Lokales

Mit Streuobstschnitt Heizöl sparen

Landkreis-Projekte sollen Wiesenbesitzer dazu bewegen, ihre Bäume wieder zu pflegen

Streuobstwiesen prägen die Kulturlandschaft im hiesigen Raum, doch ihr Bestand ist wegen des Aufwands der Bewirtschaftung gefährdet. Matthias Berg, Dezernatsleiter und Landrats-Stellvertreter, gab im Kreistagsausschuss für Technik und Umwelt einen Zwischenbericht zu drei Projekten, mit denen dieses Ökosystem gestützt werden soll.

Aus Obstbaumschnitt werden Häcksel, die später energetisch verwertet werden. Foto: Jean-Luc Jacques
Aus Obstbaumschnitt werden Häcksel, die später energetisch verwertet werden. Foto: Jean-Luc Jacques

Kreis Esslingen. Mit einem Projekt, Obstbaumschnitt energetisch zu nutzen, wurden bereits ermutigende Fortschritte erzielt. Für das zweite Vorhaben, einer modellhaften Obstbaumwiese bei Linsenhofen, ist man nach den Vorarbeiten nun in den Startlöchern. Beide Projekte werden von Professor Dr. Christian Küpfer und seinem Team von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) begleitet.

Mit der energetischen Nutzung von Obstbaumschnitt soll ein Anreiz für den Abtransport und damit zugleich für das Schneiden der Obstbäume geschaffen werden. „Oft macht der Abtransport noch mal so viel Arbeit wie das eigentliche Schneiden“, so Matthias Berg im Kreistagsausschuss. Man habe, auch auf Wunsch aus dem Ausschuss, für dieses Projekt vor allem Kontakt zu Gemeinden aufgenommen, die nicht in Förderprogrammen wie Life plus, Plenum oder im Biosphärengebiet eingebunden sind.

Beteiligt haben sich Beuren, Frickenhausen, Dettingen, Owen, Weilheim, Filderstadt und Leinfelden-­Echterdingen. Die Gemeinden informierten über die Aktion, der Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises habe mit einem privaten Verwerter den für die Grundstückseigentümer kostenlosen Abtransport des Schnittguts organisiert. „Das Holz ist energetisch zwar nicht ganz so hochwertig wie das aus dem Wald, aber immerhin spart ein Kubikmeter Holzhackschnitzel rund 100 Liter Heizöl ein“, so Professor Küpfer.

Für das Projekt des Landratsamts, das laut Berg ausgesprochen gut angenommen wurde, sammelte man von Mitte März bis Mitte April an 16 auf Zeit eingerichteten Häckselplätzen 1 357 Kubikmeter Holzhackschnitzel, die im Holzheizkraftwerk Scharnhauser Park energetisch verwertet wurden und 135 700 Liter Heizöl einsparten. Im ganzen Landkreis liegt die Zahl noch höher, hatte Küpfer doch bereits vor drei Jahren, zum Teil im Rahmen der genannten Förderkulissen, in anderen Landkreiskommunen die Verwertung angestoßen. „Der erleichterte Abtransport im Vergleich zur Ablieferung an Grünschnittannahmeplätzen hat viele Eigentümer ermutigt, wieder ihre Bäume zu pflegen“, so Berg. Auch wurde der Verwertung gegenüber dem Verbrennen des Schnittguts der Vorzug gegeben. Das Resultat habe die Kreisverwaltung darin bestärkt, dieses Projekt auch im nächsten Jahr weiterzuführen.

Noch nicht ganz so weit ist das Vorhaben, bei Linsenhofen eine Modellwiese so zu gestalten, dass eine Bewirtschaftung durch einen effektiven, zentralen Maschineneinsatz erleichtert wird. Der Frickenhäuser Gemeinderat hatte bereits im Februar sein grundsätzliches Einverständnis zur Mitwirkung der Gemeinde gegeben. Im Blick ist eine Fläche von rund fünf Hektar, bei der man von 40 Grundstücksbesitzern ausgegangen war. Tatsächlich hat man nun rund 80 ausfindig gemacht. „Die Recherchen in den Grundbüchern haben doch einige Zeit in Anspruch genommen“, so Berg. Nun plane man mit der Gemeinde noch vor der Sommerpause eine Informationsveranstaltung für die Grundstückseigentümer, von denen man möglichst viele für das Modellprojekt gewinnen will.

Den Zuschlag zur Begleitung und wissenschaftlichen Auswertung bekam wiederum die HfWU mit Professor Küpfer. Es seien Vergleichsangebote eingeholt worden, das Angebot sei inhaltlich überzeugend und gleichzeitig das günstigste gewesen.

Professor Küpfer betont: „Das Projekt basiert auf absoluter Freiwilligkeit, ohne das Einverständnis der Eigentümer können und wollen wir natürlich nicht in Grundstücke eingreifen.“ Ziel ist es, mittelfristig den Baumbestand so anzuordnen, dass die Mahd der Wiesen mit größeren landwirtschaftlichen Fahrzeugen ermöglicht wird. Deshalb wird bei Neupflanzungen auch auf höherstämmige Sorten gesetzt, unter denen Fahrzeuge hindurchfahren. „Ein Landwirt steht parat, der das Schnittgut als Futter für Haustiere verwerten könnte, außerdem ein Schäfer, der schwer zugängliche Ecken mit seinen Tieren beweiden würde“, so Küpfer.

Eingebunden werden soll der örtliche Obst- und Gartenbauverein, der bei Interesse die Eigentümer in den Obstbaumschnitt einführt, um Altbestände wieder auf gesunde Füße zu stellen. Küpfer und sein Team stünden auch für die Beratung bereit, zum Beispiel wenn es bei Neupflanzungen um die aus heutiger Sicht geeignete Sortenwahl geht. Die Grundstückseigentümer könnten selbstverständlich ihr eigenes Obst ernten, müssten dies aber nicht. „Einzelne Modalitäten können bei der Informationsveranstaltung und auch später noch ausgehandelt werden“, so Küpfer. Auch dieses Projekt könnte mit der energetischen Verwertung von Obstbaumschnitt kombiniert werden, meint der Hochschulprofessor.

„Mit diesem Vorgehen wurden bereits gute Erfahrungen in Kirchheim mit der Jesinger Halde gemacht, wo sogar mehr als 100 Eigentümer betroffen waren“, so Berg. Kosten für den Landkreis fielen für die wissenschaftliche Begleitung, die Bestandsaufnahme, für Planung und Pflanzung und für die Auswertung des Projekts an. Laut Regierungspräsidium, so Berg, sind Zuschüsse aus der Landschaftspflegerichtlinie zwischen 70 und 90 Prozent in Aussicht.

Beim dritten Projekt gehe es allgemein um die Bezuschussung für Maschinen und Geräte zur Pflege. Das steckt laut Berg jedoch noch in der Anfangsphase.