Lokales

Kulturfestival auf der Alb

Großprojekt der Ziegelhütte stellt sich vom Wochenende an dem Publikum

Am Samstag wird der „Kunst- und Aktionspfad am Randecker Maar“ eröffnet. Bis 29. Juli lassen sich rund um die Ziegelhütte nahezu alle Kunstsparten erleben, eingebettet in die Natur am Albtrauf. Das Hauptaugenmerk liegt auf circa 30 Kunstwerken, die unter freiem Himmel auf- und ausgestellt sind.

Kunst und Aktionspfad am Randecker Maar
Kunst und Aktionspfad am Randecker Maar
Kunst und Aktionspfad am Randecker Maar
Kunst und Aktionspfad am Randecker Maar

Bissingen. Wie vor jeder Großveranstaltung, wird natürlich auch beim Kunst- und Aktionspfad bis zum Schluss gehämmert, gestrichen, geharkt und gewerkelt, damit sich alles am Eröffnungstag von seiner besten Seite und im schönsten Licht präsentieren kann. „Einige Arbeiten stehen schon“, sagte der Hauptorganisator, Hendrik van Woudenberg, gestern bei einem Pressegespräch. Und er ist begeistert von der Qualität der Arbeiten. Vieles war ihm bislang ja nur aus der Planungsphase bekannt. Inzwischen aber präsentieren sich etliche Kunstwerke bereits an ihren ausgesuchten Standorten auf der Albhochfläche.

Kunst und Aktionspfad am Randecker Maar

Kunst und Aktionspfad am Randecker Maar

Was den Geschäftsführer der Jugendhilfeeinrichtung Ziegelhütte besonders freut, das ist die Verzahnung unterschiedlichster Elemente beim Kunst- und Aktionspfad: „Schön ist es, dass wir nicht nur Arbeiten von Jugendlichen ausstellen, sondern auch von Künstlern aus der näheren Umgebung.“ Seien es freischaffende Künstler oder Hobbykünstler, sie alle bringen sich durch individuelle Werke ein und arbeiten so an einem gemeinsamen Ganzen, an dem eben auch Jugendliche und Mitarbeiter der Ziegelhütte beteiligt sind.

Eingebettet ist das alles in die Landschaft, die immer wieder reizvolle Ausblicke auf das Albvorland bietet. Hendrik van Woudenberg spricht deshalb auf der Ziegelhütte von der „uns umgebenden Natur und Kultur des Biosphärengebiets“, die durch den Kunst- und Aktionspfad auf ganz besondere Art in den Blickpunkt gerückt wird. „Wir haben uns bei jedem Werk gefragt, was wo hinkommt und was wie hinkommt.“ Der riesige und tonnenschwere Drache etwa, der gestern Nachmittag mittels schwerer Baugeräte zusammengesetzt wurde, steht vor dem passenden Hintergrund: In der Ferne schimmert die Limburg durch – ziemlich klein zwar im Vergleich zu dem Ungetüm im Vordergrund, aber eben doch wichtig für den „sagenhaften“ Bezug.

Kunst und Aktionspfad am Randecker Maar
Kunst und Aktionspfad am Randecker Maar

Den Bezug zur Landschaft suchen aber auch andere Kunstwerke. Beispielhaft genannt seien die „Albgeschichte“, das „Pferd“ sowie die Figuren „Visionär“ und „Wanderer“. Die „Albgeschichte“ stellt einen stilisierten Vulkan dar, was einerseits auf den Schwäbischen Vulkan zurückzuführen ist und andererseits auf zwei besonders prägnante Hinterlassenschaften des Schwäbischen Vulkans: die Limburg und das Randecker Maar. Passend dazu gibt es in den nächsten Wochen auch „Tandem-Führungen“, bei denen nicht nur die Objekte des Kunst- und Aktionspfads erklärt werden, sondern auch die Geologie. Für die Kunstführungen sind Jugendliche der Ziegelhütte zuständig, die speziell geschult werden. Den Geologie-Part übernehmen Landschaftsführer vom Naturschutzzentrum Schopflocher Alb.

Das „Pferd“ steht in der Landschaft, in der es lange Zeit das einzige schnelle Fortbewegungsmittel darstellte. Auch wenn es auf dem Feld wie ein Ackergaul daherkommt, dürften einstmals wohl eher Kühe oder Ochsen vor den Pflug gespannt worden sein. – „Visionär“ war wohl von vornherein der Gedanke, überhaupt einen Kunst- und Aktionspfad einzurichten. „Visionär“ lassen sich aber auch Landschaft und Kultur im Einklang auf ihrem Weg von der Vergangenheit in die Zukunft betrachten.

Der „Wanderer“ wiederum, der intern auf den Spitznamen „Rudi“ hört, gehört eigentlich schon immer in die Landschaft am Randecker Maar, seit Menschen sie in Besitz genommen haben. War die Wanderschaft einst dem Nomadenleben geschuldet, so diente sie später der Fortbewegung – innerhalb der näheren Umgebung oder auch auf weiteren Pilgerreisen beziehungsweise auf der Suche nach handwerklicher Betätigung. Inzwischen wird eher zum Freizeitvergnügen gewandert. Aber das zeigt, wie wandlungsfähig das Wandern im Weltenlauf und in der Menschheitsgeschichte ist.

Ganz konkret ist natürlich auch der Kunst- und Aktionspfad ein eigener Wanderweg. Wer die Skulpturen zwischen der Ziegelhütte und Ochsenwang sehen will, muss die Wanderschuhe schnüren und sich in die Natur begeben. Einstiegsmöglichkeiten gibt es an allen Wanderparkplätzen zwischen Ochsenwang und dem Randecker Skilift. Hendrik van Woudenberg macht allerdings auf eine Schwierigkeit aufmerksam, die das Wandern in freier Natur eben so mit sich bringt: die Gegebenheiten im Gelände. „Die Wege sind teilweise nur geschottert, und außerdem gibt es in der Mitte einen steilen Buckel. Für Rollstuhlfahrer ist die Strecke also nicht immer geeignet.“ – Dafür aber ist der Pfad bestens ausgeschildert, wie es sich für einen ordentlichen Wanderweg gehört. Das heißt, bis Samstag wird der Pfad ausgeschildert sein, denn auch diese Arbeit gehört zu den Aufgaben, die bis zur Eröffnung am Wochenende noch erledigt sein müssen.

Was das Publikum erwartet bei diesem „kleinen Kulturfestival auf der Alb“, wie es Hendrik van Woudenberg untertreibend bezeichnet, das sind außer den Skulpturen auch nahezu alle anderen Arten der Kunst. So gibt es im Schulgebäude der Ziegelhütte die Ausstellung „Kunst in der Schule“, mit Werken von Schülern und Mitarbeitern der Ziegelhütte und des Michaelshofs. Einer der ehemaligen Schüler der Ziegelhütte ist Alexander Voigt, der nach seiner Schulzeit bei Ochsenwang unter anderem die Meisterklasse der Kunsthochschule Düsseldorf bei Jörg Immendorf besucht hat und mittlerweile als freischaffender Künstler auf Ausstellungen in etlichen europäischen Metropolen verweisen kann.

Insofern kann der Kunst- und Aktionspfad auch für aktuelle Schüler der Ziegelhütte, die sich hier einbringen, langfristige Wirkungen erzielen. Hendrik van Woudenberg zufolge geht es in diesem Fall auch um die Persönlichkeitsentwicklung der Jugendlichen, für die die Kunst einen wichtigen Beitrag leisten kann und soll. Die entscheidende Frage lautet: „Was lernen die Jugendlichen und wie profitieren sie davon, wenn sie sich mit Kunst beschäftigen?“

Gleiches gilt für das Theater, mit dem sich ebenfalls einige der Jugendlichen beschäftigen. An drei Samstagen, 16. und 30. Juni sowie 14. Juli, führen sie ihre Minidramen auf, die unter dem Titel stehen: „Aber in 49 Jahren werde ich 50 sein.“ Es geht dabei um einen „Durchgang durchs Leben von der Geburt bis zum Tod“, wie Hendrik van Woudenberg gestern schon einmal verriet. Teilweise gehe es auch über beide einschneidenden Ereignisse im Leben hinaus, mit pränatalen und postmortalen Elementen.

Aktionen für Kinder und Jugendliche, Specksteinworkshops, Mitmachzirkus – auch das sind Bestandteile des „kleinen Kulturfestivals“. Dazu kommen Tanzkurse und Tanzabende am 6. und 7. Juli, bei denen einmal Standard und Latein und dann ganz speziell der Tango im Mittelpunkt stehen. Konzerte stehen ebenso auf dem Programm wie das Sonntags-Angebot „Brunch und Musik“ – am 17. Juni sowie am 8., am 15. und am 22. Juli. Ende Juni gibt es außerdem ein Open-Air-Kino-Wochenende, das als „halbes“ Open Air auch bei ungünstiger Witterung über die Leinwand gehen kann: Am Freitag, 29. Juni, gibt es den Dokumentarfilm „Kinshasa Symphony“, der zeigt, wie Laienmusiker in der Demokratischen Republik Kongo Beethovens Neunte einstudieren und aufführen. Am Samstag, 30. Juni, folgt der aktuelle Kinokassenschlager „Ziemlich beste Freunde“. Kinobeginn ist jeweils um 21.30 Uhr.

Für „Ziemlich beste Freunde“ muss die Ziegelhütte als Veranstalter aus rechtlichen Gründen Eintritt verlangen. Auch die „Tandem-Führungen“ sind für die Teilnehmer kostenpflichtig. Gleiches gilt für die Brunch-Angebote. Für den Brunch ist außerdem eine Anmeldung nötig. Alle anderen kulturellen Angebote des Kunst- und Aktionspfads sind dagegen kostenlos für die Besucher.

Um das finanziell stemmen zu können, ist die Ziegelhütte auf Einnahmen aus der Bewirtung angewiesen, auf Spenden der Besucher und auf die Unterstützung von Sponsoren. Zu den wichtigsten Sponsoren gehören das Biosphärengebiet Schwäbische Alb sowie die Leser des Teckboten: Eines der Projekte, das mit der jüngsten Teckboten-Weihnachtsaktion unterstützt wurde, ist der Kunst- und Aktionspfad.

Beginn der ganzen Aktion ist am Samstag um 14 Uhr mit der Eröffnungsfeier. Am Sonntag, 17. Juni, um 15 Uhr beginnt die Vernissage mit der Kunsthistorikerin Barbara Honecker. Wer sich für eine Führung oder für den Brunch anmelden möchte oder wer zusätzliche Informationen benötigt, kann beim Festivalbüro unter der Telefonnummer 0 70 23/7 46 70 anrufen, E-Mails an die Adresse info-zh@mh-zh.de schicken oder im Internet www.mh-zh.de eingeben.