Lokales

Nächstenliebe in die Tat umgesetzt

Familie Schlipphak gründet mit dem Haus Alleenstraße 82 in Kirchheim die Stiftung Lenny

Das Haus Alleenstraße Nummer 82 kennt in Kirchheim nahezu jeder. Es ist nicht nur ein Schmuckstück geworden, sondern dank der neuen Eigentümer, Familie Schlipp­hak, auch etwas ganz Besonderes: die Stiftung Lenny.

Das Ehepaar Schlipphak vor dem Stiftungshaus Alleenstraße 82 in Kirchheim. Foto: Jean-Luc Jacques
Das Ehepaar Schlipphak vor dem Stiftungshaus Alleenstraße 82 in Kirchheim. Foto: Jean-Luc Jacques

Kirchheim. „Mit der Grundstücksübertragung von Alleenstraße 82 auf die Stiftung Lenny fand eine nicht alltägliche Geschichte vorläufig ihren Abschluss“, freut sich Frieder Schlipphak. In Kirchheim ist er kein Unbekannter. 33 Jahre leitete er das Wächterheim, ist Vorsitzender des Christusbunds – und sein Anblick auf dem Fahrrad vielen Kirchheimern bestens vertraut. „Der Gedanke der Stiftung lag nahe. Wenn man den Kindern etwas vererbt, spricht nach fünf Jahren keiner mehr davon, von einer Stiftung noch in 50  Jahren – sie bleibt im Grunde bestehen“, sagt Frieder Schlipphak.

Gleich mehrere Gründe für diesen Schritt gab es. Der Christusbund Kirchheim wollte das Grundstück neben seinem Gemeindehaus erwerben, da der Platz für die 150 bis 180 Gottesdienstbesucher nicht mehr ausreicht. Schnell war jedoch klar, dass der Preis für das zum Verkauf stehende Nachbargrundstück die Möglichkeiten weit übersteigt, denn die Glaubensgemeinschaft lebt ausschließlich von Spenden. Dafür sah sich Familie Schlipphak in der Lage, Haus und Grund zu kaufen. „Dies sollte aber keine Erweiterung des Familienvermögens werden, denn wir sehen uns von Gott so beschenkt, dass wir gerne etwas davon wieder abgeben möchten. Dauerhaft ist das durch eine Stiftung am besten möglich“, so der 73-Jährige. Einig mit diesem Schritt sind auch Tochter und Sohn, beide ebenfalls in Kirchheim mit ihren Familien zu Hause. „Allen ist klar: Weitergeben heißt verzichten und Arbeit auf sich nehmen. Gleichzeitig schafft es jedoch eine große Freude, anderen Menschen in großer Not zu helfen“, erklärt Frieder Schlipphak. Über den Tod hinaus will die Familie den Wert ihres Lebenswerks erhalten und „Menschen den Segen zukommen lassen, den Gott uns geschenkt hat“.

Mit Stiftungen ist Frieder Schlipp­hak aus seinem Berufsleben bestens vertraut, und so leitete er im Frühjahr 2013 die ersten Schritte ein. „Monate­lang habe ich mit dem Regierungspräsidium verhandelt, wie die Satzung aussehen kann und mit dem Finanzamt konferiert“, erzählt er. Als auch der Verkauf abgeschlossen war, machte sich der 73-Jährige ans Werk. Nur zwei Wohnungen waren renoviert, die beiden anderen sanierte Frieder Schlipphak größtenteils selbst und steckte zusätzliche Eigenmittel hinein.

Die Mieteinnahmen von etwa 20 000 Euro pro Jahr werden nahezu komplett für den Stiftungszweck verwendet, Familie Schlipphak legt nur den Betrag zurück, um das Haus instand halten zu können. Zwei Bereiche unterstützen die Kirchheimer mit jeweils 10 000 Euro. „Die Not hat heute hundert Gesichter“, weiß Frieder Schlipphak. Deshalb sollen ohne wesentliche Eigenverschuldung in finanzielle Not gekommene Menschen im Kirchenbezirk Kirchheim durch die Diakonie Unterstützung erhalten. Dabei geht es nicht um hohe Beträge, Überbrückungsgelder im dreistelligen Bereich reichen hier oft aus, etwa wenn es um die Zuwendungen für die Reparatur der Waschmaschine geht. „Dieser Gedanke lag einfach nahe, da ich gut 30 Jahre ehrenamtlich im Diakonischen Bezirksausschuss tätig war“, so Frieder Schlipphak.

Mit der anderen Hälfte unterstützt die Familie den Christusbund in dessen Jugendarbeit, konkret mit einer zusätzlich hauptamtlich tätigen Person. Neben der Vermittlung christlicher Werte ist der Gemeinde die Begleitung junger Menschen wichtig, Ehrenamtliche allein können diese Aufgabe nicht stemmen. „Mit dem Stichwort soziale Kompetenzen werden viele Dinge zusammengefasst, wie etwa Verantwortungsbewusstsein, Spannungen aushalten oder Konfliktlösungen finden“, erläutert der 73-Jährige.

Der Name der Stiftung – Lenny – hat eine besondere Bedeutung. „Der vierjährige Lenny ist unser jüngstes Enkelkind und wurde mit Down-Syndrom geboren. Im Alten Testament spricht man von der Strafe Gottes, Jesus sagt aber, dass solche Kinder zur Ehre Gottes geboren werden“, erzählt Frieder Schlipphak mit strahlenden Augen – mit keinem seiner sechs Enkel habe er so viel gespielt wie mit ihm.