Andreas Volz
Kirchheim. Beim Bürgerinformationsabend in der Jesinger Schule stellte Ortsvorsteher Christopher Grampes zunächst einmal die Planungen vor, beginnend mit den Ergebnissen einer Teilnehmer-Befragung bei der Informationsveranstaltung ein Jahr zuvor: Demnach wünschen sich die Jesinger mehrheitlich, dass die Ortschaftsverwaltung am derzeitigen Standort bleibt und dass die Stadt Kirchheim auch künftig Eigentümerin des Verwaltungsgebäudes ist. Bei der Frage nach der Sanierung habe es nur noch eine knappe, aber immerhin noch absolute Mehrheit für den Erhalt des Gebäudes gegeben. Weil sich rund 20 Prozent nicht festlegen wollten, waren die Befürworter eines Neubaus bei der zurückliegenden Bürgerinformation klar in der Minderheit.
Das Raumprogramm, das Ortsvorsteher Grampes als nächstes vorstellte, gilt sowohl für eine Sanierung als auch für einen Neubau: Für fünf Arbeitsplätze benötigt die Ortschaftsverwaltung insgesamt drei Büroräume im ersten Stock. Hinzu kommen ein „soziokultureller Multifunktionsbereich“ samt Nebenräumen im Erdgeschoss und ein Sitzungssaal im Dachgeschoss, der ebenfalls multifunktional zu nutzen sein soll. Erreicht werden die einzelnen Stockwerke über ein Treppenhaus sowie über einen Aufzug. Für diesen Aufzug würde der alte Bau bei einer Sanierung eine größere Dachgaube auf der Rückseite erhalten, zu der sich auf der Vorderseite ein Pendant ähnlichen Ausmaßes gesellen würde.
Ein großer Unterschied in den Planungen besteht darin, dass der Neubau einen Keller erhalten würde, in dem sich die Registratur der Ortschaftsverwaltung unterbringen ließe. Deshalb müssten die Büros nicht mehr ganz so groß ausfallen. Überhaupt wäre der Neubau kleiner als das bisherige Rathaus: 351 statt 400 Quadratmeter. Auch die Grundfläche wäre entsprechend kleiner.
Das wirkt sich unter anderem auf die Baukosten aus: Während für die Sanierung Kosten von 2,26 Millionen veranschlagt sind, soll der Neubau „nur“ auf 1,66 Millionen Euro kommen. Zwar gäbe es für die Sanierung einen höheren Zuschuss, aber unter dem Strich blieben immer noch Kosten von 1,72 Millionen Euro gegenüber 1,36 Millionen Euro für einen Neubau. Außerdem ist es für den Zuschuss wichtig, dass die Rechnungen spätestens zum Jahresende 2015 eingereicht werden, weil dann die Ortskernsanierung Jesingen ausläuft. Beim Neubau wäre diese zeitliche Zielvorgabe machbar, betonte Christopher Grampes. Die Sanierung dagegen werde bis mindestens Mitte 2016 dauern. – Ein weiteres Argument, das aus Sicht der Verwaltung für einen Neubau spricht, sind die jährlichen Unterhaltskosten: Beim sanierten Rathaus lägen diese bei 118 000 Euro, beim Neubau dagegen um fast 30 000 Euro niedriger.
Für die Oberbürgermeisterin sind das „Argumente, die sich aufdrängen“ und die für einen Neubau sprechen. Aber eine Vorentscheidung sei trotz der entsprechenden Beschlussempfehlung noch nicht gefallen, betonte sie immer wieder. Die Bedeutung, die ein Rathaus – und zumal ein altes Gebäude – hat, sieht sie durchaus. Allerdings müsse die Verwaltung auch an die Zukunft denken und damit an die Kosten, die in der Zukunft entstehen. Außerdem werde selbst bei einer Sanierung nur ein Bruchteil des alten Gebäudes wirklich stehen bleiben. Aus dem 16. Jahrhundert stamme zudem nur der Dachstuhl des Gebäudes, und auch der lasse sich wohl nicht komplett erhalten.
Sehr emotional ging es bei den Wortbeiträgen der Zuhörer zu, auch wenn sich kein klares Meinungsbild ergab. Mit viel Leidenschaft argumentierten die Befürworter der Sanierung: Sie sprachen die Ensemblewirkung an – mit Kirche, Kelter, Pfarrhaus und Mühle. Sie nannten die frühere Funktion des Rathauses, unter anderem als Kindergarten und Schule. Sie beklagten, dass es – auch angesichts der Zeitnot – gar keine wirkliche Entscheidung mehr gebe, und bewerteten den Hinweis auf diesen Zeitdruck als ein Totschlagsargument gegen die Sanierung. Den geplanten Neubau dagegen bezeichneten sie abschätzig als „Starenkasten“ oder als „bessere Trafostation“.
Es gab allerdings auch genügend Befürworter des Neubaus, die für sich in Anspruch nahmen, den „vernünftigen“ Kostenargumenten zu folgen: Allein durch die Einsparung bei den jährlichen Kosten werde sich der Bau innerhalb von 50 Jahren von selbst bezahlt machen. Dagegen könne das Rathaus bei einer Sanierung zu einer „neuen Bruckmühle“ werden, und außerdem würde schon allein der Einbau eines Aufzugs den Charakter des alten Baus deutlich verändern.
Die Entscheidung wird alles andere als einfach – das ist die einzig sichere Erkenntnis des Informationsabends. Am Ende der Veranstaltung sagte Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker deshalb: „Ich hoffe, dass wir keinen Vermittlungsausschuss brauchen.“ Dieser Ausschuss würde gegebenenfalls einberufen werden, sollte der Jesinger Ortschaftsrat am kommenden Montag zu einem anderen Ergebnis gelangen als der Kirchheimer Gemeinderat am Mittwoch, 26. Februar.