Das Haar ist inzwischen grau geworden, und er ist seit einem guten Jahr Opa. Von seiner Energie und Strahlkraft hat Enrico Wackershauser auch mit 62 Jahren wenig eingebüßt. Wenn er erzählt, dann ist der ganze Körper in Bewegung. Dann reihen sich geschliffene Sätze aneinander, fast ohne Atempausen. Vor allem dann, wenn es um sein Lieblingsthema geht: Der Sportler als Mensch und insbesondere der Handballsport. Den hat der Kirchheimer über Jahrzehnte hinweg wie kaum ein anderer verkörpert. Als herausragender Spieler, als Trainer und als Nachwuchsförderer, dessen Expertisen häufig deshalb begierig aufgesogen wurden, weil sie ungewöhnlich waren.
Jetzt soll „Rico“ der neuen Handball-Spielgemeinschaft Owen/Lenningen ein Gesicht geben und dafür sorgen, dass das Herz des Neugeborenen auf Touren kommt. Vor allem dort, wo ein erhöhter Puls am wichtigsten ist: im Nachwuchsbereich. Wackershausers künftige Rolle auf die des Jugendkkoordinators zu reduzieren, griffe allerdings zu kurz. Er ist als Netzwerker gefragt, als Impulsgeber, als einer, der neue Türen öffnet - zu Schulen, Kindergärten, Wirtschaftsbetrieben. Einer, der auslotet, wo Kooperationen möglich und nützlich sind.
Die HSG hat bei ihm angeklopft und offenbar den richtigen Nerv getroffen. „Wenn sich ein Verein neu abbildet“, sagt Wackershauser zu dem, was ihn reizt, „dann kann man Weichen stellen.“ Nachhaltigkeit, Wertevermittlung - das sind eigentlich abgedroschene Mantras, die aus seinem Mund vor allem nach einem klingen: nach ehrlichem Anliegen. Die HSG hat aber nicht nur den Nerv, sondern auch den richtigen Zeitpunkt getroffen. Acht Jahre lang war Wackershauser raus, hat alle Brücken abgebrochen, den Lehrerberuf quittiert, Trainerämter abgegeben und sich ins Innerste zurückgezogen. Er hat sich auf Lebensfragen konzentriert und sich zum Mentaltrainer ausbilden lassen, hat umfangreiche Coaching-Seminare absolviert und sich damit „neue Räume eröffnet“, wie er es nennt. Acht Jahre nach seinem Burn-out brennt seine Leidenschaft für den Handballsport neu.
Während seiner achtjährigen Trainerzeit beim TSV Owen hat Enrico Wackershauser vor knapp zwei Jahrzehnten die SG Teck als Jugendspielgemeinschaft mit dem TSV Weilheim aus der Taufe gehoben und sich klar positioniert. Als lautstarker Verfechter einer Kräftebündelung rund um die Teck - auch im Aktivenbereich. Damals lief er mit seinen Ideen bei den Traditionalisten gegen Wände. In der HSG, wo inzwischen neue, junge Kräfte am Werk sind, könnte er zu Ende führen, was damals an vielerlei Widerständen scheiterte.
Dabei sieht er seine Rolle mitnichten als Trainer, der mehrmals die Woche in der Halle steht. „Es geht um die Optimierung von Prozessen, um ein durchgängiges Konzept von unten nach oben, das das System der ersten Mannschaft stützen soll“, sagt Wackershauser. Und es geht für ihn darum, Entwicklungen in der Jugendarbeit dauerhaft finanziell abzusichern, indem man neben dem Sport auch den gesellschaftlichen Beitrag ins Schaufenster stellt. „Nachwuchsarbeit“, sagt er, „darf nicht allein vom Erfolg einer ersten Mannschaft abhängen.“
Der Erfolg hingegen hängt auch davon ab, ob man mit Spaß bei der Sache ist. Enrico Wackershauser hat den Spaß am Handball wiederentdeckt, dem HSG-Nachwuchs will er ihn vermitteln. In der Lenninger Halle hat er vor Wochen zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder einen Ball in der Hand gehalten. Wie sich das angefühlt habe? „Bekannt,“ sagt Wackershauser.