Aria (Violine) und Rainer Maria Rückschloss (Klavier) für die „absolut hochklassige musikalische Gestaltung“ des Festabends.

Ihnen war es gelungen, ein Gespür dafür zu vermitteln, dass Musik tatsächlich viel mächtiger sein kann als das gewaltigste gesprochene Wort. Sie hatten die lange aber stets kurzweilige Abfolge detailliert unterbauter Theorie immer wieder mit imposant in die Praxis umgesetzten konzertanten Kostbarkeiten von Mozart, Bach und Brahms „unterbrochen“ und damit maßgeblich zum Erfolg des eindrucksvollen und Einsichten mehrenden Festabends beigetragen.