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EU zwingt zum Handeln

Wasserkraftwerksbetreiber aus Dettingen sollen viel Geld investieren

Gottlob Hummel und Reinfried Kirchner aus Dettingen sind verärgert: Um die Lauter für Fische durchgängig zu machen, sollen die beiden Wasserkraftwerksbetreiber viel Geld in die Hand nehmen – sehr viel Geld.

In der Lauter in Dettingen müssen mehrere Abstürze beseitigt werden, damit die Fische ungehindert durchschwimmen können. Foto: J
In der Lauter in Dettingen müssen mehrere Abstürze beseitigt werden, damit die Fische ungehindert durchschwimmen können. Foto: Jean-Luc Jacques

Dettingen. Momentan steht eine Zahl von etwa 60 000 Euro im Raum, und zwar für jeden der beiden Dettinger. Hinzu kommt, dass ihre Anlagen zehn Prozent mehr Leistung bringen sollen, wenn die Kraftwerksbetreiber eine höhere Einspeisevergütung für ihren Strom erhalten wollen. Auch hier müssten die Dettinger einiges investieren.

Doch der Reihe nach. Gottlob Hummel und Reinfried Kirchner nutzen schon seit vielen Jahren denselben Kanal der Lauter für ihre Kraftwerke. Nun schreibt die EU vor, dass die Durchgängigkeit für Fische in Bächen und Flüssen sichergestellt werden muss. Im Bereich zwischen dem Naturdenkmal Gaulsgumpen und der Wehranlage befinden sich allerdings mehrere Abstürze. Die Triebwerksbetreiber müssten eine Aufstiegshilfe an ihrem gemeinsamen Wehr errichten, sagt Ortsbauamtsleiter Jochen Sokowski. Es gehe nicht um das Wollen: „Sie sind gezwungen, dies umzusetzen.“

Die beiden Männer wissen das. Deshalb haben sie schon vor vier Jahren beschlossen, eine Fischtreppe für „ihren“ Bereich der Lauter bauen zu lassen. Die zuständigen Mitarbeiter des Esslinger Landratsamts seien vor Ort gewesen, um sich die Situation anzusehen, erzählt Reinfried Kirchner. „Sie sagten, es sei so in Ordnung und wir sollen einen Plan erstellen lassen. Also haben wir einen Planer beauftragt.“ Dessen Plan jedoch habe das Landratsamt dann abgelehnt mit der Begründung, dass sich unterhalb des Wehres mehrere Schwellen und der natürliche Absturz im Naturdenkmal Gaulsgumpen befinden; eine ökologische Verbesserung der Situation könne allein durch die geplante Fischtreppe nicht erreicht werden. Die Dettinger wurden aufgefordert, mit der Gemeinde Kontakt aufzunehmen und mit ihr zusammen alle Abstürze in diesem Bereich zu beseitigen.

Es folgten viele Gespräche und Schreiben, und die Jahre zogen ins Land – was vor allem am Naturdenkmal Gaulsgumpen lag. Die Frage war, ob die Durchgängigkeit hier überhaupt hergestellt werden kann und darf.

Dies ist nicht der Fall, wie schließlich ein Fischereisachverständiger des Regierungspräsidiums Stuttgart feststellte. Allerdings gehen die Fachleute davon aus, dass sich der Absturz im Gaulsgumpen auf natürliche Weise nach dem Bau einer Rauen Rampe oberhalb des Naturdenkmals zurückbildet, sagt Bauamtsleiter Sokolowski. Deshalb einigten sich die Beteiligten darauf, „auf der kompletten Flussbettbreite von der Wehrfalle bis zum Beginn Gaulsgumpen“ zusammen eine Raue Rampe bauen zu lassen, sagt Kirchner. Auf Vorschlag des Landratsamts sollen die Kosten geteilt werden: Demnach tragen die Triebwerksbetreiber zwei Drittel; der Rest entfällt auf die Gemeinde.

Dann jedoch hat die Bundesregierung einen Strich durch diese Rechnung gemacht: Zum 1. August 2014 hat sie das Erneuerbare-Energien-Gesetz geändert. „Bis zum 31. Juli erhielt man für die Schaffung der Durchgängigkeit eine erhöhte Einspeisevergütung“, erklärt Sokolowski. Diese sei für die Triebwerksbetreiber ein Ansporn gewesen, etwas für die ökologische Verbesserung der Gewässer zu tun. Die Gesetzesänderung ist für den Bauamtsleiter „völlig unverständlich, denn die Durchgängigkeit gehört zu einer ökologischen Aufwertung dazu“. Das bestätigte Bürgermeister Rainer Haußmann in der jüngsten Gemeinderatssitzung: „Die Wasserkraft wird stiefmütterlich behandelt. Natürlich sind es nicht die Mengen in unseren Breiten, aber Kleinvieh macht auch Mist.“

Für Gottlob Hummel und Reinfried Kirchner bedeutet die Gesetzesänderung, dass sich ihre Investition in die Raue Rampe nicht amortisiert. „Ich kann die 60 000 Euro nicht aus dem Ärmel schütteln“, sagt Hummel.

Die einzige Chance für die Triebwerksbesitzer ist, die Stromausbeute ihrer Anlagen jährlich um zehn Prozent zu erhöhen – nur so erhalten sie anstatt der bisherigen 7,6 Cent pro Kilowattstunde den erhöhten Betrag von 11,65 Cent. Doch auch das kostet: Kirchner rechnet für seine Anlage mit Investitionskosten zwischen 25 000 und 30 000 Euro. Hummel will und kann keine Zahl nennen. Er hat an seiner Anlage schon viel modernisiert. „Es ist nicht sicher, ob ich überhaupt zehn Prozent erreichen kann“, gibt er zu bedenken. „Mit einem modernen Generator komme ich vielleicht auf fünf oder sechs Prozent.“

Bezogen auf den Dettinger Fall stellt Reinfried Kirchner darüber hinaus den Sinn der EU-Richtlinie infrage, die vor allem eines verursacht: hohe Kosten. „Die Lauter ist eigentlich ein Gebirgsbach“, sagt er. „Seit Jahrhunderten ist sie von der Natur so geformt worden, und den Fischbestand hatten wir schon immer.“

Die Kraftwerksbetreiber wollen sich nun nochmals zusammensetzen und das weitere Vorgehen besprechen. Sie ärgert vor allem, dass die Angelegenheit so lange verzögert wurde. „Wir wollten das Ganze lange vor dem 1. August angehen“, betont Hummel. „Deshalb sollte man es uns eigentlich noch nach dem alten Recht genehmigen.“

Die Lauter in Dettingen am Ausgang Dettingen richtung Owenim Bereich der Wehranlage und Kanal
Die Lauter in Dettingen am Ausgang Dettingen richtung Owenim Bereich der Wehranlage und Kanal