Lokales

Die Radstation hat noch Plätze frei

Der Kirchheimer Bahnhof ist auf dem Weg zur „Verkehrsdrehscheibe“ weitergekommen

„Radstation“ prangt seit einigen Monaten an einem Gebäude am Kirchheimer Bahnhof. Direkt daneben: Das S-Bahn-Gleis. Die Nähe ist der Schlüssel zum Erfolg, denn nach dem Wunsch ihrer Erfinder vernetzt die Radstation Radverkehr und ÖPNV lückenlos. Zudem wird dem Bahnhof Leben eingehaucht.

Gerhard Böhlmann vom Team der Radstation kümmert sich bei Bedarf um die Räder, die am Kirchheimer Bahnhof im geschlossenen Raum
Gerhard Böhlmann vom Team der Radstation kümmert sich bei Bedarf um die Räder, die am Kirchheimer Bahnhof im geschlossenen Raum abgestellt sind.Fotos: Jean-luc Jacques

Kirchheim. Besser geht‘s für Pendler nicht, denn die Radstation mit überdachter und eingezäunter Parkfläche für Drahtesel ist nur einen Katzensprung vom Zug entfernt. Acht Räder werden zurzeit täglich dort untergebracht. 70 Euro kostet ein Platz fürs ganze Jahr, wer vorher eine Box hatte, ist mit 60 Euro dabei. Der Grund: Die abschließbaren Einzelboxen kosteten früher schon fünf Euro pro Monat. 17 davon waren am Bahnhof aufgestellt. Sie waren nicht nur alle vermietet, es gab darüber hinaus eine Warteliste.

Rein rechnerisch sind also nicht alle Boxen-Nutzer nahtlos zu Mietern in der Station geworden. Über die Gründe kann spekuliert werden. Zum einen beklagen ehemalige Boxen-Mieter, dass die Einzelkabine einfach mehr Komfort bot, weil man auch eine Tasche oder Ähnliches geschützt unterstellen konnte. Zum anderen dürfte der Winter nicht geeignet sein für eine ernsthafte Zwischenbilanz. Was auffällt ist aber, dass zahlreiche Pendler ihr Rad direkt neben den bewachten Plätzen abstellen. Diese Parkfläche ist kostenlos – aber eben auch nicht geschützt.

„In anderen Städten hatten Radstationen auch gewisse Anlaufschwierigkeiten“, sieht Günter Riemer keinen Grund zur Sorge. Der Kirchheimer Bürgermeister gehört dem Vorstand der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen im Land an. Die Zeit der Radler komme erst noch, meint er im Hinblick auf die Witterung: Im Frühjahr soll noch mal die Werbetrommel gerührt werden. Außerdem will die Stadt durchlüftete Schließfächer bei den Fahrrädern aufstellen, sodass feuchte Kleidung und Helme dort untergebracht werden können. Riemer lobt, dass sich der Bahnhof wie gewünscht zur Verkehrsdrehscheibe entwickle: Wesentliches Element in der Vernetzung von ÖPNV und Individualverkehr ist die Radstation. Direkt dort sollen bald auch gut sichtbar zwei Stadtmobil-Pkws stehen. Einen Steinwurf weiter warten Taxis. Last but not least befinden sich Richtung Brückenhaus 150 Autoparkplätze.

Das Modell für Kirchheim steht in Ludwigsburg: Die erste Radstation in der Region, betrieben vom Sozialunternehmen Neue Arbeit, wurde dort 2010 eröffnet. „Von Jahr zu Jahr wächst der Zulauf“, freut sich Robert Bothner, stellvertretender Leiter. Seit Kurzem gibt es auch Pedelecs, deren Vermietung der Fachmann sogar als „Selbstläufer“ bezeichnet. Auch die Werkstatt wird gut angenommen. Von den 127 Plätzen für Dauerparker sind derzeit zwei Drittel belegt. Und das, obwohl die Radstation zwar mit einer Öffnungszeit von täglich 6 bis 21 Uhr lange Öffnungszeiten hat, aber darüber hinaus kein Zugang zu den Rädern möglich ist.

Das ist in Kirchheim anders. Dauerparker haben einen Schlüssel. Somit ist ihr Drahtesel rund um die Uhr verfügbar. Momentan ist die Station täglich von 7 bis 19.30 Uhr besetzt, von Montag bis Samstag. „Sobald das Wetter schön wird, wollen wir auch sonntags öffnen“, erklärt Gerhard Böhlmann von der Esslinger Beschäftigungs-Initiative (EBI). Er ist nicht nur langjähriger begeisterter Radfahrer, sondern auch Herr über die Kirchheimer Radstation. Täglich ist er auf dem Bahnhofsareal präsent. Freundlich führt er Interessierte ins Innere des ehemaligen Betriebsgebäudes der Bahn. Dort sind zwei Kollegen damit beschäftigt, Fahrräder zu warten. „Reparaturarbeiten erledigen wir jederzeit, Interessenten müssen einfach vorbeikommen“, erklärt Böhlmann. Vorbeikommen ist tatsächlich wichtig, denn noch funktioniert der Telefonanschluss in der Radstation nicht.

Böhlmann und sein Team haben auch eine ganze Palette an gespendeten Gebrauchtfahrrädern zu bieten, die sie zu günstigen Preisen an Interessenten abgeben. Ab Frühling soll es an der Kirchheimer Radstation auch Leihfahrräder für Tagesausflügler geben. Außerdem werden die derzeit zwei Pedelecs auf eine ganze Flotte aufgestockt. Interessenten, die per S-Bahn aus dem Großraum Stuttgart anreisen, können sie dann frisch aufgeladen an der Station abholen. Heute gehen die Gespräche darüber mit der Stadtverwaltung, der EBI und örtlichen Fahrradhändlern in die entscheidende Runde. .

Am Ötlinger Bahnhof gibt es nach wie vor Radboxen unter städtischer Ägide. Sie sind derzeit alle vermietet.

Da die Radstation noch keinen Telefonanschluss hat, ist es für Interessierte am besten, einfach vorbeizuschauen. Die Station ist von Montag bis Samstag von 7 bis 19.30 Uhr geöffnet. Die E-Mail-Adresse lautet radstation-kirchheim@ebi-esslingen.de