Lokales

Zeuge bleibt weg

Urteil zu Brandfall frühestens Ende Januar

Der Prozess am Kirchheimer Amtsgericht zum Tiefgaragenbrand vom September 2011 wird zur „Hängepartie“. Wieder ist ein Zeuge nicht erschienen: Dieses Mal wartete das Gericht vergebens auf den früheren Chef des angeklagten Taxifahrers.

Andreas Volz

Kirchheim. Der Brand hatte sich in der Kirchheimer Osianderstraße ereignet. Ein damals 35 Jahre alter Taxifahrer war nach einer Krankenfahrt in die Tiefgarage gefahren, um einen Fahrgast aussteigen zu lassen – eigentlich eine Routineangelegenheit. Allerdings war das Auto nach Aussage eines Sachverständigen in einem so schlechten Wartungszustand, dass es wegen Überhitzung der Abgasreinigungsanlage in Brand geriet. Nun geht es vor Gericht da­rum, zu klären, inwieweit den Taxifahrer eine Schuld trifft, ob er also fahrlässig mit einem brennenden Auto in die Tiefgarage gefahren war.

Knapp zwei Jahre nach dem Brand hatte der Strafprozess gegen den Taxifahrer begonnen, der sich selbst keiner Schuld bewusst ist. In mehreren Verhandlungsterminen war es seither darum gegangen, an welchen Anzeichen der Fahrer hätte erkennen können, dass etwas nicht in Ordnung war. Gleich am ersten Verhandlungstag vor mehr als drei Monaten hatte beispielsweise ein Zeuge ausgesagt, dass das Taxi eine weiße Rauchfahne hinter sich hergezogen habe, wodurch fast die ganze Osianderstraße mit Qualm gefüllt gewesen sei.

Gestern nun sagte ein anderer Zeuge aus, nichts gesehen zu haben. Beim Rauchen auf dem Balkon habe er zwar ein Taxi wahrgenommen – aber eben keinen Qualm. Später sei Rauch aus der Tiefgarage gequollen. Er habe es jedoch nicht für möglich gehalten, dass das auf ein brennendes Auto zurückzuführen sei. Sehr überrascht sei er von dem plötzlichen Tumult gewesen, den es gegeben habe. Die Feuerwehr habe er erst richtig bemerkt, als sie ihn zum Verlassen der Wohnung aufgefordert hat.

Der zweite Zeuge, der gestern vernommen wurde, war der „Fuhrparkleiter“ des Nürtinger Taxiunternehmens, für das der Angeklagte damals gearbeitet hatte. Eigentlich ist dieser Zeuge Taxifahrer, aber als gelernter Kfz-Mechaniker ist er eben auch für kleinere Reparaturen oder für Termine mit einer Werkstatt zuständig. Den schlechten Wartungszustand des Taxis, das den Brand ausgelöst hatte, konnte er sich „eigentlich nicht“ erklären. Das hätte so nicht sein dürfen.

Immerhin hatte der Sachverständige auf seine eigenen Untersuchungen sowie auf externe Laboranalysen des Motoröls verwiesen: Demzufolge war das Öl „völlig verschlissen“. Nach dem letzten Ölwechsel müssen mindestens noch 100 000 Kilometer gefahren worden sein.

Der Zeuge sprach von einem Problem, das er damals mit gewissen Fahrern gehabt habe. Sie hätten ihm nicht schnell genug gemeldet, wenn es Schwierigkeiten mit einem Fahrzeug gab. Oft seien Probleme nur zufällig erkannt worden, wenn ein anderer Fahrer – oder auch er selbst – aus organisatorischen Gründen einmal ein anderes Taxi fahren musste. Die Ansage des Unternehmens an die Fahrer sei aber ganz klar gewesen: „Wenn was ist, gebt Bescheid.“ – Die normale Service-Anzeige lasse sich zwar einfach am Lenkrad „wegdrücken“, sagte der Zeuge. Bei jedem Neustart würde sie aber wieder aufleuchten. Andere Warnleuchten könne selbst er nicht ausschalten. Das sei nur in einer Werkstatt möglich, die über entsprechende Lesegeräte verfügt.

Letzteres bestätigte der Sachverständige: Nur mit erheblicher krimineller Energie könne ein Computerspezialist möglicherweise – und nur, wenn er über Daten des Herstellers verfügt – die Kontrollleuchten manipulieren. Er wollte nicht ausschließen, dass es irgendwo auf der Welt Menschen gibt, die das können. Aber er hält es für „fast nicht machbar“.

Auf die Befragung des Taxiunternehmers, die noch hätte folgen sollen, wollte der Verteidiger nicht verzichten. Allerdings war der Zeuge nicht erschienen, weshalb die Verhandlung im neuen Jahr fortgesetzt werden muss. Was dann aber nicht erfolgen wird, das ist die Befragung von Werkstattleitern eines Autohauses oder des Herstellers, wie der Verteidiger gefordert hatte. Diesen Beweisantrag lehnte die Richterin ab: Der Angeklagte sei nicht für die Wartung verantwortlich gewesen. Deswegen brau­che in dieser Richtung nicht weiter ermittelt zu werden. Wohl aber habe „ein aufmerksamer Umgang mit eventuell während der Fahrt auftretenden Störungen“ zur Verantwortung des Angeklagten gehört. Und allein darum geht es in diesem Prozess.

Der Appell der Richterin, der Angeklagte möge sich bewusst machen, dass eine „geständige Einlassung“ sich immer noch strafmildernd auswirken könne, fruchtete indessen nicht. Ende Januar böte sich für diese Einlassung die nächste größere Gelegenheit.