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„Haben Risiken im Blick“

Kreistag beschließt Hebesatz in Höhe von 33,5 Prozentpunkten – Diskussion um Leitlinien

Mit breiter Mehrheit hat der Esslinger Kreistag am gestrigen Donnerstag den Haushalt für 2015 beschlossen. Der Hebesatz sinkt von derzeit 35,5 auf 33,5 Prozentpunkte. Damit müssen die Kommunen insgesamt 8,5 Millionen Euro weniger an den Kreis abliefern als dieses Jahr.

Kreis Esslingen. „Der Haushalt ist mutig, aber nicht wagemutig.“ Diese Devise gelte auch zwei Monate nach der Einbringung des Haushalts, betonte Landrat Heinz Eininger zum Auftakt der gestrigen Kreistagssitzung, in der sich das Gremium mit dem Etat fürs kommende Jahr befasste. „Wir haben die Risiken im Blick“, so Eininger – äußerst knapp kalkulierte Ausgaben einerseits und eine auf hohem Niveau angesetzte Grunderwerbsteuer andererseits. Den weiter stark steigenden Asylbewerberzahlen soll mit einer Kreditermächtigung in Höhe von zehn Millionen Euro Rechnung getragen werden. Die Schulden im Kernhaushalt sinken Ende kommenden Jahres um rund zehn auf 88 Millionen Euro. Damit hat der Landkreis seit 2007 mehr als 66 Millionen Euro Schulden abgebaut. Mit der Übernahme von 40 Millionen Euro für Investitionen des Paracelsus-Krankenhauses in Ruit steigen die Schulden des Landkreises für seine Kliniken kurzfristig jedoch auf 101 Millionen Euro. Wie Eininger ankündigte, wird sich der Landkreis 2015 in erster Linie mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), den Kreisstraßen, Schulen und Verwaltungsgebäuden beschäftigen. „Es geht um den Erhalt eines attraktiven Wirtschaftsstandorts“, sagte er. Ziel sei, Investitionen auf eine solide Grundlage zu stellen. Intensiv zu bearbeiten seien die Themen schulische Bildung und Inklusion.

Der von der Verwaltung vorgeschlagene Hebesatz in Höhe von 33,5 Pozentpunkten ermögliche auch, die vereinbarten Finanzierungsleitlinien einzuhalten, erklärte Bernhard Richter, Fraktionschef der Freien Wähler. Einer Modifizierung der Leitlinien, wie von der SPD gefordert, werde sich seine Fraktion stellen, wenn alle Rahmenbedingungen vorlägen. Wie die große Mehrheit des Kreistags, verbuchte Richter ebenfalls positiv, dass die Kommunen mit dem Landkreis bei der Unterbringung von Asylbewerbern auf einem guten Weg sind. Für schlicht ungenügend hält er die Finanzierung durch das Land. Konsequent sei nicht nur der Sperrvermerk auf der Planungsrate für die Albert-Schäffle-Schule in Nürtingen, sondern auch die beschlossene Fortschreibung des Masterplans für die Schulentwicklung. Eine Steuerungsgruppe, in der auch Vertreter der Kreistagsfraktionen säßen, sei notwendig. Eininger sagte zu, dass sich der Kultur- und Schulausschuss im März damit befassen wird.

Von einem solide finanzierten Haushalt sprach Martin Fritz, Chef der CDU-Fraktion. Risiken stellten die wirtschaftliche Entwicklung, der hohe Sanierungsbedarf an Schulen und Landratsamt sowie die Kosten für die Asylbewerberunterbringung dar. Der Landkreis gehöre zu den Kreisen im Land mit der höchsten Verschuldung. „Ziel muss sein, dieses Prädikat zu verlieren“, sagte Fritz. Der SPD unterstellte er, die Finanzierungsleitlinien ändern zu wollen, um eine höhere Verschuldung leichter begründen zu können, mit dem Ziel, die Kreisumlage weiter nach unten zu drücken. Der Fraktionsvorsitzende begrüßte, dass die Themen Kurzzeitpflege und Ferienbetreuung mehrfach behinderter Menschen sowie die Nachmittagsbetreuung an der Rohräckerschule bei den anderen Fraktionen in der Debatte auf offene Ohren gestoßen waren.

Die SPD-Fraktionschefin Sonja Spohn pochte darauf, nicht nur die Schulden wahrzunehmen, sondern auch die Vermögenswerte des Kreises. Bei einem Hebesatz von 33,5 Prozentpunkten, der eine Reduzierung des Kreisumlageaufkommens von rund 8,5 Millionen Euro bedeutet, könne man von einer „fairen Partnerschaft zwischen Landkreis und Kommunen“ sprechen. Möglich seien auch Investitionen mit einem nennenswerten Eigenfinanzierungsanteil wie die Kreisstraße zwischen Ohmden und Schlierbach. „Es hat sich gezeigt, wie wichtig unser Antrag war, regelmäßig über den Stand der Flüchtlingsunterbringung informiert zu werden“, hob Spohn hervor.

Schwer taten sich die Grünen damit, dem Haushalt zuzustimmen. „Nicht, weil uns die diesjährigen Zahlen Sorge machen, sondern weil es die nächsten Jahre schwieriger wird“, sagte die Fraktionsvorsitzende Marianne Erdrich-Sommer. Sie prognostizierte steigende Hebesätze aufgrund großer Investitionen. Die Grünen-Chefin lobte die ökologische Handschrift im Etat 2015, hielt es jedoch für „blamabel“, dass der Kreistag nicht über ein ÖPNV-Sozialticket diskutieren wolle.

Mit einem „g‘mähta Wiesle im Streuobstparadies“ verglich Ulrich Fehrlen, Vorsitzender der FDP-Fraktion, die breite Zustimmung zur vorgeschlagenen Kreisumlage. Dagegen gäbe es gemäß Peter Rauscher (Linke) gute Gründe, den Haushalt abzulehnen. Enttäuscht zeigte er sich unter anderem von der Haltung gegenüber Schulbegleitern in Regelschulen. Allein standen die Republikaner mit ihrem Vorschlag, die Kreisumlage beim bisherigen Satz von 35,5 Prozentpunkten zu belassen. Während Ulrich Deuschles Ausführungen zum Thema Asyl verließen zahlreiche Kreistagsmitglieder demonstrativ den Saal. Bei vier Gegenstimmen der Grünen und zwei der Republikaner votierte eine große Mehrheit für den Haushalt mit einer Kreisumlage in Höhe von 33,5 Prozent.