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Die „Oma-Linde“ ist schwer krank

Vor der Entscheidung über einen großen Rückschnitt des Baums will der Gemeinderat erst Angebote

Das Schicksal meint es in den vergangenen Jahren nicht gut mit den alten Linden in Wellingen: Sie zerbersten im Sturm oder müssen wegen Pilzbefalls gefällt werden. Nun sieht es auch für eine der „Vier Linden“ am Grillplatz schlecht aus.

Die „Oma-Linde“ ist schwer krank

Notzingen. „Die Linde könnte noch einige Jahre erhalten werden. Eins muss aber klar sein: Sie ist dann nicht mehr die Linde, die sie vor dem Rückschnitt war. Es müssen viele obere Äste weg“, stellte Notzingens Bürgermeister Jochen Flogaus gleich zu Beginn des Tagesordnungspunktes während der letzten Sitzung des Gemeinderats in diesem Jahr klar.

Mitglieder des Ausschusses für Technik und Umwelt schauten sich den großen Baum an, Ende Oktober dann auch Mitarbeiter des Ingenieur- und Sachverständigenbüros Katzmaier und Müller aus Welzheim. Deren Gutachten lag nun dem Gemeinderat vor. Wie bei der Linde am Wellinger Kirchle sieht es bezüglich der Verkehrssicherheit schlecht aus. Da die „Vier Linden“ ein beliebter Grillplatz außerhalb des Ortes sind, besteht für die neue Saison Handlungsbedarf. „Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder wir lassen den Baum wie er ist und schließen den Grillplatz, oder wir setzen die Maßnahmen um, die das Büro vorgeschlagen hat“, sagte Jochen Flogaus. Da es sich um ein Naturdenkmal handelt, geht er nicht davon aus, dass es eine Genehmigung für das Fällen des Baumes gibt.

Die Untersuchung der Fachleute ergab, dass die Linde zwar standsicher aber nicht bruchsicher ist und der Baum „über eine stark verminderte Vitalität“ verfügt. Der Grund: Der Stamm ist hohl und verfault. „Das derzeitige Grün in den Ästen der Linde sind alles Misteln“, sagte Jochen Flogaus. Trotzdem ist der Baum laut Gutachten aufgrund seiner Funktionalität und Wirkung vor Ort als ökologisch hochwertiger Baum eingestuft. Neben dem Status des hochwertigen Altbaums komme dabei der Biotopvernetzungsfunktion eine wesentliche Bedeutung zu. Die Linde dürfte zwischen 180 und 200 Jahre alt sein und ist der letzte Baum des Ensembles aus den einstmals vier Linden. Alle anderen Bäume der heutigen Gruppe wurden je nach Abgang nachgepflanzt. Das Büro schlägt nun für die älteste in der Runde vor, Totholz und Bruchäste in der Krone zu entfernen. Um die Krone zu entlasten soll der Baum in der Höhe um etwa fünf Meter und die „seitliche Ausladung“ um rund drei Meter gekürzt sowie insgesamt ausgelichtet werden – in arttypischer „Ausformung“. Außerdem müsste die Hälfte der Misteln abgeschnitten und der Boden vitalisiert werden. Trotz all dieser Maßnahmen schlägt der Gutachter aus Sicherheitsgründen vor, die Tische und Bänke des Grillplatzes außerhalb des Kronenbereichs des kranken Baums aufzustellen. Wichtig wäre zudem eine jährliche „Sichtkontrolle“.

Vor einer Entscheidung hätte Barbara Ziegler jedoch gerne die Kosten erfahren, ob sich die ganze Sache überhaupt rentiert. Um weiterhin vier Linden an dem schönen Fleckchen zu haben, regte Günter Barz an, bald eine kleine zu pflanzen. „So viel Platz haben wir dort nicht. Die Linde muss acht Meter Abstand zum Nachbarn haben“, erklärte Jochen Flogaus. Herbert Hiller will ungern den beliebten Platz aufgeben, weshalb er sich dafür aussprach, entsprechende Angebote einzuholen. Sorgen um die jüngeren Bäume machte sich Roland Böbel. „Hat der Pilzbefall der alten Linde Auswirkungen auf die anderen Bäume und schädigt sie somit?“, würde er gerne von den Fachleuten wissen und Rudolf Kiltz plädierte für den geringstmöglichen Aufwand. „In die Linde am Wellinger Kirchle haben wir viel Geld investiert und mussten sie ein paar Jahre später trotzdem fällen“, gab er zu bedenken.

Einstimmig sprach sich das Gremium für die Vertagung aus. Es werden erst einmal verschiedene Angebote eingeholt und das Büro um eine Stellungnahme gebeten. Die soll klären, wie gefährdet die jüngeren Bäume durch den Pilzbefall der Linde sind, wenn der alte Baum noch weitere Jahre stehen bleibt.