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„Praxis-Erfahrungen sind wichtig“

Kultusminister Andreas Stoch war zu Gast im Pädagogischen Fachseminar in Kirchheim

Fachlehrer sind keine „1B-Ware“ und vor allem im Hinblick auf Ganztagsschulen wichtig: Diese Aussage des Schulministers Andreas Stoch wurde gestern im Pädagogischen Fachseminar in Kirchheim gerne vernommen.

Andreas Stoch (Dritter von rechts) besuchte auf Einladung des CDU-Landtagsabgeordneten Karl Zimmermann die Fachlehreranwärter un
Andreas Stoch (Dritter von rechts) besuchte auf Einladung des CDU-Landtagsabgeordneten Karl Zimmermann die Fachlehreranwärter und Lehrbeauftragten des Pädagogischen Fachseminars.Foto: Jean-Luc Jacques

Heike Allmendinger

Kirchheim. Fast eineinhalb Stunden hat sich Baden-Württembergs Kultusminister Stoch gestern auf Einladung des Kirchheimer CDU-Landtagsabgeordneten Karl Zimmermann Zeit genommen, um das Pädagogische Fachseminar in der Teckstadt kennenzulernen. Der SPD-Politiker besuchte zunächst einige Kurse der Fachlehreranwärter: Im biologisch-chemischen Bereich schaute er den angehenden Fachlehrern beim Experimentieren mit Hefe über die Schultern. Dann ging es um das „kooperative Lernen“ im Technikbereich und um Erlebnispädagogik. Und zu guter Letzt war Stoch zu Gast bei den „Musikern“: Die jungen Fachlehreranwärter spielten eigens für den Kultusminister das Lied „Country Roads“. Stoch ließ es sich nicht nehmen, mitzusingen und mit dem Fuß im Takt zu wippen.

Doch der Kultusminister war auch gekommen, um mit den Fachlehreranwärtern und den Lehrbeauftragten der Kirchheimer Einrichtung ins Gespräch zu kommen. Begeistert zeigte er sich von der Vielfalt der Berufsausbildungen, welche die Fachlehreranwärter mitbringen. „Die Bandbreite reicht vom promovierten Biologen bis zum Schreiner“, sagte Josef Zeiss, Leiter des Pädagogischen Fachseminars. Diese Heterogenität stelle die Lehrbeauftragten aber auch vor gewisse Herausforderungen, gab er zu bedenken. Wenn zum Beispiel jemand Kunst studiert hat, müsse man dessen Kunstfähigkeiten nicht infrage stellen. Jeder müsse dort abgeholt werden, wo er stehe. Stoch betonte, dass es die Stärke des Pädagogischen Fachseminars sei, die unterschiedlichen Fähigkeiten der jungen Leute zusammenzubringen.

Generell hält der Rechtsanwalt aus Heidenheim sehr viel von der Ausbildung zum Fachlehrer und von ihren Praxis-Erfahrungen, die sie auch in die Schulen tragen. Im vergangenen Jahr hatte er sich in einem Interview dafür ausgesprochen, dass Lehrer in den Ferien Betriebspraktika absolvieren sollen. Es schade nicht, wenn ein Lehrer mal einen Betrieb von innen gesehen hat, sagte er damals. Was folgte, war „sein erster ,Shitstorm‘“, erzählte Stoch gestern. Zahlreiche Menschen seien entrüstet gewesen. „Doch das ist meine Überzeugung.“

Die Fachlehrer seien, genauso wie die klassischen Lehrer mit abgeschlossenem Studium, wichtig für die Schulen – auch im Hinblick auf den Ganztagsausbau. Hier solle nicht nur „Mensch ärgere dich nicht“ gespielt werden – es gehe um Qualität. Die Eltern würden zu Recht erwarten, dass an den Schulen „eine erfolgreiche Bildung“ vermittelt werde, ergänzte Stoch und betonte: „Ich hoffe, dass auch die Eltern die Fachlehrer als gleichwertig akzeptieren.“

Der Kultusminister ging darüber hinaus auf die starken Veränderungen in der Bildungslandschaft ein. Diese müsse man auch als Chance begreifen, ermutigte er die angehenden Fachlehrer. Trotz Schülerschwund und Schulschließungen wolle er ein deutliches Signal setzen: Es gebe keinen Grund zur Angst. Die Zukunft der Schulen sehe er darin, dass dort ganz unterschiedliche Menschen die Schüler auf das Leben vorbereiten. Der Bedarf an Fachlehrern sei vorhanden.

Einige Fachlehreranwärter berichteten dem Kultusminister anschließend von ihrer Ausbildung. „Man profitiert voneinander und von den jeweiligen Erfahrungen“, sagte ein angehender Fachlehrer. „Ich bin sehr zufrieden mit der Ausbildung.“ Er würde es allerdings begrüßen, wenn die zweijährige Ausbildungszeit verlängert würde. „Denn in den zwei Jahren steckt viel Stoff drin.“

Ein weiterer Fachlehreranwärter beklagte, dass er und seine „Kollegen“ sich für manche ausgeschriebenen Stellen leider nicht bewerben könnten. Sie seien zwar geeignet und gut qualifiziert, aber die Schulleitungen würden es teilweise schlichtweg versäumen, die Stellen auch für Fachlehrer auszuschreiben. Dadurch seien sie von vornherein ausgeschlossen. Dieses „formale Problem“ sei vielen Schulleitungen womöglich gar nicht bewusst, sagte Stoch. Doch dieser Problematik müsse man sich annehmen. Fachlehrer dürften niemals als „1B-Ware ankommen“.

Die Ausbildung an den pädagogischen Fachseminaren solle man bekannter machen – auch bei den Schulleitungen, gab eine Lehrbeauftragte dem Kulturminister mit auf den Weg. Und auch Karl Zimmermann hatte eine Anregung für den SPD-Politiker: Der Landtagsabgeordnete plädierte dafür, die Ausbildungszeit um ein halbes Jahr zu verlängern. Denn bei den Fachlehrern handle es sich „genau um die Berufsgruppe, die wir benötigen“.

Pädagogisches Fachseminar in Kirchheim stand auf der Kippe

In Baden-Württemberg gibt es drei Pädagogische Fachseminare: in Karlsruhe, in Schwäbisch Gmünd und in Kirchheim. Dort werden junge Menschen, die bereits über eine Berufsausbildung verfügen, in zwei Jahren – sowohl in der Theorie als auch in der Praxis – zum Fachlehrer ausgebildet. Nach ihrer Ausbildung können die Fachlehrer Grund-, Haupt-, Werkreal- und Realschüler sowie in Einzelfällen Gymnasiasten bis zur zehnten Klasse in den Fächern Sport, Musik, Bildende Kunst, Technik mit Wirtschaftslehre und Hauswirtschaft/Textiles Werken unterrichten. Wie der Landtagsabgeordnete Karl Zimmermann beim Besuch des Kultusministers berichtete, stand das Fachseminar in der Teckstadt vor etlichen Jahren auf der Kippe. Damals habe es die Überlegung gegeben, das Fachseminar in Kirchheim aufzulösen und mit der Einrichtung in Schwäbisch Gmünd zusammenzulegen. „Ich habe gekämpft für den Erhalt des Kirchheimer Fachseminars“, erinnert sich Zimmermann. Mit Erfolg: In den Standort Kirchheim wurde viel Geld investiert. „Jetzt ist Kirchheim zum Hauptstandort für Fachlehrer geworden“, freut sich der Landtagsabgeordnete.alm