Kreis Esslingen. Es war die Diskussion über die Diskussion, die der offiziellen Tagesordnung im Kreistag gestern kurzerhand vorangestellt wurde. Im Mittelpunkt stand die mögliche Schließung des Plochinger Krankenhauses, über die der Aufsichtsrat der Kreiskliniken in seiner jüngsten Sitzung beraten hat. Hintergrund ist das hohe Defizit der Häuser und der Versuch, die Krankenhäuser wieder wirtschaftlich zu betreiben.
Nachdem das Thema in sämtlichen Zeitungen des Landkreises ausführlich behandelt worden war und beinahe alle Fraktionen sich in – teilweise umstrittenen – Pressemitteilungen zu Wort gemeldet hatten, hielt es die Kreisverwaltung nun für angebracht, eine Erklärung zur Strukturdebatte abzugeben und den Fraktionen ebenso Gelegenheit dazu zu geben. „Eine offene Diskussion und eine frühzeitige Bürgerinformation muss in unser aller Interesse sein“, sagte Landrat Heinz Eininger. Für eine echte Debatte fehlten allerdings noch viele Grundlagen.
Obwohl keine Entscheidung anstand, lieferten sich die Kreisräte eine lebhafte Diskussion, in der es abseits der Sachargumente maßgeblich um zwei Fragen ging: Wie viel Transparenz und Bürgerinformation tut not, wenn es um so wichtige Fragen wie die Krankenhausversorgung geht? Und in welchem Stil wird die Debatte geführt? Bei der letzten Frage waren sich alle Fraktionen einig, dass die SPD in den letzten Tagen wenig Stilgefühl bewiesen hat. In einer Pressemitteilung hatte die Kreistagsfraktion der Kreisverwaltung und dem Krankenhaus-Geschäftsführer „unverantwortlichen Aktionismus“ vorgeworfen und behauptet, der Aufsichtsrat habe in seiner Mehrheit gegen die Stimmen der SPD-Mitglieder die Empfehlung zur Schließung des Plochinger Kreiskrankenhauses abgegeben.
„Die Strukturdebatte ist kein Tummelplatz für Profilierungsversuche“, sagte Landrat Heinz Eininger. Alfred Bachofer, Mitglied im Aufsichtsrat der Kreiskliniken und Vorsitzender der Freien Wähler, bezeichnete es als Affront gegenüber allen Beteiligten, von einem „sehr oberflächlichen Gutachten unter Verzicht auf eine gründliche Erhebung aller Fakten“ zu schreiben. „Es kommt der Verdacht auf, dass es der SPD-Fraktion bewusst darum geht, den Aufsichtsrat in ‚Good boys‘ (SPD) und ‚Bad Boys‘ (alle anderen) aufzuspalten“, sagte der CDU-Vorsitzende Martin Fritz. „Das Krankenhausstrukturthema sollte nicht mit populistischen Pressemitteilungen behandelt werden“, sagte Andreas Schwarz (Grüne). Ulrich Fehrlen (FDP) warf der SPD-Fraktion vor, auf dem Rücken der Patienten und Beschäftigten politisches Kapital gewinnen zu wollen.
Sonja Spohn (SPD) konnte die „aufgeregten Reaktionen und Verbalattacken“ überhaupt nicht nachvollziehen und bat um etwas mehr Souveränität. „Wir sind doch kein Kaffeekränzchen“, sagte sie. Über ein Thema zu streiten, müsse möglich sein. Den Vorwurf, die SPD habe geheime Informationen preisgegeben, wollte Spohn nicht auf sich sitzen lassen. „Wir haben den Geist nicht aus der Flasche gelassen“, sagte sie und zitierte aus verschiedenen Presseartikeln, die sich teils vor der Aufsichtsratssitzung, teils danach unter Berufung auf verschiedene Quellen mit der möglichen Schließung des Plochinger Krankenhauses beschäftigt hatten. „Was wir in der Pressemitteilung geschrieben haben, war schon lange vorher öffentlich“, sagte Spohn. Deshalb könne man der SPD auch nicht vorwerfen, die Krankenhaus-Mitarbeiter verunsichert zu haben.