Kirchheim. „Große Veränderungen“ verhieß Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker im stadträtlichen Ausschuss für Technik und Umwelt für den Alleenring. – Veränderungen, die auch große Chancen für die Innenstadt bergen durch Ampelabbau, Temporeduzierung und mehr Platz für Gastronomie und städtisches Leben.
Martin Zimmert, Leiter des Geschäftskreises Hoch- und Tiefbau, fasste die übergeordneten Ziele für die Neugestaltung des Rings ums Herz der Stadt zusammen: Der Verkehr soll dank Tempo 30 gleichmäßiger fluten, Fußgänger sollen die Straße besser queren können, Radler werden künftig gemeinsam mit den Autos die Straße nutzen, und frei werdende Straßenflächen können teils zu Parkplätzen werden, teils zu Biergärten, Terrassen und Freiflächen.
Zimmert skizzierte kurz die wesentlichen baulichen Änderungen, die die Verwaltung im Dreiviertelsrund zwischen Minikreisel am Schweinemarkt und Einmündung der Hindenburgstraße ins Auge gefasst hat. Der übrige Bereich, auf dem der Verkehr dichter ist, wird unabhängig geplant. Dort soll es am Amtsgericht einen Kreisverkehr geben, die Ampel an der Einmündung der Hindenburgstraße bleibt als einzige am Alleenring erhalten.
Große Neuerungen stehen vor allem rund um die Verkehrsinsel beim Alten Teckboten im nördlichen Bereich des Alleenrings an. Bisher teilt sich dort die Straße in zwei Einbahnstraßen. Nach entsprechendem Umbau soll der Verkehr komplett nur noch auf dem südlichen Arm fließen. Der nördliche Bereich, an dem sich bereits eine Reihe von Lokalen angesiedelt hat, wird Fußgängerzone und kann sich zu einer Art gastronomischen Meile entwickeln. Zwar fallen hier ein paar Parkplätze weg, jedoch kommen 19 neue entlang der Mauer am Rollschuhplatz hinzu.
Bei der Querung der Max-Eyth-Straße über den Ring soll die Ampel zugunsten eines weiteren Plateaus mit Zebrastreifen entfallen, entsprechend der Lösung am Alten Haus. Die Linksabbiegespur zum Krautmarkt wird im weiteren Verlauf auch entfallen, eine weitere im Süden, bei der Rossmarkt-Einfahrt, wird verkürzt. Fußgängern soll die Querung beim Schloss in die Schülestraße erleichtert werden. Der Verzicht auf Busbuchten schafft weiteren Freiraum.
Die Stadträte zeigten sich angesichts der Planung zwiegespalten. Tempo 30 rundum mache Sinn, dies sei jedoch in erster Linie eine verkehrsrechtliche Anordnung, argumentierte CDU-Fraktionschef Dr. Thilo Rose und hinterfragte die geplanten Umbauten kritisch. Ulrich Kübler von den Freien Wählern problematisierte die abschreckende Wirkung der Verkehrsberuhigung für motorisierte Stadtbesucher: „Da wird keiner mehr fahren, der nicht unbedingt hingehört“, befürchtet er. „Die Planung vertreibt unsere Kunden“, knüpfte Albert Kahle (FDP/KiBü) an. Der einstige Befürworter eines Einbahnverkehrs um den Alleenring setzte zu einer Generalabrechnung mit der Verwaltung an. „Mauert doch die Stadt vollends ein!“ schimpfte er und sprach von „hausgemachten Problemen“ als Folge entsprechender Gutachterberatung. Nicht nur ihm drängte sich die Überlegung auf, dass eine derart bedeutsame Planung im gesamten Gemeinderat behandelt werden müsse.
Die halbe Million Euro lieber ganz sparen will Siegfried Pöschl (FDP/KiBü): „Warum machen wir das überhaupt?“ fragte er, schließlich funktioniere doch alles. Auch Funktionierendes gelte es weiterzuentwickeln, gab CIK-Vertreter Hans Kiefer zu bedenken und sprach von einer „Riesenchance“. Birgit Müller von der Frauenliste unterstrich ebenfalls die besseren Möglichkeiten für Fußgänger und freute sich darüber, dass der Alleenring insgesamt einen neuen Charakter erhalten werde. Ob die zweifellos vorhandenen Entwicklungsmöglichkeiten die Ausgabe rechtfertigten, davon zeigte sich SPD-Chef Walter Aeugle hingegen nicht gänzlich überzeugt.
Seitens der örtlichen Wirtschaft sind die Bedenken offensichtlich geringer. Bettina Schmauder vom BDS und Karl Bantlin vom City Ring, die als Wirtschaftsfachleute an der Sitzung teilnahmen, sahen bei allem Diskussionsbedarf viele Vorteile der Planung. Unter Naturschutzaspekten sprach Umweltfachmann Schühle von einer klaren Verbesserung gegenüber dem Status quo.
Die Baufachleute in der Verwaltung verwiesen abschließend auf diverse Probleme der jetzigen Verkehrsregelung und unterstrichen die Chancen der Neuplanung beispielsweise für das Wollmarktviertel. Stadtplaner Pohl sprach gar von einem „dörflichen Kleinod“, das hier am Rand der Innenstadt wachsen könne. Bürgermeister Günter Riemer warb um Vertrauen, indem er auf die kontinuierlichen Verbesserungen hinwies. Vor zehn Jahren habe Kirchheim noch das Image einer Ampelstadt mit chaotischer Verkehrsführung gehabt.
Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker erkannte in der Diskussion weiteren Erläuterungsbedarf. Sie schlug vor, die Verwaltung werde die einzelnen Planungsteile nochmals durchleuchten und detailliert darstellen. Im Herbst wird sich dann der gesamte Gemeinderat in neuer Besetzung mit der Ringstraße im Herzen der Stadt befassen.