Lokales

Ministerpräsident im Wahlkampfmodus

Großes Medieninteresse an der Nominierungsveranstaltung von Winfried Kretschmann in seinem Wahlkreis Nürtingen

Winfried Kretzschmann ist nicht nur Ministerpräsident, sondern auch der Abgeordnete des Wahlkreises Nürtingen. Um hier wieder zur Landtagswahl kandidieren zu könne, braucht er die Zustimmung der Basis. Die holte er sich mit einer Rede, in der bereits die groben Linien des Wahlkampfes umrissen wurden.

Nürtingen. Auf der Bühne zu sehen war ein Plakat aus der Kampagne zur Landtagswahl 2011. Es zeigt recht deutlich, wie das Amt Winfried Kretschmann in den vergangenen Jahren verändert hat. Sein Haar ist grauer geworden. Auf dem Plakat trägt er locker den obersten Hemdknopf geöffnet, heute kennt man ihn fast nur noch im Anzug mit grüner Krawatte.

Den Wahlkreis Nürtingen vertritt Kretschmann seit 1980. Damals hätte sich wohl niemand träumen lassen, dass er einst als Minsterpräsident zur Wiederwahl antreten wird. Auch das mediale Interesse an der Nomminierung eines Kandidaten für den Nürtinger Wahlkreis war noch nie so groß. Die Plätze für die Pressevertreter reichen nicht aus.

Zur Unterstützung sind einige prominente Grüne gekommen, aus den Nachbarwahlkreisen die Abgeordneten Andrea Lindlohr und Andreas Schwarz, außerdem der in Nürtingen lebende und damit wahlberechtigte Umweltminister Franz Untersteller. Insgesamt 39 wahlberechtigte Grünen-Mitglieder waren gekommen, um Kretschmann Rückenwind für die Wahl zu geben.

Der Kandidat verwies in seiner dreiviertelstündigen Bewerbungsrede auf die Erfolge der grün-roten Regierung in einem Land mit vielen Stärken: „So ein Land regiert man gerne.“ Die Regierung werde alles dafür tun, dass es auch so bleibe, doch sei der Wohlstand nicht mit den Lebensgrundlagen des Planeten vereinbar. Also gelte es, den Fortschritt vom Ressourcenverbrauch zu entkoppeln. Wo, wenn nicht in Baden-Württemberg, dem Land mit erfindungsreichen Mittelständlern und Wissenschaftlern, könne diese Herausforderung angenommen werden? Natürlich könne das Ländle alleine nicht die Welt retten, aber ein Vorbild für andere sein, und umweltfreundliche Technologien zum Exportschlager machen. Lasse sich damit Geld verdienen, gebe es bald Nachahmer.

Angriffe gegen die CDU-Opposition gab es kaum. Nur kleine Seitenhiebe teilte Kretschmann aus, als er auf den riesigen Sanierungsstau verwies, den die Vorgängerregierung hinterlassen habe. Außerdem sei die Lösung gegen die Staus rund um Stuttgart nicht der Bau weiterer Straßen, sondern intelligente Verkehrslenkung – in die Wege geleitet vom „besten Verkehrsminister, den dieses Land je hatte“, so Winfried Hermann. Laut Umfragen seien 60 Prozent der Bürger mit der Politik von Grün-Rot zufrieden, auch CDU-Wähler. „Wir bekommen Respekt, weil wir gut sind, wo keiner es erwartet hätte“, so Kretschmann.

Ganz ohne Selbstkritik blieb seine Rede nicht. Die „Politik des Gehörtwerdens“ sei bisweilen recht anstrengend. Es müsse besser vermittelt werden, an welcher Stelle die Bürger entscheiden dürfen, und wo sie nur mitwirken. „Oft denken die Leute, wenn sie nicht recht bekommen, werden sie nicht gehört.“

Zum Schluss gab es noch einen Ausflug zu den Anfängen der Grünen im Kreis Esslingen: „Hier wurde grüne Politik in Baden-Württemberg begründet.“ Den alten Kämpfern, die immer noch da seien, der Basis, habe er sein Amt zu verdanken. Die Basis dankte es ihm mit beinahe geschlossener Zustimmung. Es gab zwei Enthaltungen und 37 Ja-Stimmen. Das selbe Ergebnis bekam die 57-jährige Ersatzkandidatin Ingrid Grischtschenko, Grünen-Fraktionschefin im Regionalparlament und im Gemeinderat von Leinfelden-Echterdingen.

Ein Argument, das oft gegen die Grünen verwendet wird, entkräfteten sie gleich vor Ort: Die Nomminierungsversammlung war kein Veggie-Day, es gab Wurstwecken zu essen.