Lokales

Schuldenmarke nicht geknackt

Kreistagsmehrheit beschließt Kreisumlage von 38,9 Prozent

Auch der neue Kreisetat wird die 100 Millionen Schuldenmarke des Kernetats nicht knacken. Mit der gestern beschlossenen Kreisumlage von 38,9 Prozent wird der Schuldenberg Ende 2012 immer noch 103,5 Millionen Euro betragen.

Richard Umstadt

Esslingen. Da half alles Reden nichts. Weder der Appell des Landrats, in guten Zeiten für eine schnellere und deutliche Reduzierung der Schulden zu sorgen, wie 2009 zugesichert, noch die mahnenden Worte von Alfred Bachofer, dem Vorsitzenden der Freien Wähler, angesichts zukünftiger Brocken und der Verpflichtung für die Kreiskliniken jetzt ein Signal zu setzen, das Ruder herumzureißen und einige Millionen in den Schuldenabbau zu inves­tieren.

Deshalb plädierten die Freien Wähler auch für einen Hebesatz von 39,1 Prozent. Das hätte den Schuldenberg von 105,7 Millionen Ende 2011 auf 102,7 Millionen Euro Ende 2012 abgetragen. Aber nur im Kernhaushalt. Rechnet man die rund 22

Millionen Euro für den Erweiterungsbau des Landratsamtes, den Investitionskostenzuschuss für die Kreiskliniken hinzu, so stehen unter dem Strich Gesamtschulden von rund 196 Millionen. Deshalb reichte es Alfred Bachofer nicht, sich zufrieden mit dem Verwaltungsvorschlag von 38,6 Prozentpunkten Kreisumlage anzufreunden, wie dies SPD und FDP taten, „die davor die Augen verschließen, dass es auf dem Schuldenkonto des Kreises miserabel aussieht“.

Die Chefin der SPD-Kreistagsfraktion bewegte dies nicht, denn „das Ergebnis des Kreishaushaltes sieht heute entscheidend besser aus als im Oktober bei der Einbringung des Kreisetats“, konstatierte sie. Damals fehlten dem Kreis 5,7 Millionen Euro in der Kasse. Zwischenzeitlich seien es nur noch 1,4 Millionen Euro. Dabei monierte sie, dass von der Verwaltung noch gar nicht alle Verbesserungen berücksichtigt wurden. Sonja Spohn jedenfalls ging von einem ausgeglichenen Haushalt 2012 aus und mutmaßte, es könnte sogar ein positives Ergebnis draus werden. „Im Haushaltsjahr 2012 wird unser Landkreis sein Eigenkapital aufstocken und Schulden abbauen können – und dies­ wird ohne jegliche Erhöhung der Kreisumlage möglich sein“, prophezeite sie. Deshalb konnten die Genossen im Kreistag die unterschiedlichen Anträge auf Erhöhung der Kreisumlage nicht nachvollziehen. Es sei kein faires Spiel, auf Kosten der Kommunen den Schuldenstand des Landkreises zu reduzieren.

Das sah Marianne Erdrich, Vorsitzende der Grünen-Fraktion, anders. Zwar falle das Jahresergebnis 2011 sehr gut aus. Doch 2012 wird nur dann gut laufen, wenn die Konjunktur nicht einbricht. Auf längere Sicht jedenfalls sah sie dunkle Wolken am Konjunkturhimmel und erinnerte an das gemeinsame Ziel aller Fraktionen, den Schuldenberg des Kreises abzutragen. Fünf Jahre lang habe der Kreis den Entschuldungsplan auf Eis gelegt, um den Kommunen erhöhte Umlagezahlungen zu ersparen. „Jetzt ist die Zeit, den Entschuldungskurs konsequent weiterzufahren. Das bringt Generationengerechtigkeit.“

Die Grünen beantragten einen Hebesatz von 39,8 Prozent. Dies hätte die Verschuldung des Kernhaushalts bis zum Jahresende 2012 auf 99,2 Millionen Euro gedrückt. Allein, eine Kreistagsmehrheit war ebenso gegen diesen Antrag wie gegen den Antrag der Republikaner, eine Kreisumlage von 39,7 Prozent zu beschließen. Auch damit wäre die 100 Millionen Euro-Schuldenmarke geknackt worden. „Dies ist im Übrigen eine alte Forderung der CDU-Fraktion“, blickte der Chef der Republikaner, Ulrich Deuschle, in Richtung Gerhard Schneider, dem Vorsitzenden der Christdemokraten im Kreistag.

Doch Gerhard Schneider und seine Fraktion begnügten sich mit einem ausgeglichenen Haushalt und

einem Schuldenabbau um zwei Millionen auf 103 Millionen Euro. Dazu reichte der CDU-Antrag, die Kreisumlage auf 38,9 Prozent zu erhöhen, aus und war erfolgreich. Ihm stimmten nicht nur Christdemokraten, sondern auch Freie Wähler, Grüne und Republikaner zu. Damit war der Verwaltungsantrag mit 38,6 Prozent, dem sich auch SPD und Liberale angeschlossen hatten, passé.

Zu denken gab Schneider allerdings, dass in guten Zeiten die Kreisumlage mit rund 193 Millionen Euro von den Ausgaben im sozialen Bereich „voll aufgefressen“ wird. Auch die Gesamtlasten von rund 197 Millionen Euro bereiteten ihm Sorgen – „eine gewaltige Hypothek auf die Zukunft“. Wie Erdrich-Sommer sah auch der Finanzexperte der CDU-Fraktion die konjunkturellen Aussichten eingetrübt. „Die Schuldenkrise ist das alles beherrschende Thema.“

Ulrich Fehrlen, Vorsitzender der FDP-Fraktion, wollte „des Kaisers geben, was des Kaisers ist“, sprich 38,6 Prozent Hebesatz. „Wir sehen keinen Anlass, die Kreisumlage zu erhöhen.“ Dennoch trat auch er dafür ein, das Ziel, die Kreisverschuldung abzubauen, nicht aufzugeben.