Lokales

Polizei setzt auf Spezialisten

Aufklärung von Straftaten erfordert immer mehr Fachwissen – Gewalt an Polizisten nimmt zu

Die Bevölkerung im Kreis Esslingen lebt sicherer als der Durchschnittsbürger im Land. Das war eine der guten Nachrichten, die Polizeidirektor Hans-Dieter Wagner bei einem Pressegespräch in Esslingen überbrachte. Damit das so bleibt, plant die Polizei Veränderungen.

Im Kreis ist der Zahl der Sachbeschädigungen an Autos gestiegen. Sprühdelikte dürften allerdings eher die Ausnahme sein.Archiv-F
Im Kreis ist der Zahl der Sachbeschädigungen an Autos gestiegen. Sprühdelikte dürften allerdings eher die Ausnahme sein.Archiv-Foto: Jörg Bächle

Bianca Lütz-Holoch

Kreis Esslingen. Die Bewohner des Landkreises Esslingen fühlen sich sicher. „80 Prozent meiden keine bestimmten Örtlichkeiten, 78 Prozent von ihnen fühlen sich bei Nacht sicher“, berichtete Hans-Dieter Wagner, Leiter der Polizeidirektion Esslingen, von einer repräsentativen Umfrage. Diese subjektiven Eindrücke sieht der Leitende Polizeidirektor durch die Kriminalitätsstatistik bestätigt: Die Anzahl der Straftaten ist – anders als im Land – rückläufig. „Außerdem gibt es auffällige Veränderungen, was die Tatverdächtigen angeht“, sagte Wagner. Der Anteil der Kinder und Jugendlichen sei um zehn beziehungsweise elf Prozent zurückgegangen. „Das ist auch ein Ergebnis der zielgruppenspezifischen Präventionsarbeit im Landkreis“, zeigte er sich überzeugt.

Als „ärgerlich“ bezeichnete Wagner die Entwicklung der Aufklärungsquote. „Mit 57,1 Prozent liegen wir unter dem Landesdurchschnitt und unter unserem Wert von 2010“, sagte der Polizeidirektor und erläuterte, woran das liegt: 2011 gab es weniger Delikte, bei denen sich die Täter leicht ermitteln lassen – wie etwa Schwarzfahren – und mehr Delikte, die traditionell schwieriger aufzuklären sind, wie etwa Sachbeschädigung an Autos. Bei allen gravierenden Delikten jedoch sei die Aufklärungsquote hoch bis sehr hoch. „Alle zwölf Tötungsdelikte im vergangenen Jahr sind aufgeklärt worden“, so Wagner.

Dennoch sieht der Leiter der Polizeidirektion Handlungsbedarf: „Wir müssen uns in verschiedenen Bereichen anders aufstellen“, betonte er – und zwar abseits der Strukturreform (dazu siehe Text rechts). Ein zentraler Punkt laut Hans-Dieter Wagner ist eine stärkere Spezialisierung: „Die Standards sind mittlerweile so hoch, das viele Aufgaben künftig nur noch von Spezialisten bewerkstelligt werden können.“ Bei der Auswertung der Daten von Handys, Smartphones, Tablet-PCs und Computern beispielsweise seien hoch spezialisierte IT-Forensiker gefragt.

Bestimmte Delikte sollen künftig zudem nicht mehr bei den örtlichen Schreibstuben, sondern gleich bei einer zentralen Ermittlungsgruppe landen. Auch am Tatort möchte die Esslinger Polizei ihre Arbeit weiter verbessern. Eine qualifizierte Spurensicherung erleichtere die Aufklärung.

Handlungsbedarf gibt es zudem im Bereich der Rauschgiftbekämpfung. „Seit 2005 gehen die Fallzahlen nach unten“, sagte Kripo-Chef Franz Siebold – eine unerfreuliche Entwicklung, da im Bereich Drogen die Fallzahlen stets mit der Personalentwicklung einhergehen: Je mehr Kräfte, desto mehr Fälle können aufgedeckt werden. „Uns steht nicht immer das Personal zur Verfügung, das wir brauchen“, so Siebold. Insgesamt habe es im vergangenen Jahr Personalausfälle von über zehn Prozent gegeben. „Jetzt haben wir umorganisiert“, gab Siebold bekannt. Unter anderem sind zwei regionale Rauschgiftteams eingerichtet worden, eines im Stadtgebiet Esslingen, eines auf den Fildern. So soll es leichter gelingen, von der Konsumentenebene aus die Dealer zu erreichen.

Betroffen zeigte sich Hans-Dieter Wagner von der zunehmenden Gewalt gegen Polizeibeamte. 66 Beamte wurden im vergangenen Jahr verletzt. „123 Fehltage resultieren ausschließlich daraus, dass Polizisten angegriffen wurden“, so Wagner. Meist seien die Verletzungen durch Tritte oder Schläge entstanden, seltener durch Schlaggeräte und Waffen. Ein generelles gesellschaftliches Problem ist das laut Wagner allerdings nicht. Vielmehr sinke bei einer kleinen Teilmenge in der Gesellschaft – oft Jugendliche in Gruppen, die Alkohol oder Drogen konsumieren und in vielen Fällen Migrationshintergrund haben – der Respekt vor der Staatsgewalt. Bei ihnen gelte die Polizei als Feindbild.