Lokales

Die „Höchststrafe“ ist Vergangenheit

Bei der Landesprämierung 2013 werden in drei Tagen 2 071 Brände und Liköre bewertet

Ein sehr reintöniger Geruch, ein klar fruchttypisches und voll aromatisches Aroma und ein harmonischer Abgang: Das ist das Beste, was einem Obstbrand passieren kann. 2 071 Proben werden bei der dreitägigen Landesprämierung 2013 in der Schurwaldhalle bewertet. Etwa für jede fünfte dürfte es „Gold“ geben.

Die Prämierung der über 2¿000 Brände und Liköre bedeutet harte Arbeit für die Prüfer.Foto: Peter Dietrich
Die Prämierung der über 2¿000 Brände und Liköre bedeutet harte Arbeit für die Prüfer.Foto: Peter Dietrich

Aichwald. Drei Tage lang sind Gruppen mit je drei Prüfern an der Arbeit, heute ist ihr letzter Tag. Für diese Aufgabe sind sie intensiv geschult und getestet worden. Kann ein Prüfer aus drei Proben die eine abweichende erkennen? Bemerkt er Salz, Zucker und Essig richtig? Theorie gehört ebenso zum zweitägigen Sensorikseminar. „Wir müssen sicher sein, dass die Leute, die bei uns kosten, eine umfangreiche Produktkenntnis haben“, sagt Thomas Senn, Dozent am Institut für Lebensmittelwissenschaft und Biotechnologie der Universität Hohenheim.

Solche Kenntnisse hat auch die aktuelle Destillatkönigin Carmen Armbruster. Die junge Dame kommt nicht nur aus einer Familie, in der gebrannt wird, sie brennt auch gelegentlich selbst. „Durch die Prämierung hat jeder Brenner die Möglichkeit, sich selbst einzuschätzen“, sagt Armbruster.

Am 21. Juli werden, ebenfalls in der Schurwaldhalle, die Urkunden verteilt. Bei der letzten Prämierung vor zwei Jahren bekamen gut 20 Prozent der Brände und Liköre Gold, etwa 35 Prozent Silber und gut 20 Prozent Bronze. Der Rest, also rund ein Viertel, fiel durch. „In den letzten 20  Jahren ist die Qualität dramatisch angestiegen“, sagt Senn. „Mirabellen zu kosten, war früher die Höchststrafe. Heute sind die auf dem Level wie andere Brände auch.“ Das liegt unter anderem an der Prämierung: Die Kleinbrenner erhalten die ausführlichen Bewertungsbögen. So wissen sie, woran sie noch arbeiten sollten.

Rund 2 000 Brenner zählt der Landesverband der Klein- und Obstbrenner Nord-Württemberg. „Wir haben auch einige Hundert Proben aus Südwürttemberg“, sagt der Erste Vorsitzende Karl Müller, „denn dort gibt es keine eigene Prämierung.“ So fanden Proben bis vom Bodensee in den Schurwald. Sie wurden zu Sammelstellen gebracht und von einem Kurier abgeholt. Der eine Brenner begnügt sich mit einer einzigen Probe, andere reichen jede Menge ein. Es kann sein, dass ein Prüfer über seine eigene Probe urteilt. „Erkennen wird er sie nicht“, sagt die stellvertretende Vorsitzende Beate Kottmann. Die Proben gelangen anonym zu den Prüfern, immer vier Proben gemeinsam, sie tragen eine vierstellige Nummer.

In jeder Kategorie – zum Beispiel dem Geruch – werden ein bis fünf Punkte vergeben. Weichen die drei Prüfer in ihrer Beurteilung um mehr als einen Punkt ab und können sich auch im Gespräch nicht einigen, muss die Probe zu einer anderen Prüfergruppe zur Schiedsprobe. „Das kam gestern den ganzen Tag über nur fünf- oder sechsmal vor“, sagt Müller. Zwischendurch gibt es zum Neutralisieren Leitungswasser und Brot, neben jedem Stuhl steht ein Eimer zum Ausspucken. Neben den Prüfern sind rund 30 Ehrenamtliche mit dem Vorbereiten der Proben, dem Eingeben der Ergebnisse und anderem beschäftigt. Die Gemeinde Aichwald spielt gerne den Gastgeber, nun schon zum neunten Mal. „Damit fördern wir den Erhalt der Streuobstwiesen“, sagt der stellvertretende Bürgermeister Albert Kamm, als er mal in einige Proben hineinschnupperte.

Was passiert nach der Prämierung mit 2 071 angebrochenen Flaschen? „Die mit Gold und Silber prämierten Brände werden zum Verbandsdestillat“, sagt Müller. Dieses werde unter anderem bei der Internationalen Grünen Woche ausgeschenkt. Und die durchgefallenen Brände? „Die nehmen wir mit auf die Schulung“, sagt Senn.