Lokales

Reiter als neue Geldquelle?

Auch Reitvereine in Kirchheim und Weilheim machen gegen die Pferdesteuer mobil

Reitvereine sowie Pferdehalter und -züchter treibt derzeit deutschlandweit ein Thema um: der Kampf gegen die Pferdesteuer. Auch in der Region rund um die Teck wurden Unterschriften gesammelt.

Die Pferdehalter in der Region rund um die Teck hoffen, dass sie in punkto Pferdesteuer weiterhin gut lachen haben.Archiv-Foto:
Die Pferdehalter in der Region rund um die Teck hoffen, dass sie in punkto Pferdesteuer weiterhin gut lachen haben.Archiv-Foto: Jean-Luc Jacques

Kreis Esslingen. Um die Stadtkasse aufzubessern, hat das hessische Bad Sooden-Allendorf als bundesweit erste Kommune Ende 2012 die Pferdesteuer eingeführt. Dort müssen Pferdehalter 200 Euro pro Jahr und Tier berappen. Die hessischen Gemeinden Kirchheim und Schlangenbad sitzen bereits in den Startlöchern: Hier soll die Steuer ab 2014 erhoben werden. Die „Deutsche Reiterliche Vereinigung“ fürchtet nun, dass weitere Gemeinden nachziehen. Deshalb rief sie zur Unterschriftensammlung auf: Rund 523 000 Menschen haben sich in einer Online-Petition und auf Unterschriftenlisten gegen die Einführung der Pferdesteuer ausgesprochen. Die Petition soll nun dem Deutschen Städtetag sowie dem Deutschen Städte- und Gemeindebund übergeben werden.

Auch bei den Reitvereinen in Kirchheim und Weilheim lagen die Unterschriftenlisten aus. Tatjana Richter aus Bissingen, die Mitglied im Weilheimer Reit- und Fahrverein ist und drei Pferde besitzt, gehört zu den Unterzeichnern. „Sollte die Pferdesteuer kommen, müsste ich eines meiner Pferde verkaufen“, sagt die 46-Jährige. „Meine Tiere halte ich günstig in einem Stall am Haus. Nur so kann ich mir mein Hobby leisten.“

Es sei keineswegs so, dass das Reiten Luxussport darstelle und dass diese Freizeitbeschäftigung nur den Reichen vorbehalten sei, betont die Bissingerin. „Das Reiterklientel hat sich gewandelt.“ Viele Landwirte hätten auf Pferdehaltung umgestellt und würden Boxen preisgünstig an Pferdebesitzer vermieten. So sei es auch „vielen Normalverdienern“ möglich, Pferde zu halten.

Dies sei allerdings nicht mehr der Fall, wenn die Pferdesteuer bundesweit eingeführt würde, ist Tatjana Richter überzeugt. „Dann würde es eine Pferdeschwemme auf dem Markt geben, und viele würden für ihre Tiere keine Abnehmer finden. Dann müssten die Pferde zum Schlachter oder eingeschläfert werden.“

Isabella Thurner, Vorsitzende des Kirchheimer Reit- und Fahrvereins und ebenfalls Unterzeichnerin der Petition, kann ihrer „Kollegin“ nur beipflichten. Ein Pferd koste – ohne Steuer – jährlich zwischen 3 000 und 5 000 Euro. „Viele Pferdebesitzer fahren nur ein kleines Auto und verzichten auf Urlaub, damit sie ihr Hobby finanzieren können.“

Für die beiden Frauen ist es völlig unverständlich, dass in den drei hessischen Gemeinden eine Sportart besteuert wird. Zumal auch viele Kinder und Jugendliche Reitunterricht nehmen, ergänzen sie. Isabella Thurner gibt zu bedenken, dass eine Pferdesteuer zwangsläufig auch mit einer Erhöhung der Kosten für Reitunterricht einherginge. Pferde den Hunden gleichzustellen, für die eine Steuer erhoben wird, um damit die Anzahl der Vierbeiner in den Kommunen zu begrenzen, ist für die beiden Frauen nicht nachzuvollziehen. „Hunde leben mitten in den Gemeinden. Pferde kann man hingegen nicht in jedem Wohngebiet halten“, sagt Tatjana Richter.

Zu beachten seien außerdem nicht unerhebliche wirtschaftliche Aspekte: So komme auf fünf Pferde ein Arbeitsplatz, informiert Tatjana Richter. Zum Beispiel Hufschmiede, Tierärzte, Sattler, Reitlehrer und Futtermittelhersteller – sie alle hingen an der Pferdehaltung, betont Isa­belle Thurner. „Das ist ein nicht zu verachtendes Umsatzvolumen.“

Eine Umfrage des Teckboten bei den Gemeindeverwaltungen hat ergeben, dass die Pferdesteuer in der Region momentan kein Thema zu sein scheint. In Bissingen zum Beispiel nimmt man die Entwicklung in Hessen zwar zur Kenntnis, zieht daraus aber keine Schlüsse für die Seegemeinde. „Wir haben uns mit dem Thema seither nicht befasst“, winkt Bürgermeister Marcel Musolf ab. In Bissingen habe es in den Jahren 2009 und 2010 mehrere Beschwerden von Bürgern gegeben, die sich an Pferdeäpfeln auf den Gehwegen gestört hatten. Daraufhin habe die Gemeinde die Pferdehalter und Pensionsbetriebe im Ort darauf aufmerksam gemacht, dass es nicht gestattet sei, „auf Gehwegen und gekennzeichneten Fußwegen Pferde auszuführen“, berichtet Musolf. Darüber hinaus seien die Pferdehalter darum gebeten worden, die Pferdeäpfel auf öffentlichen Straßen zu beseitigen. In einem letzten Schreiben sei von­seiten des Ordnungsamts darauf hingewiesen worden, dass „die Gemeinde keine Pferdesteuer erhebt. Auch möchten wir Reiter wegen der Verschmutzung von Straßen und Gehwegen nicht bußgeldpflichtig anzeigen. Aber es ist nicht in Ordnung, dass unsere Schreiben von einigen Reitern nicht beachtet werden“. Mittlerweile sei das Problem aber im Griff. Die Pferdehalter würden sich an die Vorgaben halten, ergänzt Musolf.

„Das Thema Pferdesteuer geistert immer mal wieder durch die Kommunen“, weiß Lenningens Kämmerer Rudolf Mayer. „Aber ernsthaft verfolgt wurde es in Lenningen noch nie.“ Die Verschmutzung der Wege durch Pferde halte sich in Lenningen in Grenzen. „Deshalb haben wir keinen Anlass, über eine Pferdesteuer nachzudenken.“

Ähnlich äußert sich Weilheims Kämmerer Sascha Schneider. Und auch in Kirchheim schüttelt man in punkto Pferdesteuer den Kopf. Kämmerer Herbert Sedlaczek-Kohl kann es zwar nachvollziehen, dass kleine Kommunen, die mit einer hohen Verschuldung zu kämpfen haben, über die Pferdesteuer nachdenken. Allerdings müsse man auch immer den Verwaltungsaufwand betrachten. Ist dieser zu hoch, lohne sich die Einführung der Steuer nicht.

In Wendlingen war die Aufregung groß

In Wendlingen schlugen im Jahr 2003 die Wogen hoch, als ein Gemeinderat vorschlug, die Pferdesteuer einzuführen. Die Aufregung war groß: Aus dem gesamten Bundesgebiet wurde die Stadtverwaltung mit E-Mails von verärgerten Pferdehaltern überschüttet. Insbesondere der Pferdesportverband Baden-Württemberg wehrte sich vehement gegen die geplante Abgabe. Anfang 2004 beschloss die Kommune schließlich, „nach Abwägung aller Vor- und Nachteile und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass in umliegenden Kommunen eine Einführung nicht vorgesehen ist“, auf die Pferdesteuer zu verzichten.alm