Lokales

Kein Geständnis im Ehemann-Mordprozess

Verteidiger plädieren auf Freispruch der 41-jährigen Plochingerin

Nach wie vor macht eine 41-jährige Frau aus Plochingen, die ihren Mann erschossen hat, vor der Stuttgarter Schwurgerichtskammer Notwehr geltend. Gestern war zu erfahren, dass die Verteidiger der Frau ausschließlich auf einen Freispruch hinarbeiten.

Plochingen/Stuttgart. Selbst die Stuttgarter Staatsanwaltschaft war sich kurz nach der Tat am 23. Januar dieses Jahres nicht ganz sicher, ob sie die 41-jährige Frau überhaupt wegen eines Tötungsdelikts anklagen solle. Damals schon stand für die Ermittler nahezu fest, dass die Frau die drei tödlichen Schüsse auf ihren 47-jährigen Ehemann im Zustand einer Nothilfe (vergleichbar mit Notwehr) zum Schutz ihrer Kinder abgefeuert hatte. Glaubhaft konnte sie darlegen, dass der Ehemann gerade dabei war, eines ihrer Kinder zu töten, um danach die ganze Familie umzubringen.

Anfang Mai schließlich schwenkte die Staatsanwaltschaft dann doch um und klagte die Frau beim Landgericht Stuttgart wegen eines Verbrechens des Totschlags an. Ein heimtücki­sches Handeln, bei dem die Täterin die Arglosigkeit des Mannes ausgenützt habe, oder gar niedere Beweggründe als Mord-Qualifikationen konnten die Ermittler nicht feststellen. Die Strafe bei Totschlag beginnt im bewährungsfähigen Bereich bis zu 15 Jahren, nur im Extremfall bis lebenslang.

Doch dann hat Staatsanwältin Eva Hanss am 7. Juli vor der Schwurgerichtskammer zur Überraschung aller Prozessbeteiligten doch noch eine Anklage wegen heimtückischen Mor­des vorgelesen. Seitdem versuchen die drei Wahlverteidiger der Angeklagten die Richter davon zu überzeugen, dass weder ein Mord, noch ein Totschlag, sondern nur eine Nothilfetat vorliegen kann. Und zwar abgeleitet aus dem Tatablauf. Erneut hat die Angeklagte nämlich ausgesagt, dass an jenem 23. Januar ihr Ehemann einen der kleinen Söhne über die Balkonbrüstung in die Tiefe werfen wollte. Dann habe sie die Pis­tole aus dem Keller-Safe geholt und ihn gewarnt, er solle sie nicht zwingen, etwas zu tun, was sie nicht möchte. Und erst als er erneut die Tötung des Jungen und der Familie ankündigte, habe sie abgedrückt.

Am gestrigen Verhandlungstag kündigte die Verteidigung überraschend eine neuerliche Erklärung der Angeklagten zur Sache an. Sie solle Angaben dazu machen, was ihre Mutter an einem der letzten Prozesstage im Zeugenstand zum Verhalten des getöteten Ehemannes ausgesagt hatte. Doch diese Erklärung stellte die Schwurgerichtskammer zunächst auf den nächsten Prozesstag, den 13. September, zurück. Der Grund: Der psychiatrische Gutachter, der über die Frage: Notwehr oder doch Mord? per Gutachten Auskunft geben soll, war gestern verhindert. Und er sollte dabei sein, wenn die 41-Jährige sich noch einmal zur Sache äußert, meinte die Schwurgerichtsvorsitzende.

Für die 1. Strafkammer, die ausschließlich Tötungsdelikte verhandelt, wird es inzwischen zeitlich eng. Immerhin müssen deren Richter derzeit mehrere Prozesse gleichzeitig durchziehen. Und da das Landeskriminalamt erst gestern einen neuen Mordfall, der sich vor elf Jahren ereignete, aufgeklärt hat, kommt noch mehr Arbeit auf die Richter zu. Sie würden auf jeden Fall den Plochinger Mordprozess gerne noch in diesem Jahr per Urteil abschließen.