Lokales

Interessante Einblick in ein fernes Land

Dr. Reinhard Erös informierte umfassend über die Lage in Afghanistan

Verständnis für ein fernes Land vermitteln zu wollen, ist eine Aufgabe, der man auch in einem dreistündigen Parforceritt kaum gerecht werden kann. Dr. Reinhard Erös ist es aber zweifellos sehr gut gelungen, nachhaltig für sein Engagement in Afghanistan zu werben.

Kirchheim. Das Kirchheimer Mehrgenerationenhaus Linde bildete dabei ein ideales Forum für die vom Fachdienst Jugend, Bildung Migration des Bruderhauses Diakonie in Zusammenarbeit mit dem Kreisjugendring Esslingen, der Kirchheimer Stadtverwaltung, des Arbeitskreises Asyl und der baden-württembergischen Initiative „Vielfalt gefällt - 60  Orte der Integration“ organisierte und erfreulich gut besuchte Veranstaltung.

Dr. Reinhard Erös, ehemaliger Oberarzt der Bundeswehr, hat nach dem Sturz der Taliban im Jahr 2002 gemeinsam mit seiner Familie die „Kinderhilfe Afghanistan“ gegründet und leistet seitdem offensichtlich sehr erfolgreich Wiederaufbauarbeit in Ost-Afghanistan.

Als intimer Kenner des Landes und der tatsächlichen Probleme der dort lebenden Menschen verstand er es ausgezeichnet, an Banalitäten des Alltags und beispielhaft vorgeführten bürokratischen Vorgaben aufzuzeigen, wie immens teuer und oft auch unsinnig mit bundesrepublikanischer Effizienz optimal organisierte und gut gemeinte Hilfe leider sein kann, ohne letztlich trotz enormen finanziellen Aufwands tatsächlich auch spürbare Veränderungen vor Ort generieren zu können.

Am eindrucksvollen Beispiel der Kosten des festgeschriebenen täg­lichen Trinkwasserkontingents für Einsatzkräfte vor Ort konnte der uneingeschränkt skrupelresistente und sehr ironiefähige Referent in geradezu demagogischer Süffisanz aufzeigen, dass gut gemeint und richtlinienkonform organisiert, vor Ort nicht immer zugleich auch gut gemacht bedeuten muss.

In wirkungsvoll instrumentalisierter Polemik konnte Dr. Reinhard Erös seinem im Mehrgenerationenhaus Linde versammelten aufmerksamen Publikum bewusst machen, dass trotz gutem Willen und erkennbarer Bereitschaft, Gutes zu tun, subventionierte Hilfe nicht unbedingt immer auch genau der gewünschte Segen sein muss, den sich Betroffene, engagierte Helfer vor Ort und natürlich auch wohlwollende Sponsoren in der Ferne gerne erhoffen.

Schon während der Zeit der sowjetischen Besatzung Afghanistans, von 1979 bis 1989, konnte Dr. Reinhard Erös gemeinsam mit seiner Frau Annette im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet eine Schule für Flüchtlingskinder gründen und bei seinem fulminanten Vortragsabend darauf verweisen, dass inzwischen schon rund 30 Waisenhäuser und Gesundheitsstationen eingerichtet werden konnten. In zwei Büchern hat er zudem festgeschrieben, was er mit seiner Familie gemeinsam vor Ort erreicht hat und stand den vielen Besuchern auch nach dem offiziellen Ende des lange währenden Vortragsabends im Mehrgenerationenhaus Linde gerne noch Rede und Antwort.