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Tiefer Graben statt Barrierefreiheit

Gemeinderat kann sich nicht auf Konzept zur Rathaussanierung einigen

Ursprünglich hätte der Schlierbacher Gemeinderat nur grundsätzlich über das Konzept zur Rathaussanierung entscheiden sollen. Stattdessen drehte sich die Diskussion im Ratsrund jedoch um die Frage nach der Wertigkeit des Technischen Ausschusses.

Schlierbach. Eigentlich hätte der Tagesordnungspunkt „Barrierefreier Zugang und Sanierungsmaßnahmen beim Rathaus“ schnell abgehandelt werden können: Dass die Innenräume des Verwaltungssitzes saniert werden müssen, ist ebenso unstrittig wie die Tatsache, dass das Rathaus keinen geeigneten Zugang für Rollstuhlfahrer besitzt.

Ein Konzept, das die notwendigen Sanierungsmaßnahmen und die Schaffung eines barrierefreien Zugangs umfasst, ist von der Verwaltung in Zusammenarbeit mit einem Architekturbüro erstellt und im Technischen Ausschuss auch vorberaten worden. Konzept und Ergebnis der Vorberatung flossen in den dem Gemeinderat vorgelegten Beschlussantrag ein, der eine Zustimmung zum Konzept sowie eine Erarbeitung der Pläne für den notwendigen Bauantrag durch die Architekten vorsah.

Laut dem Konzept kosten die notwendigen Maßnahmen knapp 500 000 Euro, wobei die einzelnen Maßnahmen in Pakete zusammengefasst sind. Neben den Arbeiten zur

Plan: Innensanierung, Wärmedämmung und Umbau des Eingangs

Innensanierung umfasst das Konzept eine Wärmedämmung des Dachbodens und einen Umbau des Eingangsbereichs mit verglastem Windfang.

Der barrierefreie Zugang zum Hochparterre und zum Obergeschoss soll durch einen Außenaufzug an der Südwestseite des Rathauses erreicht werden. Auch der Zugang zum Bürgersaal im Untergeschoss soll barrierefrei werden. „Die vorgestellten Pakete sind voneinander unabhängig und müssen nicht gemeinsam durchgezogen werden, sondern können auf mehrere Jahre verteilt werden“, sagte Bürgermeister Paul Schmid.

Statt Diskussion und Beschlussfassung folgte jedoch der Antrag auf Vertagung. „Wir haben in der Fraktion kontrovers über die Konzeption diskutiert und regen eine Vertagung des Punktes und auch eine Klausursitzung dazu an“, erklärte Jörg Feldsieper von den Freien Wählern. Angesichts der Kosten und der Erfahrungen rund um den Bau des Kinder- und Bildungshauses sehen die Freien Wähler weiteren Beratungsbedarf.

Auch die CDU sah dies so: „500 000 Euro sind ein dicker Brocken“, sagte Kurt Moll, der ebenfalls von einer lebhaften Diskussion in seiner Fraktion berichtete und die Anregung Feldsiepers, eine Klausur abzuhalten, gut

„500 000 Euro sind ein dicker Brocken“

fand. Direkt in die Detailkritik zum vorgelegten Konzept stieg sein Fraktionskollege Rainer Waldenmaier ein, der sich aufgrund seines Berufes sehr gut mit Aufzügen auskennt und sich deshalb den vorgeschlagenen Außenaufzug zur Brust nahm.

Pikanterweise ist Waldenmaier Mitglied im Technischen Ausschuss, war aber bei der Vorberatung beruflich verhindert. So kritisierte er grundsätzlich die Festlegung der Sitzungstermine des Ausschusses. Schmids Einwand, die Termine hätten sich eben auch nach der Verfügbarkeit der externen Berater zu richten, wollte wiederum Kurt Moll nicht gelten lassen: „Wir bezahlen dafür – dann müssen die sich auch nach uns richten.“ Außerdem entbinde die Vorberatung im Technischen Ausschuss die übrigen Ratsmitglieder nicht vom eigenen Nachdenken.

Für Paul Schmid stellte sich da­raufhin die Frage, was die Vorberatung im technischen Ausschuss überhaupt wert sei, wenn sich der Gemeinderat am Ende nicht an den Ausschussempfehlungen orientiere. „Sie müssen mir dann schon sagen, wie ich so ein Projekt aufs Gleis setzen soll.“ Jörn Feldsieper stellte klar,

Klausurtagung zur Rathaussanierung beschlossen

dass der Technische Ausschuss lediglich ein beratender und kein beschließender Ausschuss sei und fügte hinzu: „Ich hätte mich gefreut, wenn Sie meinen Antrag als Chance gesehen hätten, das Gremium geschlossen hinter das Projekt zu bringen.“

Auch Kurt Moll erinnerte nochmals daran, dass der Technische Ausschuss ein beratendes Gremium sei. Er verwahrte sich auch gegen den seiner Meinung nach entstandenen Eindruck, dass der Sachverstand nur im Ausschuss, aber nicht im Gemeinderat versammelt sei. „Im Gemeinderat sitzen keine 14 Deppen – und insofern habe ich kein Problem damit, wenn der Gemeinderat anderer Meinung ist als der Technische Ausschuss.“ Im Übrigen stehe die CDU zu einem barrierefreien Zugang.

Marco Emmert (CDU) versuchte letztendlich, die Diskussion wieder in versöhnlichere Bahnen zu lenken. „Es muss doch möglich sein, am Grundkonzept das eine oder andere nochmals zu besprechen, um das Rathaus noch zukunftsfähiger zu machen“, plädierte er für eine Rückkehr zur Sachdiskussion. „Eine gewisse Meinungsvielfalt sorgt ja nicht zwangsläufig für eine Verschlechterung des Entwurfs.“

Schließlich beschloss der Gemeinderat, den Tagesordnungspunkt zu verschieben und eine Klausursitzung zur Rathaussanierung abzuhalten. Der Vorschlag Ralf Dreizlers (FUW), bereits im Vorfeld Fragen an die Architekten zu sammeln und zu übergeben, fand große Zustimmung.