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Teure Döner und wütende Hundebesitzer

Unterwegs mit Mitarbeitern des Ordnungsamts – „Beschimpfungen darf man nicht persönlich nehmen“

Die Mitarbeiter des Ordnungsamts sind regelmäßig im ganzen Stadtgebiet unterwegs. Am meisten ist um die Mittagszeit im Bereich d
Die Mitarbeiter des Ordnungsamts sind regelmäßig im ganzen Stadtgebiet unterwegs. Am meisten ist um die Mittagszeit im Bereich der Fußgängerzone los.Fotos: Jean-Luc Jacques

Kirchheim. Angela Damm aus Kirchheim macht sich mit ihrem Beruf keine Freunde. Das weiß die 48-Jährige, die sich des Öfteren einiges anhören muss oder sich zumindest bösen Blicken ausgesetzt sieht. Doch die Vollzugsdienst-Mitarbeiterin des Kirchheimer Ordnungsamts, die täglich in der Stadt unterwegs ist und den „ruhenden Verkehr“ kontrolliert, geht ihrer Arbeit trotzdem gerne nach.

An diesem Nachmittag durchstreift Angela Damm mit ihrem Kollegen Sascha Adam die Innenstadt Kirchheims. Der 43-Jährige ist neu in der „Branche“ und befindet sich noch in der Einlernphase. „Ich war zehn Jahre lang im privaten Sicherheitsdienst tätig“, erzählt der Kirchheimer und fügt verschmitzt hinzu: „Von daher bin ich einiges gewohnt.“

Die beiden Mitarbeiter des Vollzugsdienstes gehen in Richtung Schuhstraße. Dort sticht ihnen gleich ein VW Golf ins Auge, der außerhalb der erlaubten Lieferzeiten in der Fußgängerzone abgestellt wurde. Es ist 13.35 Uhr. Das Befahren zum Be- und Entladen ist werktags aber nur bis 11 Uhr zugelassen. Im Auto befindet sich kein Genehmigungsausweis, und vom Fahrzeughalter ist nichts zu sehen.

Angela Damm fotografiert das Fahrzeug mit Stuttgarter Kennzeichen und tippt den Verstoß in ihr Erfassungsgerät ein. Derweil füllt Sascha Adam ein knallrotes Knöllchen aus – und just in dem Moment biegt ein junger Mann mit einem Döner in der Hand um die Ecke und steuert auf den Golf zu. Er erkennt die Situation sofort, und ohne die Höhe der Strafe zu wissen, fragt er völlig cool, ob er die Gebühr gleich bezahlen oder überweisen soll. 30 Euro kostet den Golf-Fahrer das Vergnügen. Ein teurer Döner! Doch der Mann nimmt‘s gelassen: „Ok, alles klar. Passt“, winkt er ab, beißt in sein Mittagessen und fährt auf und davon.

„Der war ja anständig“, sagt Angela Damm und berichtet von ganz anderen Erlebnissen während ihrer Tätigkeit: Mit Sprüchen wie „Sie sind unmenschlich“ über „Das ist Abzocke“ bis hin zu „Haben Sie nichts Besseres zu tun?“ werde sie regelmäßig konfrontiert. „Das geht dann bis zu übelsten Beschimpfungen unter der Gürtellinie“, erzählt die 48-Jährige, die seit fast zwei Jahren im Vollzugsdienst tätig ist und zuvor 23 Jahre bei der Bußgeldstelle des Kirchheimer Ordnungsamts gearbeitet hat. Zum Glück sei sie bislang noch nie körperlich angegriffen worden, ergänzt sie. „Man darf die Beschimpfungen nicht persönlich nehmen. Das muss zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus.“

Generell versuche sie, immer freundlich zu den Leuten zu sein. Als Vollzugsdienst-Mitarbeiter müsse man auch darauf achten, dass die Situation nicht eskaliert. „Ich lasse die Leute meistens erst mal schreien und sage dann: So, jetzt unterhalten wir uns normal“, erzählt Angela Damm. Das wirke in fast allen Fällen. Ab und an komme dann sogar ein angenehmes Gespräch zustande, und die Verkehrsteilnehmer würden sich manchmal auch für ihr unflätiges Verhalten entschuldigen.

Weiter geht‘s in die Turmstraße. „Hier sind wir zwischen Rossmarkt und Wellingstraße im verkehrsberuhigten Bereich“, erklärt Angela Damm. Das Parken ist in diesem Abschnitt nicht erlaubt – doch gleich zwei Fahrzeughalter kümmert das wenig. Sie haben ihre Autos, einen Peugeot und einen VW Golf, einfach abgestellt. Kurz nachdem die beiden Vollzugsdienst-Mitarbeiter in ihren dunkelblauen Jacken mit der Aufschrift „Ordnungsamt“ wieder tätig werden, steuert ein Mann mittleren Alters seinen VW Golf an. Auch er ist einsichtig, als Angela Damm ihn über sein Vergehen und das Verwarnungsgeld in Höhe von zehn Euro aufklärt: „Ok, kein Thema“, sagt er.

Ganz anders reagiert ein junger Mann, der seinen Fiat Punto auf dem Gehweg am Rossmarkt abgestellt hat und nun lässig an seinem Wagen lehnt. „Ich warte nur auf meinen Hund“, versucht er die Vollzugsdienst-Mitarbeiter davon zu überzeugen, dass sein Verhalten doch überhaupt nicht dramatisch sei. Doch Angela Damm und Sascha Adam kennen kein Pardon: „Um auf einen Hund zu warten, brauchen Sie nicht auf dem Gehweg zu parken“, verdeutlicht Angela Damm. Dem jungen Mann, der eine Strafe in Höhe von zehn Euro zu bezahlen hat, steht der Zorn daraufhin ins Gesicht geschrieben. Wütend und mit grimmigem Blick knallt er den Kofferraum seines Autos zu, steigt ein und macht sich auf Parkplatzsuche.

„In unserem Beruf überwiegen die negativen Ereignisse, aber manchmal erleben wir auch ganz nette Dinge“, erzählt Angela Damm, während die Tour durch die Stadt weitergeht. Vor Kurzem habe zum Beispiel eine Frau ihr Auto nicht mehr gefunden und sei ganz aufgelöst gewesen. „Ich habe ihr dann bei der Suche geholfen.“ Die Frau war überaus dankbar für die Hilfe, sagt die Mitarbeiterin des Ordnungsamts und fügt hinzu, dass manche Menschen auch Verständnis für ihre Tätigkeit aufbringen. Schließlich sei sie notwendig; das würde der eine oder andere Verkehrsteilnehmer einsehen.

Dann setzt plötzlich Regen ein. Doch für die beiden Mitarbeiter des Ordnungsamts ist der Arbeitstag noch nicht beendet. Sie trotzen Wind und Wetter und begeben sich in die Dettinger Straße. Dort darf man auf den markierten Flächen parken, sofern man einen Parkschein gezogen hat und dessen Zeit noch nicht überschritten ist. Der Fahrzeughalter eines Mercedes hat die Parkzeit bereits um vier Stunden überzogen. Das wird teuer: 25 Euro muss er berappen. Darüber hinaus stoßen Angela Damm und Sascha Adam auf weitere fünf Fahrzeuge, deren Besitzer gegen die Vorschriften verstoßen haben und die bei ihrer Rückkehr ein Knöllchen unter ihrem Scheibenwischer vorfinden werden.

Zwischen 20 und 50 Parksündern kommt Angela Damm täglich in Kirchheim auf die Spur. „Am meisten ist um die Mittagszeit im Bereich der Fußgängerzone los.“ Aber auch werktags ab 16 Uhr, samstags und generell an Markttagen würden sich etliche Verkehrsteilnehmer nicht an die Regeln halten, ergänzt die 48-Jährige.

Sie und ihr Kollege haben es für diesen Nachmittag geschafft. Der Kontrollgang durch die Innenstadt ist erledigt – zum Glück, denn der Regen wird immer stärker. Es gibt ein angenehmeres Wetter, sind sich die beiden einig, und Angela Damm sagt erleichtert: „Jetzt geht‘s schnell ins Büro.“

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