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Pendlern winken ÖPNV-Rabatte

Kirchheim und Nürtingen sind Vorreiter bei Zuschüssen für Bedienstete

Statt Stoßstange an Stoßstange im Stau des Berufsverkehrs zu stehen, kann der Weg zum Arbeitsplatz mit dem öffentlichen Personennahverkehr eine attraktive Alternative sein. Der Landkreis Esslingen wollte seinen Bediensteten dafür nun Zuschüsse gewähren, die Entscheidung wurde zunächst vertagt. In Kirchheim und Nürtingen gibt es den Anreiz seit Langem.

Kreis Esslingen. Der Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) gewährt über sein Firmenticket einen Rabatt. Der Vorteil für den VVS ist ein geringerer Verwaltungsaufwand und Werbung innerhalb der Firmen, die Sammelbestellungen aufnehmen. Bisher gab es je nach Abbuchungsmodus unterschiedliche Rabatte, die ab dem kommenden Jahr auf fünf Prozent vereinheitlicht werden sollen. Zusätzlich gewährt der VVS weitere fünf Prozent Nachlass, wenn der Arbeitgeber seine Mitarbeiter bei der ÖPNV-Nutzung mit mindestens zehn Euro monatlich bezuschusst. Die Regelung soll ab 1. April 2014 in Kraft treten.

Die Landkreisverwaltung stellte in der letzten Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses den Antrag, die Landkreismitarbeiter mit ebendiesen zehn Euro zu bezuschussen. Landrat Heinz Eininger sieht diese Initiative als einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Entlastung des Parkdrucks, habe man in der Tiefgarage des Landratsamtes doch wesentlich weniger Parkplätze zur Verfügung als gewünscht. Die Warteliste dafür sei lang. Etwa 15 Prozent der Beschäftigten des Kreises nutzen nach eigenen Angaben den ÖPNV, weitere 15 Prozent könnten es sich vorstellen. Der Kreis rechnete zunächst mal mit einem jährlichen Zuschussbedarf von insgesamt 20 000 Euro.

Matthias Gastel (Grüne) sprach sich dafür aus. Jeder zusätzliche Fahrgast in Bussen und Bahnen senke den Zuschussbedarf für den ÖPNV, auch den des Kreises. Auch Felix Tausch sprach dafür, seine Fraktion habe einen ähnlichen Antrag im Zuge der Haushaltsberatungen gestellt. Bernhard Richter (Freie Wähler) regte jedoch an, zunächst das Autofahren unattraktiver zu machen, indem man die Parkplatzgebühren in der Tiefgarage erhöhe. Momentan 20 Euro monatlich schienen ihm nicht gerade viel. Landrat Eininger gab zu bedenken, dass die Gebühren erst Anfang dieses Jahres erhöht worden seien. Dennoch wurde der Antrag von einer Mehrheit des Kreisausschusses zurückgestellt, er soll im kommenden Frühjahr im Zusammenhang mit dem Parkraumbewirtschaftungskonzept neu diskutiert werden.

Aus einigen Großen Kreisstädten ist dagegen zu hören, dass sie schon vor der Einführung des neuen VVS-Bonus‘ ihre Mitarbeiter förderten. Auch die Stadt Stuttgart mit dem grünen Oberbürgermeister Fritz Kuhn machte sich auf den Weg. Allerdings wird den Förderern kritisch entgegengehalten, dass mit den Verwaltungsangestellten eine Gruppe der Bevölkerung mit öffentlichen Geldern unterstützt wird. Aus Großen Kreisstädten wie Nürtingen, Kirchheim und Esslingen wird dagegen wie bei der Landkreisverwaltung die Entlastung von Parkraum ebenso wie die Förderung von Klimaschutzzielen ins Feld geführt.

In Esslingen gibt es seit zwei Jahren 44 Euro jährlich pro ÖPNV-Nutzer. Diese krumme Zahl entspricht dem Steuerfreibetrag für sogenannte geldwerte Vorteile, also zweckgebundene Zuschüsse oder Rabatte an Arbeitnehmer. Pressesprecher Roland Karpentier dazu: „Auch bei uns wurde das im Paket mit einer Gebührenerhöhung diskutiert, Stellplätze wurden in zwei Schritten teurer.“ Dafür habe jedoch der Personalrat durchgesetzt, die ÖPNV-Nutzung zumindest in der Höhe der Steuerfreiheit zu bezuschussen. Man habe viele Pendler, die seien entweder auf Parkplätze oder auf den ÖPNV angewiesen. Auch das Argument des Klimaschutzes habe letztlich eine Rolle gespielt. Ob Esslingen nun drauflegen will, um seinen Mitarbeitern einen noch höheren Rabatt zu ermöglichen, dazu konnte Karpentier noch nichts sagen.

In Nürtingen und Kirchheim gibt es das Zuschussmodell schon seit Längerem, und dort kommt man auch über die monatliche Zehn-Euro-Grenze. So werden laut Pressesprecher Clint Metzger in Nürtingen Wochen-, Monats- und Jahrestickets seit 2007 zu 50 Prozent bezuschusst. Ab einer gewissen Distanz zur Arbeitsstelle gibt es außerdem fünf Cent pro Kilometer für Radfahrer.

In Kirchheim ist man gar schon seit Mitte der 90er-Jahre im Zuge des Agenda-Prozesses zum Klimaschutz mit Zuschüssen dabei, erinnert sich Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker, die damals als SPD-Gemeinderätin in dieser Richtung aktiv geworden sei. Auch das Radfahren werde bezuschusst. Matt-Heidecker hebt wie Metzger und Karpentier hervor: „Der Klimaschutz und die Entlastung von Parkraum war trotz aller Spardebatten immer wieder ein treibendes Moment.“ Statt für berufstätige Dauerparker wolle man eher Parkraum zur Attraktivität der Innenstadt bereithalten.