Lokales

Stadt will Spielhöllen in Schach halten

Häufung von Vergnügungsstätten und Ansiedlung im Erdgeschoss soll ausgeschlossen werden

Spielhallen und Wettbüros gibt es in Kirchheim in großer Zahl. Das ist den Stadträten schon lange ein Dorn im Auge. Doch die Ansiedlung von sogenannten „Vergnügungsstätten“ lässt sich nicht so leicht verhindern. Die Stadt Kirchheim entwickelt eine Strategie, um die Spielhöllen in Schach zu halten.

Vergnügungsstätten am Kirchheimer Postplatz tragen nicht zur Belebung des Platzes bei. Auch unter städteplanerischen Aspekten si
Vergnügungsstätten am Kirchheimer Postplatz tragen nicht zur Belebung des Platzes bei. Auch unter städteplanerischen Aspekten sind sie daher alles andere als gern gesehen.Foto: Jean-Luc Jacques

Kirchheim. Kirchheim ist mit seinem Problem nicht allein. Vielerorts haben Städte den Kampf gegen Glücks­spieletablissements aufgenommen. Doch der ist oftmals ein Kampf gegen Windmühlen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Spielhallen als Mieter beliebt sind: Ihre Betreiber sind bereit, hohe Mieten zu berappen.

„Auf kommunaler Ebene kann man nur mit Mitteln der Bauleitplanung zu steuern versuchen“, machte Daniel Altemeyer-Bartscher in der Gemeinderatsitzung klar. Er ist Büroleiter im Büro Dr. Acocella für Stadt- und Regionalentwicklung. Selbiges hatte die Stadt mit einer Konzeption für Vergnügungsstätten beauftragt. Das Büro berät zahlreiche Städte, die das Problem der Vergnügungsstätten kanalisieren wollen. Darunter fallen Einrichtungen wie Nachtlokale, Spielhallen, Wettbüros, Diskotheken oder Swingerclubs. Bordelle gehören nicht dazu, denn sie zählen als „allgemeine Gewerbebetriebe“. Natürlich gibt es gerade hier einen unübersichtlichen Graubereich, wie der Fachmann einräumte.

Grundsätzlich gilt: Ansetzen kann eine Kommune dann, wenn „Störpotenziale“ von Vergnügungsstätten ausgehen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn die Mietpreise plötzlich sinken und das Gebiet unattraktiver wird. Hier ist von einem „Trading-down-Effekt“ die Rede. Das ist in Kirchheim durchaus mancherorts zu beobachten, wie Altemeyer-Bartscher darstellte. Er registrierte eine Konzentration der Vergnügungsstätten am Innenstadtrand, vor allem am Postplatz und in der oberen Dettinger Straße, wo sich der Einzelhandel auszudünnen beginnt.

Gerade gegen eine solche Konzentration kann jedoch vorgegangen werden. Das Landesglücksspielgesetz, das für den Herbst angekündigt ist, will einen Mindestabstand zwischen Spielhallen von 250 Metern vorschreiben. Ebenso ist es möglich, die Nutzung von Geschäftsräumen im Erdgeschoss für Spielhöllen zu verbieten. So werden immerhin ansprechende Schaufensterfassaden nicht durch abgeklebte Fenster unterbrochen. Der Fachmann empfahl, mit diesen beiden Steuerungsansätzen die Ansiedlung von Vergnügungsstätten im Hauptgeschäftsbereich, also auch in der Markstraße, als Ausnahmeregelung zuzulassen. Diese gezielte Planung soll den Wildwuchs eindämmen. Dahinter steht die Hoffnung, dass sich Vergnügungsstätten dort, wo der Handel sehr stark ist, nicht ansiedeln werden, auch wenn sie gerade dort zugelassen wären.

Redner aller Fraktionen signalisierten im Gemeinderat Zustimmung. Gemeinsames Ziel ist längst, die Ausbreitung der Spielhallen einzudämmen und damit auch das Suchtpotenzial, das von ihnen ausgeht, zu begrenzen. Die soziale Kontrolle in stark frequentierten Gebieten wie der Innenstadt schien allen ein Vorteil, wobei auch hier negative Auswirkungen auf die Nachbarschaft möglich scheinen.

Grundsätzlich waren sich die Räte einig, dass das eigentliche Problem der Spielsucht nicht etwa gelöst, sondern allenfalls etwas entschärft wird. Zum einen dürfen Spielautomaten in geringer Zahl auch in Gaststätten aufgestellt werden, zum anderen gibt es in der Stadt nun mal bereits über ein Dutzend Spielhallen. „Für die bestehenden Vergnügungsstätten gilt Bestandsschutz“, machte Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker klar. Die nun anstehenden Bebauungsplanänderungen werden also erst nach und nach Früchte tragen. Die Stadtchefin sandte auch einen Appell an die Eigentümer der Häuser in der Innenstadt: Auch sie können durch ihre Mieter die Entwicklung einer Stadt steuern.

Bordelle sollen nach Empfehlung des Fachmanns in Gewerbegebieten in Ausnahmefällen zugelassen werden, sofern keine städtebaulichen Beeinträchtigungen entstehen.