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„Diese Architektur soll bleiben!“

40 Jahre Landkreis – Wie Kreisparlamentarier aus dem Raum Kirchheim das „Gebilde“ sehen

Der Landkreis Esslingen ist ins Schwabenalter gekommen. Das Zusammengehen der Kreise Esslingen und Nürtingen im Rahmen der Kreisreform 1973 war nicht unumstritten. Doch längst ist zusammengewachsen, was ein Verwaltungsakt zusammengebracht hat. Der Teckbote hat von den Kreisparlamentariern aus dem Raum Kirchheim wissen wollen, wie sie „das Gebilde Landkreis Esslingen“ sehen.

Der Landkreis Esslingen ist ins Schwabenalter gekommen. Wie er vom Raum um die Teck aus wahrgenommen wird, beschreiben hiesige K
Der Landkreis Esslingen ist ins Schwabenalter gekommen. Wie er vom Raum um die Teck aus wahrgenommen wird, beschreiben hiesige Kreisparlamentarier aller Couleur.Luftbild: Werner Feirer

Kreis Esslingen. Aus der Sicht von Weilheims Alt-Bürgermeister Hermann Bauer, der für die Freien Wähler seit 1973 im Kreistag sitzt, hat der Landkreis „ES“ eine gute und leistungsfähige Infrastruktur im Bereich Berufsschule, Krankenhäuser, Kreisstraßen und ÖPNV sowie in der Abfallverwertung. „Der Raum hat eine große und interessante Vielfalt von Industrie und Gewerbe sowie Bereiche mit sehr schöner und frei gehaltener Landschaft und Natur. Die Bürger fühlen sich wohl hier und durch hervorragende Dienstleistungen gut aufgehoben. Landkreis und Kommunen ergänzen sich. Diese Architektur soll bleiben!“

Seit 1999 ist der Weilheimer Rainer Bauer, CDU, im Kreistag. Obwohl im Altkreis Nürtingen geboren, findet er die Reform der Kreise und Gemeinden, die 1973 zum Landkreis Esslingen führte, als den „richtigen und notwendigen Schritt. Die vergangenen 40 Jahre haben uns ja darin voll bestätigt. Heute lebe ich mit Frau, Kindern und Enkeln in einem starken, pulsierenden und mit einer herrlichen Landschaft beschenkten Landkreis Esslingen in dem ich mich gut aufgehoben und sauwohl fühle.“

Die Kirchheimerin Marianne Gmelin ist seit Oktober 1992 Mitglied des Kreistags, damals nachgerückt für Fritz-Uli Bankwitz. Für sie spiegelt der Kreis Heimatgefühle wider. Geboren in Esslingen, aufgewachsen bis zur Schule in Köngen – damals Landkreis Esslingen, Schulzeit in Jesingen und Kirchheim – damals Landkreis Nürtingen – fühlt sie sich als „Kind“ des Landkreises Esslingen. „Im Rückblick auf die „40 Jahre Landkreis Esslingen“ war die Entscheidung richtig. Die Ängste aus dem Altkreis Nürtingen sind nicht eingetreten, abgesehen vielleicht vom Autokennzeichen. Eine der für mich politisch wichtigen Entscheidungen war - keine Müllverbrennung im Landkreis Esslingen. An dieser Entscheidung und der daraus resultierenden konsequenten Mülltrennung war die SPD die treibende Kraft und ich, ab 1997 als Sprecherin im ATU, konnte unsere Ideen entscheidend einbringen und das Abfallwirtschaftskonzept mitgestalten. Meine Hoffnung ist, dass die angestrebte Klinikfusion mit Esslingen auch ein Erfolgsmodell werde.“ Übrigens: Der Müll des Kreises wird seit dieser Zeit in Stuttgart-Münster verbrannt.

Helmut Kapp aus Kirchheim, CDU, ist Ende 2004 kurz nach der Kommunalwahl für Helmut Riegger, heute Landrat in Calw, nachgerückt: „Der Landkreis Esslingen ist einer der am dichtesten besiedelten und wirtschaftsstärksten Landkreise der Bundesrepublik Deutschland und gut eingebunden in die Region Stuttgart. Sowohl durch seine gute Arbeitsplatz-, Schul- und Ausbildungssituation als auch durch die abwechslungsreiche Landschaft mit sehr hohem Freizeitwert ist der Kreis Esslingen für mich als Bewohner und viele Besucher höchst attraktiv.“

Dr. Christoph Miller, Kirchheim, war von 1989 bis `94 für die Freien Wähler im Kreistag und sitzt seit 2009 erneut als „Freier“ im Kreisparlament. Ihn interessiert als Apotheker besonders die Situation und Veränderung im Krankenhauswesen des Kreises. Als Mitglied des Schul- und Kulturausschusses begleitet er die Schulentwicklung. „Leider sind hier die Aussagen der jetzigen Landesregierung zu Berufsschulen und beruflichen Gymnasien sehr dürftig, so dass die Vorhaben des Kreises momentan auf Eis liegen. Gerne unterstütze ich Themen wie Biosphärengebiet, Naturschutz, Erhalt der Streuobstwiesen und das Museumsdorf Beuren. Diese Themen fördern den Bezug zu unserem landschaftlich reizvollen Landkreis.“

Owens Alt-Bürgermeister Siegfried Roser wurde für die Freien Wähler 1973 in den Kreistag gewählt und hat, wie sein Kollege Hermann Bauer, als Kreistags-Urgestein die Kreispolitik des neuen Landkreises Esslingen von Anfang an begleitet: „Es war hoch interessant, manchmal auch schwierig, aus zwei unterschiedlichen Kreisen einen heute in allen Bereichen sehr leistungsstarken Landkreis Esslingen zu formen. Diese kommunalpolitische Aufgabe hat mich 40 Jahre lang fasziniert.“

Lenningens Alt-Bürgermeister Gerhard Schneider ist seit 1984 im Kreistag Esslingen, davon 15 Jahre als Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion. Seiner Meinung nach hat sich der Landkreis in den 40 Jahren seines Bestehens hervorragend entwickelt und ist mit seinen öffentlichen Aufgaben wie Krankenhäuser, Berufs- und Sonderschulen, Öffentlicher Nahverkehr, Abfallwirtschaft, Naherholung für die Städte und Gemeinden unverzichtbar. „Ich habe meine Aufgabe besonders darin gesehen, den Landkreis im Interesse seiner Einwohner weiter voranzubringen und dabei dessen Finanzen in Ordnung zu halten. Besonders wohltuend empfand ich die Tatsache, dass die wichtigsten Entscheidungen im Kreistag ungeachtet politisch unterschiedlicher Meinungen fraktionsübergreifend jeweils mit großen Mehrheiten getroffen werden konnten.“

Aus Altersgründen wird Gerhard Schneider bei der Kommunalwahl 2014 nicht mehr antreten.

Der grüne Landtags-Abgeordnete Andreas Schwarz, Kirchheim, ist seit 2004 Kreisrat und war von 2009 bis 2011 Fraktionsvorsitzender der Grünen im Kreistag: „Mit dem Landkreis Esslingen verbinde ich die hohe Lebensqualität, die wir in der Region Stuttgart haben. Insbesondere genieße ich die Mischung aus den urbanen und wirtschaftlich prosperierenden Kommunen und dem schönen Albtrauf, der zum Wandern und Radfahren einlädt.“

Rainer Stephan sitzt seit 2009 für die Liberalen im Kreisparlament. Er ist der Meinung, dass sich die Kreisreform bewährt hat. „Obwohl mein Heimatort Holzmaden, der Raum Kirchheim und die Menschen rund um die Teck mich von Kindesbeinen an über Schule, Familie, Freizeit bis hin zur Berufstätigkeit prägten, fühle ich mich auch den anderen Teilen des Landkreises verbunden. Ich bin zufrieden und lebe gerne hier.“

Georg Zwingmann aus Lenningen wurde für die Grünen 2009 in den Kreistag gewählt: „Für mich stellt sich der Landkreis Esslingen als eine bewährte und durchaus leistungsfähige Verwaltungsebene dar, die vor allem durch die Nähe zu den Kommunen eine partnerschaftliche Weiterentwicklung demokratischer Mitbestimmung und Teilhabe eröffnet und damit die Bürgerinnen und Bürger zur aktiven Gestaltung ihres Lebensumfeldes einlädt und ermutigt. Darüber hinaus stellt der Landkreis ein tragfähiges Netz der Daseinsvorsorge im Gesundheits- und Sozialwesen bereit, sorgt für gute Bildungschancen und bietet Raum für attraktive Kultur- und Freizeitangebote in der unmittelbaren Lebenswelt der Menschen im Kreis. So entsteht über das kommunale Dienstleistungsangebot hinaus ein Raum für Beheimatung und Identifikation. Ich fühle mich über Lenningen hinaus sehr verbunden mit dem Landkreis als einen wesentlichen Teil meiner Lebens- und Erfahrungswelt.“

Ulrich Deuschle aus Notzingen gehört dem Kreistag seit 1989 an, ist Fraktionsvorsitzender der Republikaner und hat nach eigener Aussage immer noch Freude an der politischen Arbeit. Der Kreistag war sein erstes politisches Gremium, in dem er politische Erfahrungen sammeln konnte, die später im Landtag und heute in der Regionalversammlung der Region Stuttgart sehr wertvoll gewesen seien. „Kritisch möchte ich anmerken, dass im Kreistag nicht immer sachbezogen entschieden wird und zahlreiche vernünftige Vorschläge von unserer Fraktion nur deshalb abgelehnt werden, weil sie von der ‚falschen‘ Seite kommen“, sagt er.