Lokales

Gegen „Vollkasko-Mentalität“

CDU-Gesundheitspolitiker Michael Hennrich beim Politischen Frühstück des Wirtschaftsrats

Während manche schon das Totenglöckchen der Regierungskoalition zu vernehmen glauben, stellt der langjährige CDU-Gesundheitspolitiker Michael Hennrich Schwarz-Gelb in einem Punkt Bestnoten aus: „Wir haben sehr gute Gesundheitspolitik gemacht.“ – Auf solider finanzieller Basis könne man nun weiterarbeiten.

Blutabnahme - Blutuntersuchung - ArztSpritze -  UntersuchungKrankheit
Blutabnahme - Blutuntersuchung - ArztSpritze - UntersuchungKrankheit

Kirchheim. „Vor der Wahl schüttet jeder die Wundertüte aus“, eröffnete Dr. Michael W. Müller aus Kirchheim das Politische Frühstück der hie­sigen Sektion im Wirtschaftsrat Deutschland. Der Gedankenaustausch im kleinen Kreise im Fuchsen galt den Herausforderungen im deutschen Gesundheitswesen und war überschrieben mit der provokativen Frage „Wohin entwickelt sich der Sozialstaat?“.

Michael Hennrich, der den Wahlkreis bereits in der dritten Legislaturperiode in Berlin vertritt, hat als langjähriges Mitglied im Ausschuss für Gesundheit schon harte Auseinandersetzungen mit Lobbyisten und Idealisten im Kampf um die Zukunftsfähigkeit des deutschen Gesundheitswesens hinter sich gebracht. Heute geht er das Thema ziemlich entspannt an: „Die finan­zielle Lage ist sehr stabil“, betonte er und führte angesichts des bevorstehenden Wahlkampfes auch gleich die Erfolge der Regierungskoalition ins Feld. So hätten etwa im Pharmabereich strukturelle Veränderungen zu enormen Einsparungen geführt.

Trotz komfortabler Rücklagen wird die Finanzierung des Gesundheitssystems ein Dauerbrenner bleiben, prognostizierte Hennrich. Distanz zum einstimmigen Bundestagsbeschluss wie auch zum Juniorpartner FDP und zu einigen Anwesenden beim Politischen Frühstück äußerte er im Hinblick auf die Abschaffung der Praxisgebühr. Zum einen habe sie Milliarden ins System gespült. Zum anderen hält der CDU-Mann das Sig­nal Richtung Vollkaskomentalität, als das die Abschaffung der Gebühr begriffen werden kann, für vollkommen falsch. Nicht zuletzt angesichts des demografischen Wandels werde nämlich die Eigenbeteiligung künftig noch größere Bedeutung erhalten.

Die privaten Krankenversicherungen sieht Hennrich in nächster Zeit nicht gefährdet, wohl aber vor einem gravierenden Wandel. Schließlich gebe es nicht nur die Entscheidung zwischen der von Teilen der Opposition stark beworbenen Bürgerversicherung und der Möglichkeit, alles beim Alten zu belassen. Vielmehr könne ein dritter Weg begangen werden, der die Systeme näher aneinander angleiche. Schon jetzt böten gesetzliche Versicherungen Zusatzversicherungen, deutete er an, dass die Kluft oft weniger groß sei als gedacht.

Der Vorwurf der Zweiklassenmedizin beziehe sich fast immer auf die ambulante Versorgung. Hier fordern auch Bürger und Kommunen Aktivitäten durch die Gesundheitspolitiker. Längst kennen auch Regionen wie der Kreis Esslingen das Problem der Versorgung mit Ärzten und Apotheken im ländlichen Raum. Hier sei dringend eine flexiblere Bedarfsplanung vonnöten, die sich nicht an politischen Kreisgrenzen orientiere. Auch innovativen Methoden wie zum Beispiel dem Einsatz der in Amerika weit verbreiteten Telemedizin misst Hennrich Potenzial bei. Im Übrigen gab der Politiker zu bedenken, dass die Einflussnahme darauf, wo ein Arzt sich niederlassen und auch leben wolle, begrenzt sei. Allerdings sind auch finanzielle Anreize denkbar. Das zeigt sich bei den Apotheken. Hier soll eine neue Pauschale von 200 Euro pro nächtlichem Bereitschaftsdienst vor allem dem ländlichen Raum zugute kommen.

Während niedergelassene Ärzte auf dem Land immer mehr zur Rarität werden, gelten speziell Baden-Württemberg und Bayern noch als überversorgt mit Krankenhäusern – nicht mit Betten, wie Hennrich extra betonte. Ein Blick auf den Landkreis mit seinen Klinikstandorten macht klar, was den Politikern Sorge bereitet. Als Lokalpolitiker weiß Hennrich natürlich auch um die politischen Kämpfe um jedes Haus und die Bedeutung der einzelnen Standorte vor Ort. Ein Weg, der auf jeden Fall weiterbeschritten werden soll, ist die engere Verzahnung von ambulant und stationär.

Dass der Gesundheitspolitik in diesem Bundestagswahlkampf allzu große Bedeutung zukommt, damit rechnet Hennrich nicht. Dominanter sind derzeit andere internationale oder nationale Themen wie etwa die Lage im arabischen Raum oder die Steuerpläne der Grünen. – Beim Sekt, der dem Politiker abschließend als Dank überreicht wurde, gab der sich gewohnt bodenständig: „Den mach ich erst nach dem 22. September auf“, meinte er augenzwinkernd.