Lokales

„Teigwaren als Erlebnis“

Alb-Gold Chefin Irmgard Freidler beim Frauenwirtschaftstag in Kirchheim

Irmgard Freidler, die Frau an der Spitze von Alb-Gold in Trochtelfingen, hat es geschafft, die Firmengruppe mit 420 Mitarbeitern
Irmgard Freidler, die Frau an der Spitze von Alb-Gold in Trochtelfingen, hat es geschafft, die Firmengruppe mit 420 Mitarbeitern auf Erfolgskurs zu halten.Foto: Kai Sonntag

„Ich bin immer meinen authentischen Weg gegangen und habe immer nur an den nächsten Schritt gedacht.“ Die Botschaft von Irmgard Freidler ist klar. Sie ist die Geschäftsführerin von Alb-Gold-Nudeln in Trochtelfingen und wurde anlässlich des Frauenwirtschaftstages zu einem Vortrag in die Volksbank Kirchheim geladen.

Kai Sonntag

Kirchheim. Seit zehn Jahren gibt es die Frauenwirtschaftstage in Baden-Württemberg. Veranstaltet werden sie mit dem Ziel, die Bedeutung von Frauen in und für die Wirtschaft herauszustellen. Irmgard Freidler ist dafür ein denkbar gut geeignetes Beispiel. In ruhigem Ton beschreibt sie den Aufstieg des Unternehmens vom kleinen Geflügelhof zu einem der größten und bekanntesten Teigwarenhersteller Deutschlands.

Ende der 60er Jahre hatte sich ihr Schwiegervater auf der Alb niedergelassen und dort einen Geflügelhof gegründet. Das raue Klima der Alb hatte seiner Frau gut getan. Das Unternehmen wächst, vermarktet Eier und Hühnerfleisch aus einer Schlachtung. Schon in den 70er Jahren beginnt Franz Freidler, der Sohn des Firmengründers, das Produktsortiment auf eigene Teigwaren auszudehnen. Die Produktion von Nudeln nimmt einen immer größeren Stellenwert ein, seit Mitte der 90er Jahre konzentriert sich das Unternehmen ausschließlich auf diesen Bereich.

Um die Jahrtausendwende folgte der nächste große Umbruch. Irmgard Freidler erzählt, dass das Unternehmen damals in einer Situation war, in der es zwar qualitativ hervorragende Produkte herstellte, der Bekanntheitsgrad der Marke aber gering war. „Wir hatten uns damals bereits den Mountain-Bike-Trend zunutze gemacht und veranstalten seitdem die Alb-Gold-Woche, ein bedeutendes Mountain-Bike-Rennen. Das brachte uns zwar einen gewissen Bekanntheitsgrad in der Radsport-Szene ein, aber das reichte nicht.“ Ihr Mann hatte dann eine kühne Marketing-Idee: „Statt Regalplätze in den Supermärkten zu kaufen, um unsere Produkte platzieren zu können, wollten wir die Kunden zu uns nach Trochtelfingen locken und das Thema Teigwaren zu einem Erlebnis machen.“ Das bedeutete gläserne Produktion, Gastronomie, Koch- und Eventveranstaltungen, die Ausrichtung von regionalen Märkten und der Verkauf von besonderen Artikeln, die nicht in einem Supermarkt erhältlich sind. Ein großes Kundenzentrum wurde gebaut. Die Umsetzung muss mühevoll gewesen sein und viel Überzeugungsarbeit gekostet haben. „Es gab viel Spott und Häme in dieser Zeit“, berichtet Irmgard Freidler, „aber vom ersten Tag der Eröffnung an war unser Kundenzentrum ein voller Erfolg. Etwa 300 000 Besucher kommen pro Jahr zu uns.“ Seit 2005 ist ein zwei Hektar großer Kräutergarten hinzugekommen. „Wir gelten seitdem als touristischer Leuchtturm, sogar Bundespräsident Horst Köhler hat uns besucht.“ Sie betont: „Vor allem aber war es uns wichtig, das Vertrauen unserer Kunden zu gewinnen. Das Image der Lebensmittelindustrie war schlecht, da wollten wir dagegen halten.“

Der große Schock kam an einem Sonntag im Juli 2010. Wie immer sonntags war Irmgard Freidlers Mann mit dem Rad unterwegs. Aber diesmal kam er aufgrund Herzversagens nicht mehr heim. Mit einem Schlag musste sie von der zweiten Reihe an die Spitze des Unternehmens wechseln, weil es für sie klar war, die Verantwortung zu übernehmen. Die beiden Söhne hatten gerade ihr BWL-Studium beendet und traten ebenfalls ins Unternehmen ein. „Ich hatte damals Angst vor der Herausforderung und war unsicher, ob ich das schaffen würde. Damals merkte ich, wie wichtig es ist, immer nur an den nächsten Schritt zu denken. Ich erkannte auch, dass man viel mehr kann, als man denkt, wenn man nur den Mut dazu aufbringt.“

Heute ist Irmgard Freidler stolz auf ihre Leistung. „Wir haben es geschafft, den Betrieb auf Erfolgskurs zu halten. Mit 420 Mitarbeitern in der Firmengruppe, 60 000 Tonnen Teigwaren pro Jahr und etwa 150 verschiedenen Teigwarenarten gehören wir zu den führenden Unternehmen der Branche.“

Zu den Erfolgsrezepten gehören sicherlich die Qualität der Rohstoffe ebenso wie die Kooperation mit Bauern und Mühlen der Region, die Investitionen in die Saatgutforschung und die ausgeprägte Firmenkultur sowie die Besetzung von Marktnischen – und nicht zuletzt die Frau an der Spitze.