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Landesregierung verärgert Jäger

Geplantes überarbeitetes Landesjagdgesetz stößt auf Kritik – „Tätigkeit wird unattraktiv“

Die grün-rote Landesregierung beabsichtigt, das Landesjagdgesetz zu überarbeiten. Aspekte des Tier- und Naturschutzes sollen stärker einbezogen werden. Die Jäger, auch aus der Teckregion, sind gar nicht begeistert – sie blasen zum Angriff.

Auf welche Art dürfen Füchse künftig gejagt werden? Jäger sowie Tier- und Naturschützer haben hier unterschiedliche Meinungen.Fo
Auf welche Art dürfen Füchse künftig gejagt werden? Jäger sowie Tier- und Naturschützer haben hier unterschiedliche Meinungen.Foto: Claudia Reinöhl

Kreis Esslingen. „Die Jagd ist Auftrag und Leidenschaft. Aber durch die geplante Novellierung des Landesjagdgesetzes wird uns Jägern die Lust und Freude genommen“, sagt Jochen Sokolowski aus Dettingen, seines Zeichens Bezirksjägermeister des Regierungsbezirks Stuttgart und seit 33 Jahren begeisterter Jäger.

Der Dettinger ist enttäuscht von den Plänen der grün-roten Landesregierung und davon, dass die Belange der Jäger seiner Meinung nach nicht ausreichend berücksichtigt werden. „Eine Anhörung des Landesjagdverbandes hat in der von uns gewünschten Form leider nicht stattgefunden. Das jetzige Vorgehen betrachte ich als Frontalangriff auf unser Waidwerk.“

Sokolowski betont, dass der Tier- und Naturschutz zum Selbstverständnis der Jäger gehöre. Ihn und seine Kollegen stört an den Überlegungen der Landesregierung unter anderem, dass die Wildfütterung im Winter durch die Jäger abgeschafft werden soll. „Wir möchten die Tiere nicht mästen, sondern ihnen helfen“, sagt Sokolowski. In Notzeiten, also wenn viel Schnee liegt, sei das Wild auf die Unterstützung der Jäger angewiesen. „Auf der Schwäbischen Alb und im Schwarzwald gibt es im Winter andere Verhältnisse als zum Beispiel in Stuttgart.“

Natur- und Tierschützer sehen das ganz anders, wie Andreas Schwarz, Landtagsabgeordneter der Grünen, gegenüber dem Teckboten betonte. „Sie sagen, die Natur kennt die Wildfütterung nicht. Wenn Tiere verenden, ist dies ein natürlicher Vorgang.“ Dadurch werde die Überpopulation auf natürlichem Wege eingedämmt.

Ein weiterer Diskussionspunkt zwischen Jägern sowie Tier- und Naturschützern ist das Thema Baujagd. Dabei werden ausgebildete Hunde in den Fuchsbau geschickt, um die Tiere herauszutreiben. An den Ausgängen warten dann die Jäger darauf, die Füchse zu erlegen. Für Tier- und Naturschützer ist diese Art zu jagen ein Unding. Die Tiere würden einer enormen Stresssituation ausgesetzt. „Diese Behauptung ist wissenschaftlich nicht belegt“, entgegnet Sokolowski. Der Landestierschutzbeirat habe sich bereits im Jahr 1995 eingehend mit dem Thema befasst und bestätigt, dass die Baujagd tierschutzkonform sei.

Diese Jagdart sei überaus wichtig, auch zum Schutz der Bevölkerung, ergänzt der Bezirksjägermeister. „Wir müssen scharf jagen – über die Baujagd und den Einzelabschuss – um die Fuchsbestände niedrig zu halten.“ 75 Prozent der Füchse seien im Albrandgebiet vom Fuchsbandwurm befallen. Dieser sei nicht zu unterschätzen, zumal die Tiere immer mehr in die Städte und Gemeinden ziehen.

Völlig unlogisch ist für den Bezirksjägermeister, dass einerseits die Baujagd abgeschafft, andererseits eine ähnliche Jagdart – das Frettieren – beibehalten werden soll. Dabei wird mit Frettchen Jagd auf Wildkaninchen gemacht. „Das Frettieren ist nichts anderes als die Baujagd. Anstatt der Hunde gehen eben Frettchen in den Bau“, sagt Sokolowski.

Ihm stößt außerdem sauer auf, dass die Liste der dem Jagdrecht unterstehenden Tierarten verkürzt werden soll, zum Beispiel soll man nicht mehr auf verwilderte Katzen schießen dürfen. Der Jäger sei verantwortlich für einen artenreichen und gesunden Wildbestand. Die Tiere sollen sich nicht unkontrolliert vermehren und Krankheiten verbreiten, ergänzt er. Deshalb solle man die Liste so lassen wie sie ist.

Einen Mitstreiter haben die Jäger im CDU-Landtagsabgeordneten Karl Zimmermann gefunden, der vor einer „Überregulierung beim Landesjagdgesetz“ warnt. Auch wenn derzeit nur Konturen des Gesetzes erkennbar seien, deute alles darauf hin, dass die Landesregierung mit überzogenen Regelungen an der Praxis vorbei entscheide. „Es kann nicht sein, dass das starke ehrenamtliche Engagement der Jäger aus rein ideologisch und nicht an den tatsächlichen Gegebenheiten orientierten Erwägungen heraus massiven Einschränkungen unterworfen werden soll“, ärgert sich Zimmermann und ergänzt: „Unsere Jäger sind die besten Artenschützer.“

Der CDU-Abgeordnete und Sokolowski betonen unisono, dass das Jagdrecht in seinem Kern Teil des durch Artikel 14 Grundgesetz geschützten Eigentums sei. Die Pläne der Landesregierung kämen einer Enteignung gleich, ärgert sich Sokolowski. Deshalb wolle man nun mit Podiumsdiskussionen und einer Postkartenaktion mit Unterschriftensammlung gegen das geplante Jagdgesetz „Dampf machen“. Wenn das neue Gesetz komme, seien viele Reviere nicht mehr verpachtbar, weil die Tätigkeit der Jäger dann schlichtweg unattraktiv würde. „Wer soll bei dieser Gesetzesgängelung noch der Jagd nachgehen?“, fragt Sokolowski.

Der Grünen-Abgeordnete Schwarz versucht indes, die Wogen zu glätten. Alexander Bonde, Landesminister für ländlichen Raum und Verbraucherschutz, führe ein umfangreiches Beteiligungsverfahren durch, bei dem Vertreter der Jäger sowie des Natur- und Tierschutzes an einem Tisch sitzen – „und zwar, bevor man den Gesetzentwurf schreibt“. Ein solcher liege ja noch nicht einmal vor, gibt Schwarz zu bedenken. Er selbst sei mit den Jägern der Region im Gespräch und würde ihre Anregungen und Kritikpunkte aufnehmen und mit seinen Kollegen in der Fraktion besprechen. Die Anregungen, auch vonseiten der Tier- und Naturschützer, müsse man bewerten und dann schauen, wo man sich einigen kann. „Es gibt auch Schnittmengen zwischen Jägern und Tier- und Naturschützern.“ Diese müsse man he­rausarbeiten.

Zu den einzelnen Punkten hat sich der Grünen-Politiker noch keine abschließende Meinung gebildet. „Ich orientiere mich an Zahlen, Daten und Fakten“, sagt er. Liegen diese vor, sehe man weiter.

Unabhängig davon gibt Schwarz zu bedenken, dass eine grün geführte Landesregierung Aspekte des Tier- und Naturschutzes stärker gewichten möchte. Er betont dennoch: „Entschieden ist noch nichts.“