Lokales

„In die Menschen zu investieren muss unser Anspruch sein“

60 regionale Arbeitgeber informieren sich beim Business-Talk der Arbeitsagentur im Alten Rathaus in Esslingen

Qualifizierte Mitarbeiter sind angesichts eines sich verschärfenden Fachkräftemangels keine Selbstverständlichkeit mehr. Beim Business-Talk der Arbeitsagentur diskutierten nun 60 Vertreter kleiner und mittlerer Unternehmen mit Fachleuten über lebenslanges Lernen und Möglichkeiten zur Fachkräftesicherung.

Arbeitsagentur-Chef Wilfried Hüntelmann, IHK-Geschäftsführerin Hilde Cost, Moderator Karlheinz Beck, der Unternehmer Matthias We
Arbeitsagentur-Chef Wilfried Hüntelmann, IHK-Geschäftsführerin Hilde Cost, Moderator Karlheinz Beck, der Unternehmer Matthias Weigele, Vize-Kreishandwerksmeister Volker Zeller und Landschaftsgärtner Albrecht Bühler (von links) unterhielten sich über clevere Strategien gegen den Fachkräftemangel.Foto: Bulgrin

Esslingen. Der Business-Talk ist ein Veranstaltungsformat, mit dem die Agentur für Arbeit an ausgewählten Orten im Land den Dialog mit ihren Arbeitsmarktpartnern pflegen will – diesmal traf man sich in der Schickhardt-Halle des Alten Rathauses. Und dass sich dort ein stattliches Auditorium zusammengefunden hatte, durfte Wilfried Hüntelmann als Bestätigung dafür nehmen, dass Fachkräftesicherung und lebenslanges Lernen vielen Arbeitgebern ein großes Anliegen sind. Der Chef der Göppinger Arbeitsagentur, die den Kreis Esslingen betreut, machte deutlich, dass sich der regionale Ausbildungsmarkt mehr und mehr zu einem Angebotsmarkt entwickelt – allein in den Landkreisen Esslingen und Göppingen blieben im vergangenen Jahr 460 Lehrstellen unbesetzt. Und was Hüntelmann besondere Sorgen bereitet: „Es gibt Betriebe, die seit Jahren keinen Azubi mehr bekommen haben.“

Deshalb gelte es, vorhandene Potenziale zu nutzen. Dass 13 Prozent aller Beschäftigten im Agenturbezirk keinen formalen Berufsabschluss haben, lässt den Chef der Arbeitsagentur nicht ruhen. Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern will er nicht nur unter Jugendlichen, sondern auch unter den 25- bis 35-Jährigen ohne Ausbildung vermehrt für eine Ausbildung werben, weil das die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit sei – und die Voraussetzung dafür, dass Mitarbeiter lebenslanges Lernen zu ihrem Anliegen machen.

Dass es für viele Betriebe nicht einfacher geworden ist, die passenden Azubis zu finden, wurde auch beim Business-Talk deutlich. Umso mehr legen sich manche Unternehmen inzwischen ins Zeug, um engagierte und gut qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten. Der Garten- und Landschaftsbauer Albrecht Bühler hat sich als Ausbildungsbetrieb einen Namen gemacht. Und er zeigte in der Schickhardt-Halle am Beispiel seines Unternehmens, wie es gelingt, attraktive Bewerber auch für einen Beruf zu gewinnen, der eigentlich nicht zu den Favoriten vieler Bewerber zählt. Wertschätzung nicht nur zu postulieren, sondern im Alltag auch zu zeigen, den Mitarbeitern Entwicklungsmöglichkeit zu bieten, konsequente Fortbildungsangebote und gelebtes Teambewusstsein sind nur einige der Aspekte, die ihm Erfolg bringen. Und dass sich Mitarbeiter, die spüren, dass sie von ihrem Arbeitgeber gefördert werden, viel lieber fordern lassen, hat Bühler immer wieder beobachtet.

Ehe die Besucher des Business-Talks Gelegenheit bekamen, sich untereinander auszutauschen, bat Moderator Karlheinz Beck einige Experten zur Podiumsrunde. IHK-Geschäftsführerin Hilde Cost skizzierte die vielfältigen Aktivitäten zahlreicher Partner, die sich im Landkreis zu einem Bündnis zur Fachkräftesicherung zusammengefunden haben – rund 130 Projekte sind derzeit am Start. Dass das Thema lebenslanges Lernen für viele Firmen zunehmend an Bedeutung gewinnt, unterstrich der Uhinger Unternehmer Matthias Weigele, der darauf verweisen konnte, „dass viele Schlüsselpositionen in unserem Haus inzwischen durch ehemalige Azubis besetzt sind“. Moderator Karlheinz Beck weiß aus seiner langjährigen Erfahrung in vielen Bereichen der Arbeitsagentur, dass die Fachkräftesicherung im eigenen Unternehmen beginnt: „Für viele Arbeitgeber sind die besten Fachkräfte die, die man selbst ausgebildet hat.“ Deshalb legen der stellvertretende Kreishandwerksmeister Volker Zeller und seine Kollegen viel Wert auf attraktive Ausbildungsangebote. Das Handwerk tue eine ganze Menge, um über die vielfältigen und oft anspruchsvollen Möglichkeiten in seinen verschiedenen Sparten zu informieren. Und die Arbeitsagentur hat den Ehrgeiz, dafür zu sorgen, dass Betriebe und Bewerber zueinander finden und zueinander passen. „Berufsberatung ist ein immer komplexeres Geschäft“, weiß Wilfried Hüntelmann. „Das geht nicht auf Knopfdruck. Es muss unser Anspruch sein, in die Menschen zu investieren.“